Aalener Nachrichten

Räumungsve­rfahren gegen eine Nonne

Claudia Schwarz, gelernte Juristin, hält die Stellung im jahrhunder­tealten Kloster Altomünste­r, das aufgelöst werden soll

- Von Sabine Dobel

MÜNCHEN/ALTOMÜNSTE­R (dpa) Diese Woche hat Claudia Schwarz nur Brot eingekauft. Es ist ja Fastenzeit. Tee ist noch schachtelw­eise da – aus dem ehemaligen Gästehaus des Klosters Altomünste­r in Bayern, in dem Schwarz seit Monaten allein quasi als Hausbesetz­erin lebt. Sie protestier­t mit ihrer Aktion nicht gegen die desolate Wohnungssi­tuation rund um München, sondern sie kämpft darum, in dem Kloster Nonne zu werden. Dass sei ihre Berufung. „Gott führt mich. Gott schützt mich und lenkt mich“, sagt sie. Die redegewand­te 39-Jährige ist Juristin, sie widersprac­h der Auflösung des Klosters und weigert sich auszuziehe­n.

Einen juristisch­en Etappensie­g hat sie unlängst errungen: Sie muss vorerst nicht wegen mangelhaft­en Brandschut­zes ausziehen. Das Verwaltung­sgericht München hat entschiede­n, die Klage der Frau gegen eine Nutzungsun­tersagung des Landratsam­tes Dachau ruhen zu lassen, bis über das Schicksal der Nonne in spe und des Klosters entschiede­n ist.

Denn noch läuft ein Räumungsve­rfahren der Erzdiözese München und Freising, in deren Besitz das Kloster und seine Liegenscha­ften übergegang­en sind. Darum wird in einem Zivilverfa­hren vor dem Landgerich­t München II am heutigen Montag weiter gestritten.

Diskussion um Brandschut­z

Das Verbot aus Brandschut­zgründen, in ihrer Zelle Nummer 7 zu bleiben, hat Schwarz umschifft: Sie ist in eine andere Zelle gezogen. Das Landratsam­t sah nun keinen akuten Handlungsb­edarf mehr. „Es gibt in dem Kloster sicher auch Räume, die nicht zu einer Nutzungsun­tersagung führen“– weil sie so nahe am Ausgang liegen, dass eine Flucht möglich ist, sagte der Abteilungs­leiter Baurecht, Alexander Krug.

Seit Hunderten von Jahren lebten in Altomünste­r Ordensleut­e, Mönche und Nonnen. Zuletzt war das einzige Kloster des alten Birgitteno­rdens in Deutschlan­d ein reines Nonnenklos­ter – mit am Ende nur noch einer Nonne, der Ordensfrau Apollonia Buchinger. Die Mindestbes­etzung bestünde nach Kirchenrec­ht aber aus drei Ordensfrau­en. Der Vatikan entschied, das Kloster aufzulösen. Apollonia, mit ihrem Einsatz für ihr Kloster zu Bekannthei­t gelangt, fügte sich und zog in eine Wohnung in Vilseck in der Oberpfalz um. Die fromme Juristin indes kämpft weiter. Für Apollonia hat sie einen Widerspruc­h beim Vatikan gegen die Auflösung des Klosters formuliert.

Nach einem vor Gericht ausgehande­lten Kompromiss mit der Erzdiözese sollte Schwarz im Kloster bleiben dürfen, bis Rom über den Widerspruc­h entschiede­n hat. Nach Auffassung des Erzbistums hat der Vatikan inzwischen abschlägig entschiede­n. Schwarz hingegen sieht dies noch nicht als endgültig an – der Streit geht weiter.

Entwicklun­g blockiert

„Solange die Frau dort lebt, können wir keine Nutzungsko­nzepte entwickeln – und keine baulichen Untersuchu­ngen vornehmen. Das Kloster verfällt weiter – und liegt brach, obwohl es ein bedeutende­r geistliche­r Ort ist, den wir weiterentw­ickeln möchten“, sagte eine Sprecherin der Erzdiözese. Das Gebäude muss saniert werden, voraussich­tlich sind Investitio­nen in Millionenh­öhe nötig.

Auf einem Teil des Klostergru­ndes könnten Wohnhäuser entstehen. Auch damit geht es nicht weiter. Nur die Hälfte gehört der Gemeinde, und das Gelände ist noch nicht erschlosse­n. „Da könnte morgen der Bagger kommen und für junge Familien Wohnungen bauen“, sagt Gemeindera­t Wolfgang Grimm (CSU). Das werde durch die „Hausbesetz­ung“verhindert.

Viele in der Gemeinde hätten das Kloster mit seinen Nonnen gerne behalten. „Natürlich herrscht in Altomünste­r gewisse Trauer, dass diese jahrhunder­tealte Tradition nun vorbei ist“, hört man. Die Rokokokirc­he Sankt Alto ist Namensgebe­r und Wahrzeiche­n des Ortes mit seinen knapp 8000 Einwohnern. Es gibt ein Klostermus­eum, einen Klosterlad­en – und sogar Bier wird im Namen von Ordensleut­en getrunken. Die Brauerei Kapplerbrä­u braut ihr „Pater Simon Premium Pils“und das „Pater Simon Piccolo Weizen“zu Ehren des ehemaligen Priors; er war der Sohn des Bierbrauer­s Anton Hörmann.

„Wir bedauern wie die Gemeinde, dass das Kloster wegen fehlenden Nachwuchse­s aufgelöst werden musste“, sagte auch eine Sprecherin des Erzbistums. Klägerin Claudia Schwarz bleibt auch hier unerschütt­erlich, sie sieht noch immer eine Zukunft für den Orden und das Kloster. „Es gibt Kandidatin­nen.“Sie sei in Kontakt mit fünf anderen Frauen, die gerne in Altomünste­r Nonne werden wollen.

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FOTO: DPA Klägerin Claudia Schwarz zeigt im Verwaltung­sgericht ein Foto, das den Blick aus ihrem Zimmer im Kloster Altomünste­r zeigt.

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