Küchenhersteller Nobilia glänzt beim Export
VERL (dpa) - Der Küchenhersteller Nobilia profitiert bei einem schwierigen Inlandsgeschäft erneut von guten Exportzahlen. Der deutsche Marktführer legte 2017 beim Verkauf seiner Produkte ins Ausland im Vorjahresvergleich um acht Prozent auf 523 Millionen Euro zu. Die Exportquote kletterte um zwei Prozentpunkte auf 46,5 Prozent, wie das Familienunternehmen aus Verl am Freitag weiter mitteilte. Insgesamt wurden mit dem Verkauf von Küchenmöbeln 1,1 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist ein Plus von 3,4 Prozent. „Nachfrageeinbußen aus einem schwachen Inlandsmarkt im ersten Halbjahr konnten von einem guten Exportgeschäft kompensiert werden“, hieß es. Die Zahl der Mitarbeiter stieg um 9,8 Prozent auf 3315. Zum Gewinn macht das Familienunternehmen traditionell keine Angaben. RAVENSBURG - Jeder produziert Daten – andauernd. Ob beim Einschalten des Lichts nach dem Aufstehen, ob beim Ausschalten, beim aus dem Haus gehen. Ob beim Weckerstellen oder beim Autofahren. Kombiniert man diese für sich allein genommenen aussagelosen Fakten, die auf unzähligen Geräten ihre digitalen Spuren hinterlassen, ergeben sich aussagekräftige Informationen: Ob jemand gut aus dem Bett kommt und sich Zeit für ein Frühstück lässt. Im Zeitalter der Digitalisierung sprudelt diese Datenflut jedes Jahr mehr, für die Wirtschaft sind die Daten ein gewinnträchtiger Rohstoff, das neue Öl: Big Data.
„Die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen wird künftig auch davon abhängen, ob verfügbare Daten intelligent vernetzt und ausgewertet werden“, sagt Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU) der „Schwäbischen Zeitung“. Doch noch immer haben sich rund ein Fünftel der Unternehmen in Baden-Württemberg noch nicht mit Big Data befasst, die Hälfte sieht keinen Bedarf dafür, wie aus dem Monitoring-Report Wirtschaft Digital Baden-Württemberg 2017 hervorgeht.
Es scheint, als erkennt ein Großteil der Wirtschaft im Südwesten die Zeichen der Zeit nicht. „Unternehmen sollten sich deshalb dringend und intensiv mit der Frage beschäftigen, wie sie von einer zeitgemäßen Datennutzung konkret profitieren können“, sagt Hoffmeister-Kraut. „Das Thema ist sehr wichtig und muss noch bekannter gemacht werden“, sagt auch Frank Gläss, Chef von Glaess Software, einem oberschwäbischen Familienbetrieb spezialisiert auf Industrieautomation. Doch was ist Big Data überhaupt?
Das ist Big Data:
Eine so große Menge an ungeordneten Daten, dass eine Auswertung nur mit moderner digitaler Technik möglich ist. Die Rohdaten stammen aus vielen Quellen: aus dem Internet, von sozialen Medien, von Kreditkartenabrechnungen, von Überwachungskameras, vom Smartphone, vom Auto, von Maschinen, von Wetterstationen. Laut Prognosen soll die von mobilen und Internetdiensten generierte Datenmenge bis 2020 auf den enormen Umfang von weltweit 44 Zettabyte ansteigen. Ein Zettabyte sind eine Trilliarde Byte. Das entspricht 22 Trillionen ausgedruckter Textseiten. Die sind mit 109,78 Billionen Tonnen etwas schwerer als die Erdkruste unter Berlin (82 Billionen Tonnen).
Das bringt Big Data:
Datenmengen bilden die Grundlage von Informationen. Durch die Kombination von Daten oder durch den einen Kontext ergeben sich Informationen. Durch die digitale Verknüpfung der Datenmengen und zahlreicher Datenquellen, also durch die mathematische Aufbereitung dieser, können Muster erkannt werden – je nach Rechenleistung sogar in Echtzeit. Die Analyse dieser Muster hilft, sich der Antwort einer bestimmten Frage oder der Lösung eines bestehenden Problems zu nähern. Zudem lassen sich Wahrscheinlichkeiten errechnen, mit der Ereignisse eintreten.
