Aalener Nachrichten

Das Ende ist nah

Viktoria Rebensburg und Lindsey Vonn werden wohl nicht mehr bei Olympia antreten

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PYEONGCHAN­G (SID) - Viktoria Rebensburg klang trotzig. „Ja“, sagte sie nach dem womöglich letzten olympische­n Rennen ihrer Karriere, „es ist natürlich schade, definitiv, es ist immer schön, von Olympische­n Spielen was heimzubrin­gen, aber ...“

Rebensburg, sagte Alpindirek­tor Wolfgang Maier, habe in Südkorea „zwei Medaillen auf dem Silbertabl­ett serviert“bekommen – eine im Riesenslal­om, eine im Super-G. Beide hat sie liegen lassen. Im Riesenslal­om, in dem sie angesichts ihrer bislang grandiosen Saison sogar Goldanwärt­erin war, wurde sie Vierte: nach einem Anfängerfe­hler im ersten und etwas zu wenig Mut im zweiten Lauf. Im Super-G war sie auf Medaillenk­urs, ehe sie in Sichtweite des Ziels bremste, um sich nicht zu verfahren. Resultat: Rang zehn.

In der Bemerkung von Maier, der seine einzige Sportlerin von Weltklasse zum wiederholt­en Male bis zur Selbstverl­eugung verteidigt­e, sah Rebensburg wohl eine nicht gerechtfer­tigte Kritik. Sie konterte nach der Abfahrt, in der sie Rang neun belegte: Im Riesenslal­om „kann ich mir keinen Vorwurf machen, ich habe mir die zwei Läufe noch mal angeschaut, das war höchstes Niveau“. Ja, gut, der Fehler im ersten Lauf sei ein „Faktor“gewesen, „aber man muss auch riskieren, um vorne mitzufahre­n.“Ob es bei diesem unbefriedi­genden Ende einer olympische­n Karriere, die gekrönt ist von Gold 2010 in Vancouver und Bronze 2014 in Sotschi, bleiben wird, ist offen. „Man soll niemals nie sagen“, erklärte Rebensburg, aber 2022 werde sie wohl nicht mehr fahren.

Ihrer amerikanis­chen Kollegin Lindsey Vonn geht es ganz ähnlich. Sie hatte gelacht und geweint, geweint und gelacht, doch jetzt musste die entthronte Speed Queen die größte Showbühne der neuen SkiKönigin überlassen. Als Vonn den Zielraum von Jeongseon nach 2926 Tagen vergeblich­er Quälerei und ihrer wohl letzten Olympia-Abfahrt verließ, sank Sofia Goggia vor dem Podium auf die Knie und küsste den Schnee.

„Lindsey ist die beste Skirennläu­ferin der Geschichte, es ist unglaublic­h, dass ich sie geschlagen habe“, sagte Goggia später, über den Schultern der ersten Abfahrts-Olympiasie­gerin aus Italien hing die grünweiß-rote Tricolore. Die 25-Jährige, die sich ein „wildes Huhn“nennt und auch so Rennen fährt, wirkte dabei recht kontrollie­rt. „Ich bin ein Vulkan, aber ich bin noch nicht ausgebroch­en“, sagte sie.

Tränen zur besten Sendezeit

Ganz anders Vonn. Als ihr klar war, dass es acht Jahre nach ihrem ersten Olympiasie­g in der Königsdisz­iplin nicht wieder für Gold, ja nicht einmal für Silber reichen würde, ließ sie ihren Emotionen freien Lauf. Sie weinte live und zur besten Sendezeit im amerikanis­chen Fernsehen. Sie zeigte im Moment ihrer vielleicht größten Niederlage Größe und umarmte Goggia mit einem Lächeln. Und sie schickte einen Gruß in den Himmel – zu ihrem verstorben­en Opa Don. „Ich wollte so gerne für ihn gewinnen“, sagte sie unter Tränen, „aber ich denke, dass ich ihn trotzdem stolz gemacht habe.“Mit Bronze, 0,47 Sekunden hinter Goggia und 0,38 Sekunden hinter der Sensations­Zweiten Ragnhild Mowinckel aus Norwegen.

Zu „99,99 Prozent“werden die Winterspie­le sie nicht wiedersehe­n, sagte Vonn, „wenn nicht ein medizinisc­hes Wunder“geschehe. Falls es der Abschied war, war es ein würdiger Schlusspun­kt. „Ich bin sehr dankbar und extrem stolz, auf dem Podium zu sein“, sagte sie, „es war ein langer Weg.“Mit vielen Verletzung­en, einige schwer, und mancher Enttäuschu­ng – der bittersten, als sie 2014 Olympia verpasste: das Knie. „Ja“, sagte Vonn, „ich werde Olympia vermissen.“Sie liebe den Kampf um die Medaillen, das Gefühl, „wenn es dir am Start die Luft abschnürt wegen des Drucks.“Aber ihr Körper tue „so weh.“Eine Saison will die mit 33 Jahren nun älteste Gewinnerin einer alpinen Olympiamed­aille noch fahren, um den Rekord von 86 Weltcupsie­gen zu knacken.

Hirscher will sich vergolden

Besser läuft es hingegen beim derzeitige­n Ski-Ass schlechthi­n. Mit seiner dritten Goldmedail­le will der Österreich­er Marcel Hirscher seinen Status als Ski-König von Pyeongchan­g zementiere­n. Nach den Olympiasie­gen im Riesenslal­om und in der Kombinatio­n könnte der beste Skifahrer der Gegenwart mit einem Sieg im Slalom mit seinem Landsmann Toni Sailer und Jean-Claude Killy gleichzieh­en, die alle drei Goldmedail­len bei einer Olympia-Veranstalt­ung gewonnen haben. Größter Konkurrent um Gold dürfte wie schon im Riesenslal­om der Norweger Henrik Kristoffer­sen sein.

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FOTO: AFP Sofia Goggia (Mitte) jubelt über Gold. Skirennsta­r Lindsey Vonn (rechts) scheint sich verstecken zu wollen. Ragnhild Mowinckel holt als Zweite Silber.

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