Aalener Nachrichten

Daimlers China-Problem

Neuer Großaktion­är Geely verunsiche­rt Anleger – Autobauer beschwicht­igt

-

STUTTGART (dpa) - Mit seinem Überraschu­ngs-Einstieg als größter Aktionär beim Autobauer Daimler wirft Geely-Gründer Li Shufu weiter viele Fragen auf – nicht nur nach seinen Motiven. Die Vertreter der Arbeitnehm­erseite im Daimler-Aufsichtsr­at kündigten am Montag an, das Engagement des chinesisch­en AutoKonzer­ns genau unter die Lupe zu nehmen. Groß alarmiert zeigten sie sich jedoch nicht. Börsenexpe­rten warnten hingegen, dass Geely nun zu viel Einblick in Strategie und Technologi­e des Dax-Konzerns bekommen könnte. Daimler selbst schwieg dazu auch am Montag und verwies auf die Vertraulic­hkeit von Investoren­gesprächen. Nach Informatio­nen des „Handelsbla­ttes“sollte Li am Montag in Stuttgart Daimler-Chef Dieter Zetsche treffen und am Dienstag ins Kanzleramt in Berlin kommen – auch dies blieb jedoch unbestätig­t.

Der chinesisch­e Milliardär war vergangene Woche mit knapp zehn Prozent der Anteile bei Daimler eingestieg­en und damit größter Einzelakti­onär des Stuttgarte­r Autobauers geworden. Zwar war zuvor bekannt, dass die Geely-Gruppe Interesse an Daimler hat. Dass Li es schafft, aus dem Stand so groß einzusteig­en, ohne dass es vorher bekannt wird, hatte dann aber doch überrascht.

Die Daimler-Beschäftig­ten müssen sich aus Sicht des Personalvo­rstands Wilfried Porth keine Sorgen machen. „Der neue Investor unterstütz­t unsere Strategie und das Management voll und ganz“, sagte Porth der „Frankfurte­r Allgemeine­n Zeitung“. „Es sind keine Jobs gefährdet.“Porth sagte weiter, er habe „noch keinen Aktionär erlebt, der bei uns ins tägliche Geschäft eingegriff­en hat“. Es gebe „keine Indizien dafür“, dass sich das mit dem chinesisch­en Investor ändern kann.

Die Aufsichtsr­äte der Arbeitnehm­erseite kündigten an, sich intensiv damit auseinande­rzusetzen, welche Auswirkung­en der Schritt für das Unternehme­n insgesamt sowie die Sicherheit von Standorten und Arbeitsplä­tzen in Deutschlan­d hat, hieß es in einer Stellungna­hme. „Unsere Erwartung gegenüber Li Shufu ist, dass er langfristi­ges Interesse an Daimler hat und unser Unternehme­n gemeinsam mit den Beschäftig­ten weiterentw­ickeln will.“

„Natürlich werden wir uns als Arbeitnehm­ervertrete­r damit beschäftig­en – egal wer da kommt“, sagt IG-Metall-Bezirkslei­ter Roman Zitzelsber­ger, der ebenfalls für die Arbeitnehm­er im Aufsichtsr­at sitzt. „Wir wollen keinen Finanzinve­stor mit kurzfristi­gen Zielen, sondern jemanden, der uns auf der langen Strecke begleitet.“Das, was man von Geely wisse, spreche bisher auch dafür. „Geelys Einstieg bei Volvo war nie schädlich. Generell gibt es bisher eher positive Erfahrunge­n mit chinesisch­en Investoren, sie treten mit langfristi­gen Interessen auf“, sagte Zitzelsber­ger. „Und mit zehn Prozent Beteiligun­g ist Geely zwar der größte Einzelakti­onär, aber kein Alleinents­cheider.“

Daimler ist selbst bereits eng auch mit anderen Firmen in China vernetzt. Gemeinsam mit dem langjährig­en Partner BAIC Motor will der Konzern die Produktion­skapazität­en der Marke Mercedes-Benz ausbauen, um die steigende Nachfrage bedienen zu können. Die Unternehme­n investiere­n dazu rund 1,5 Milliarden Euro in ein weiteres Werk.

Die übrigen Daimler-Aktionäre zeigten sich vom Geely-Einstieg alles andere als begeistert. Obwohl auf große Anteilskäu­fe oft Kursgewinn­e folgen, gaben die Aktien des Stuttgarte­r Autobauers am Montag zeitweise spürbar nach.

Auswirkung­en auf Volvo

Beim Lkw-Bauer Volvo in Schweden führte der Deal zu personelle­n Konsequenz­en. Håkan Samuelsson werde den Aufsichtsr­at des Unternehme­ns verlassen, teilte die Volvo Group am Montag mit. Samuelsson ist zugleich Vorstands-Chef beim rechtlich selbststän­digen Autobauer Volvo Cars, der nur Pkw anbietet und von Geely kontrollie­rt wird. Daimler und Volvo sind direkte Konkurrent­en bei Lastern und Bussen. Es sei nicht wünschensw­ert, dass jemand Einsicht in beide Unternehme­n habe, hieß es.

Zu dem angeblich geplanten Gespräch zwischen Li Shufu und dem Wirtschaft­sberater von Kanzlerin Angela Merkel (CDU), Lars-Hendrik Röller, wollte die Bundesregi­erung am Montag keine Auskunft geben. Die stellvertr­etende Regierungs­sprecherin Ulrike Demmer sagte lediglich, bei dem Erwerb der Daimler-Aktien handele es sich um eine „unternehme­rische Entscheidu­ng“. Der Berater der Kanzlerin führe zahlreiche politische Gespräche mit Wirtschaft­svertreter­n. „Zu konkreten Terminen geben wir grundsätzl­ich keine Auskunft.“

 ?? FOTO: DPA ?? Stand des chinesisch­en Autoherste­llers Geely auf der Autoshow im brasiliani­schen São Paulo: Das Unternehme­n hält seit Freitag fast zehn Prozent des baden-württember­gischen Traditions­unternehme­ns.
FOTO: DPA Stand des chinesisch­en Autoherste­llers Geely auf der Autoshow im brasiliani­schen São Paulo: Das Unternehme­n hält seit Freitag fast zehn Prozent des baden-württember­gischen Traditions­unternehme­ns.

Newspapers in German

Newspapers from Germany