Auswertung von Big Data:
In diesen Zusammenhang wird auch der Begriff künstliche Intelligenz (KI) verwendet, die die Daten verarbeitet und Wahrscheinlichkeiten errechnet. In diesem Fall sind das Computerprogramme, die mit mathematischen Gleichungen die Funktionen des menschlichen Gehirns zur Erkennung von Mustern grob nachbilden. Die Verknüpfung von Gleichungen und Algorithmen ist, was die sogenannten neuronalen Netze ausmacht – ähnlich wie die Verknüpfung von Daten Informationen ausmacht. Mit vernetzten lernenden Systemen, machine learning genannt, lassen sich diese neuen Erkenntnisse schnell verbreiten, sodass alle angeschlossenen Stellen direkt davon profitieren, das Erlernte sofort umsetzen und darauf aufbauen können. In so einem digitalen Verbund kommunizierende Maschinen sind ein Beispiel für das Internet der Dinge, Internet of Things (IoT). Von Big Data und KI verspricht man sich schneller Informationen, effizientere Problemlösungen und präzisere Vorhersagen.
Persönliche Daten sind attraktiv:
Aus persönlichen Daten wie Wohnort, Job, Kauf- und Surfverhalten werden Informationen gewonnen. Diese Informationen speisen Persönlichkeitsprofile, aus denen sich Wahrscheinlichkeiten über das Verhalten eines Menschen errechnen lassen und so offenbaren, wen er wählt, woran er glaubt, welche Drogen er nimmt, welche Sportarten er mag, welche sexuellen Neigungen er hat, wie kreditwürdig er ist, an welchen Krankheiten er leidet, was er gerne spielt, welche Wünsche er hat und wann er sterben wird.
Geldmachen mit Big Data:
Personenbezogene Daten eignen sich „sehr flapsig gesagt, um Ihnen das Geld aus der Tasche zu ziehen“, sagt Yvonne Hofstetter, eine der bekanntesten deutschen Big-Data-Expertinnen. Durch Verhaltensprofile, Konsumprofile und Bewegungsprofile lernen Unternehmen ihre Kunden immer besser kennen. Dieses Wissen nutzen sie für sich – auch indem sie es manipulativ einsetzen: durch zielgerichtete Werbung, dem Angebot bestimmter Produkte und der Anpassung des Preises, erklärt Hofstetter. Bei der Nutzung kostenloser Angebote im Internet beispielsweise oder durch Rabattaktionen und Gewinnspiele geben viele Menschen oft freiwillig ihre Daten preis. Diese Daten lassen sich gewinnbringend verkaufen.
Risiken von Big Data:
Für Verhaltensvorhersagen interessieren sich laut Hofstetter nicht nur Unternehmen, sondern auch Behörden. Die Polizei in der US-amerikanischen Stadt Chicago treibe „predictive policing“(vorausschauende Polizeiarbeit) allerdings sehr weit – bis hin zur Einschüchterung. Dank Datenauswertung durch KI könne die Wahrscheinlichkeit errechnet werden, ob ein Krimineller bald ein Verbrechen begehen wird, erklärt Hofstetter. Dann konfrontiere die Polizei denjenigen damit. Für Hofstetter ist diese Art der Manipulation, um jemanden zur Konformität zu bringen, ein höchst bedenklicher Eingriff in die Persönlichkeitsrechte sowie eine Vorverurteilung.
China ist einen Schritt weiter: Dort läuft ein Testprojekt, in dem Bürger von zwölf Modellstädten automatisch bewertet werden. Aus der digitalen Vollüberwachung errechnet eine KI, wer fleißig und gesetzestreu ist und wer faul ist und bei Rot über die Straße geht. Der eine wird durch Vergünstigungen bei der Wohnungs- und Schulauswahl belohnt, der andere kommt auf eine öffentliche schwarze Liste.
Chancen von Big Data:
Am Fraunhofer-Institut für Angewandte Informationstechnik arbeitet Harald Mathis daran, ein häufiges Problem von Pharmazieunternehmen zu lösen. Denn oft sei die Datenbasis für die Forschungs- und Entwicklungsarbeit für neue Medikamente zu gering. Mit besseren Informationen über Patienten und Behandlungserfolgen oder Misserfolgen könnten neue Medikamente schneller und günstiger entwickelt werden.
Ein anderes Beispiel sei die automatisierte Sammlung und Auswertung (Data Mining) von aktuellen Forschungsergebnissen, um Ärzten konkret für Gebiete der Medizin Entscheidungshilfen für die Behandlung von Patienten zu geben.