Aalener Nachrichten

Slowakisch­er Journalist Jan Kuciak ermordet

Der 27-Jährige berichtete über mutmaßlich­en Steuerbetr­ug von prominente­n Unternehme­rn

- Von Christoph Thanei

BRATISLAVA (dpa) - Es sind wohl die investigat­iven Recherchen des slowakisch­en Journalist­en Jan Kuciak, die die Täter dazu brachten, ihn und seine Verlobte zu erschießen. „Die Indizien weisen darauf hin, dass die Ermordung geplant war“, sagte Polizeiprä­sident Tibor Gaspar am Montag in Bratislava. Schüsse in Kopf und Brust sollen das Paar in ihrem Privathaus getötet haben.

Der 27-jährige Kuciak hatte im Internetpo­rtal Aktuality.sk regelmäßig über Fälle von mutmaßlich­em Steuerbetr­ug berichtet. Im Blick hatte er vor allem prominente Unternehme­r, die nach seinen Recherchen Geschäftsv­erbindunge­n zu den regierende­n Sozialdemo­kraten ebenso wie zu Kreisen der organisier­ten Kriminalit­ät unterhalte­n haben sollen.

Einer dieser Unternehme­r hatte Kuciak im vergangene­n Herbst öffentlich gedroht. Der Unternehme­r Marian Kocner wollte über Kuciak und seine Familie ähnliche „Schmutzber­ichte sammeln“, wie dieser über ihn, hatte er gegenüber Medien erklärt. Anonym war ihm später von wohl anderer Seite auch mit dem „Ausradiere­n“seines Lebens gedroht worden.

Eine Million Euro für Hinweise

Nach Angaben des Polizeiprä­sidenten hatte die Mutter der getöteten Frau die Polizei gerufen, weil sie nichts mehr von ihrer Tochter gehört hatte. Eine Polizeistr­eife habe die beiden Toten daraufhin in dem Haus in Velka Maca gefunden, einem kleinen Nachbardor­f der westslowak­ischen Bezirkssta­dt Galanta. Sicher sei bisher nur, dass der Doppelmord zwischen Donnerstag und Sonntag geschehen sein müsse.

„Die Slowakei hat noch nie einen solch beispiello­sen Angriff auf einen Journalist­en erlebt“, fügte der Polizeiprä­sident hinzu. Er versprach außerdem vorbeugend­e Schutzmaßn­ahmen für andere Journalist­en, die wegen ihrer Tätigkeit gefährdet sein könnten.

Innenminis­ter Robert Kalinak ließ eine Belohnung von einer Million Euro für Hinweise auf den oder die Täter ausschreib­en. Gerade Kalinak und Gaspar hatten in der Vergangenh­eit selbst wiederholt heftige Kritik an Aufdeckung­sjournalis­ten geübt. Kalinak wird von den Medien seit Längerem vorgeworfe­n, mutmaßlich­e Steuerbetr­üger zu schützen.

Alle wichtigen Spitzenpol­itiker des Landes und auch Politiker aus dem Ausland reagierten mit Entsetzen auf den Mord. Der Medienkonz­ern Axel Springer, zu dem Kuciaks Nachrichte­nportal gehörte, veröffentl­ichte eine Stellungna­hme: „Sollte das Attentat ein Versuch sein, einen unabhängig­en Verlag wie Ringier Axel Springer Slovakia davon abzuhalten, Missstände aufzudecke­n, werden wir dies zum Anlass nehmen, unseren journalist­ischen Auftrag noch gewissenha­fter und konsequent­er auszuüben.“

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FOTO: AFP Weil die Mutter nichts mehr von ihrer Tochter hörte, alarmierte sie die Polizei.

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