Wolfsgeheul beim Seelenstriptease
Theaterring Aalen: Badische Landesbühne Bruchsal spielt „Der Steppenwolf“in der Stadthalle
AALEN - Die Badische Landesbühne aus Bruchsal hat ihre neueste Produktion „Der Steppenwolf“auf die Bühne der Aalener Stadthalle gebracht. Die Halle war dabei nahezu bis auf den letzten Platz besetzt.
Für die 68er-Generation und ihre Sympathisanten gehörte Hermann Hesses „Steppenwolf“– neben der Mao-Bibel – quasi zur Pflichtlektüre. Viele aus der damaligen Protestbewegung gegen die etablierte, verkrustete Gesellschaft konnten sich mit dem Steppenwolf-Protagonisten Harry Haller und seiner Verachtung der bürgerlichen Gesellschaft identifizieren. Geschrieben hat Hermann Hesse den Roman freilich schon 1926/27 unter dem Eindruck des Ersten Weltkrieges, den Zweiten Weltkrieg wohl vorausahnend.
Der Landesbühne auf den Leib geschrieben
Wolf E. Rahlfs hat die Story, basierend auf einer Bühnenfassung von Joachim Lux, neu inszeniert und der jungen Truppe der Landesbühne quasi auf den Leib geschrieben. Das siebenköpfige Ensemble mit Markus Hennes als Harry Haller an der Spitze, an seiner Seite Tobias Karn, Nadine Pape, Sina Weiß, Colin Hausberg, Cornelia Heilmann und David Meyer, spielte das Stück mit einem Hauch von jugendlicher Lässigkeit. Dadurch ergaben sich an einigen Stellen zwar durchaus makabre Momente, etwa wenn der Anarchist Gustav (Cornelia Heilmann) mit der Maschinenpistole fröhlich Reaktionäre niedermetzelt und auch Harry Haller zur Pistole greift und gutgelaunt dabei mitmacht.
Andererseits nahm die jugendliche Frische der Akteure dem Stück auch einen Teil seiner psychologischen Schwere und Dramatik. Trotzdem ließen sich einige Längen vor allem im ersten Teil bei den ausgedehnten Monologen und tiefsinnigen Dialogen über den Weltschmerz und den Blick in die eigene Seele nicht ganz vermeiden. Hin – und hergerissen zwischen der Verachtung der bürgerlichen Gesellschaft und dem Wunsch, auch dazu zu gehören, lässt sich der Steppenwolf von Hermine (Nadine Pape) und Maria (Sina Weiß) schließlich doch zum vermeintlichen bürgerlichen Glück verführen. Der flotte Dreier mit der leicht bekleideten Hermine und dem Saxophonisten Pablo (Colin Hausberg) auf dem mutmaßlich harten Bühnenbett, vor 100 Jahren noch ein Skandal, entlockte den jungen Männern im Publikum freilich nur ein müdes Grinsen.
Der Beifall zur Pause war entsprechend kurz. Im zweiten Teil nahm die Inszenierung, dem Roman entsprechend, deutlich Fahrt auf. Die Steigerung hin zu einem skurrilen Surrealismus beim Seelenstriptease, mit dem Auftritt eines vertrottelten Goethe (Cornelia Heilmann), einem Stoffschaf, das auf der Bühne massakriert wird, und drei kichernden, senilen Richtern, die den Steppenwolf zu ewigem Lachen verurteilen, war gelungen und auch kurzweilig. Entsprechend länger fiel der Beifall des Publikums am Schluss aus.