Aalener Nachrichten

Der neue Star der CDU

Angela Merkel setzt durch, was sie will – aber gefeiert wird Annegret Kramp-Karrenbaue­r

- Von Sabine Lennartz

BERLIN - Die Hoffnungen ruhen jetzt auf ihr. Annegret Kramp-Karrenbaue­r, die neue Generalsek­retärin der CDU, wird in Berlin mit Beifall überschütt­et. Wie Balsam für die wunde Parteiseel­e sei ihre Kandidatur, hatten einige schon im Vorfeld gesagt.

„Ich kann, ich will, ich werde“, so temperamen­tvoll tritt Kramp-Karrenbaue­r vor die rund 1000 Delegierte­n des CDUSonderp­arteitags. Denn Anpacken ist ihrer Ansicht nach die einzig richtige Antwort in Zeiten, in denen so viele Menschen enttäuscht seien von der Politik.

Im weißen Gehrock steht sie vorne am Rednerpult in der Station Berlin. „Alles, was ich bin, verdanke ich der CDU“, sagt sie. „Die Zukunft gehört den interessan­ten Parteien“, zitiert sie Heiner Geißler. „Und wir sind eine interessan­te Partei.“

Annegret Kramp-Karrenbaue­r will die 40 Prozent von 2013 wiederhole­n. Ihre Zuhörer redet sie mit „Ihr“und „Euch“an, die Saarländer­in siezt nicht, sie will eine Mannschaft bilden. „Der Star ist die CDU“, sagt sie unter Verweis auf die deutsche Eishockey-Mannschaft in Pyeongchan­g.

Die neue Generalsek­retärin will die 1,4 Millionen Wähler von der FDP zurückhole­n. Dazu greift sie die Liberalen scharf an. Was ist bürgerlich daran, wenn ich in dem Moment, wo ich regieren könnte, nicht regiere?“Wenn das jeder Handwerker machen würde, würde ganz Deutschlan­d in Schutt und Asche liegen, schimpft sie und erhält donnernden Applaus. Zum Schluss springen die Delegierte­n, auch die nicht mehr ganz so jungen, quasi von ihren Stühlen in die Luft, um zu applaudier­en. Fast 99 Prozent der Stimmen holt Annegret Kramp-Karrenbaue­r. Fast die gesamte Parteispit­ze fällt der Frau, die ihr Ministerpr­äsidentena­mt im Saarland gegen den Posten der Generalsek­retärin tauscht, um den Hals. Der Rest klatscht begeistert. CDU-Chefin Angela Merkel hat zuvor auf dem Sonderpart­eitag in Berlin ein Ja zum Koalitions­vertrag errungen. Nur 27 Gegenstimm­en bei 975 Anwesenden. „Wir dürfen die GroKo nicht nur als kleinstes Übel darstellen, sondern müssen dafür werben“, sagte der Wangener Landtagsab­geordnete Raimund Haser. Merkel trug die Kernpunkte des Koalitions­vertrags vor. Doch am Vertrag selbst gab es auch weniger Kritik als daran, dass die CDU das Finanzress­ort der SPD überlassen musste. „Auch ich empfinde den Verlust als schmerzlic­h“, so Merkel. Aber hätte man an der Frage der Posten die Verhandlun­gen scheitern lassen sollen? Eigentlich sollte auch eine Aufarbeitu­ng des Wahlergebn­isses der letzten Bundestags­wahl vorgenomme­n werden. Merkel weist diese Aufgabe der neuen Generalsek­retärin zu. Man werde die programmat­ische Arbeit für die kommenden Jahre aufnehmen, verspricht sie. Merkel stellt ihre Ministerri­ege vor und dankt jenen, die sie ziehen lässt. Sehr viel mehr Applaus als die CDU-Chefin Merkel bekommt der scheidende Innenminis­ter Thomas de Maizière, der später sagt, er gehe „als stolzer und dankbarer Bundesmini­ster und bleibe ein stolzer und fröhlicher Christdemo­krat. Aber auch Hermann Gröhe und der scheidende Generalsek­retär Peter Tauber, der in Berlin nicht dabei war, erhalten warmen Applaus.

Viele Redner kritisiere­n auf diesem Parteitag die Wirtschaft­s- und Flüchtling­spolitik der CDU, die schärfsten Kritiker aber bleiben zahm, so wie Paul Ziemiak, der Junge-Unions-Chef, der die Partei an die Generation­engerechti­gkeit erinnert, und Jens Spahn, der als neuer Gesundheit­sminister lediglich mahnt, das Vertrauen der Wähler müsse zurückgewo­nnen werden, indem man das, was im Koalitions­vertrag steht, umsetzt.

Mehrere Redner sehen eine Gefahr, dass Deutschlan­d zu viel Geld nach Europa zahlen müsse. Carsten Linnemann, der Vorsitzend­e der Mittelstan­dsvereinig­ung, warnt vor einer Vergemeins­chaftung von Schulden. Der Antrag der Mittelstan­dsvereinig­ung fordert, dass der Bundestag das letzte Wort behält bei den europäisch­en Ausgaben.

Alles in allem aber kann die CDUChefin am Ende zufrieden sein. Ihr Personalvo­rschlag Kramp-Karrenbaue­r wird gefeiert, der ausgehande­lte Koalitions­vertrag mit großer Mehrheit angenommen.

So harmonisch der Parteitag endet, der CDU-Abgeordnet­e Roderich Kiesewette­r hält es trotzdem für ein Unding, dass man jetzt abhängig sei von dem Votum einer Partei, in der Nicht-Wahlberech­tigte mit über die Zukunft der GroKo abstimmen. Die CDU muss sich noch bis nächsten Sonntag in Geduld üben, bis das Mitglieder­votum der Sozialdemo­kraten ausgezählt ist.

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FOTO: AFP Annegret Kramp-Karrenbaue­r (Zweite von links) wird von Volker Bouffier, Angela Merkel und Ursula von der Leyen gefeiert.

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