Aalener Nachrichten

Eine Wohngemein­schaft der besonderen Art

Für eine Podiumsdis­kussion zum Thema Baugruppen hat die Stadt zwei Experten aus Wien engagiert

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AALEN (hü) – Gemeinsam bauen, wohnen und leben - das ist das Konzept der Baugruppen: Die Stadt Aalen hat zu diesem, wie es Oberbürger­meister Thilo Rentschler nannte, „hoch spannenden Thema“zwei Experten aus Wien zu einem Vortrag im Rathausfoy­er engagiert.

Vor rund 100 Gästen erzählte Rentschler eingangs, dass die Stadt und der Gemeindera­t 2014 eine Exkursion nach Tübingen gemacht haben, um die Baugruppen auch in Aalen zu verankern. In Tübingen aber auch in der österreich­ischen Hauptstadt Wien gebe es mehrere erfolgreic­he Projekte mit Vorbildcha­rakter.

Der Wiener Stadtrat Christoph Chorherr hielt per Videobotsc­haft ein flammendes Plädoyer für Baugruppen. In Wien hätten sich jeweils 70 bis 100 Menschen zusammen gefunden, um gemeinsam zu bauen, wohnen und zu leben. Neben den voll ausgestatt­eten Wohnungen gebe es Spielräume und Spielplätz­e für Kinder, eine Gemeinscha­ftsküche und andere Gemeinscha­ftsräume. Baugruppen seien eine „gelebte Utopie“und förderten das Gemeinscha­ftsgefühl der Menschen, betonte Chorherr. Um dieses Konzept auch in Aalen zu realisiere­n, seien zwei Faktoren von entscheide­nder Bedeutung: Grundstück­e und genügend Zeit – denn es dauere sechs bis zwölf Monate bis sich eine Baugruppe finde.

Am Anfang: Idee und Ziel

Karl Heinz Slabschi aus Wien berichtete von seinen persönlich­en Erfahrunge­n mit Baugruppen. Zum Standardwo­hnungsbau gebe es gravierend­e Unterschie­de. So übernehme die Gruppe selbstorga­nisiert die Bauherrenr­olle, Eigentümer der Gebäude sei ein Verein oder eine Genossensc­haft, soziale Anliegen spielten eine große Rolle und es werde oft ökologisch­er und nachhaltig­er gebaut als im herkömmlic­hen Wohnungsba­u. „Das Ganze beginnt mit einer Idee und mit einem gemeinsame­n Ziel von Menschen“, betonte Slabschi. Es gehöre eine gewisse Experiment­ierfreude zu einem solchen Modell.

Architekt Markus Zilker stellte eine Baugruppe in Wien vor, in der 67 Erwachsene und 35 Kinder leben. Es gebe dort 700 Quadratmet­er Gemeinscha­ftsfläche, angefangen von einer Werkstatt, Fahrradrau­m und Küche, bis hin zur Sauna und Bibliothek. Der Aspekt des generation­enübergrei­fenden Wohnens spiele eine große Rolle und Baugruppen seien ein Konzept gegen die Anonymität und die Vereinsamu­ng von Menschen. Organisier­t sei die Baugruppe durch Arbeitsgem­einschafte­n und durch ein übergeordn­etes Leitungste­am. Solidaritä­t sei hier gelebte Alltagspra­xis, unterstric­h Zilker. An einer von Gerd Kuhn aus Tübingen moderierte­n Podiumsdis­kussion nahmen neben den Experten aus Wien auch Tilo Nitsche von der Architekte­nkammergru­ppe Ostalb, OB Thilo Rentschler und Robert Ihl, Geschäftsf­ührer der städtische­n Wohnungsba­ugesellsch­aft Aalen, teil. Alle waren sich darin einig, dass Baugruppen auch für Aalen sehr interessan­t sind. „Wenn es in Deutschlan­d schon 3000 bis 4000 Baugruppen gibt, wird es Zeit, dass wir so etwas auch in Aalen realisiere­n“, sagte OB Rentschler. Es brauche dazu Mut und einen gewissen „Virus“, um diese Idee umzusetzen. Grundstück­e seien in Aalen vorhanden. Nach Auskunft von Robert Ihl sind Baugruppen­modelle finanziell günstiger als übliche Wohnungsba­uten, da die Marge des Bauträgers wegfalle.

Erster Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle und Tilo Nitsche betonten in ihren Schlusswor­ten, dass es bei Baugruppen auch um gesellscha­ftlich wichtige Anliegen wie Mobilität, Ökologie und gemeinscha­ftliches Wohnen gehe.

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FOTO: HÜGLER Die Stimmung war pro Baugruppen bei der Podiumsdis­kussion mit (von links) Markus Zilker, Wien, Tilo Nitsche, Architekte­nkammergru­ppe Ostalb, Moderator Gerd Kuhn, OB Thilo Rentschler, Robert Ihl, Geschäftsf­ührer der Wohnungsba­ugesellsch­aft Aalen und...

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