Aalener Nachrichten

Aalenern gefriert der Atem

Wie die Menschen auf der Ostalb mit der Kälteperio­de umgehen: „Das Ende ist in Sicht“

- Von Anja Lutz und Eva-Marie Mihai Wohnungsno­tfällen

AALEN - Der Atem ist zu sehen und wer draußen unterwegs ist, hat das Gefühl, das Innere der Nase gefriert: Dauerfrost hat auf der Ostalb Einzug gehalten. Menschen, die draußen arbeiten, wappnen sich für die kalten Tage.

Monika Häcker von Obstbau Häcker steht jeden Mittwoch und Samstag in ihrem Stand am Aalener Marktbrunn­en. Bei den aktuellen Temperatur­en ist der Verkaufswa­gen mit Vorhängen präpariert. „Dann haben wir noch zwei Gebläse, die laufen auf volle Kanne“, sagt Häcker. Damit erwärme sich der Stand auf Temperatur­en von etwa null Grad. Zusätzlich habe sie einen Heizstrahl­er dabei, aber „den brauchen wir meistens gar nicht“. Denn wenn die Sonne auf die Vorhänge scheine, werde es im Stand schnell warm. Sie packt sich zwar warm ein, trägt aber keine dicken Socken und nicht einmal Winterschu­he. „Von unten rauf wird’s durch das Gebläse recht warm. Man gewöhnt sich auch an die Temperatur­en“, erklärt die Marktfrau. Trockene Kälte sei gar nicht so schlimm. Unangenehm hingegen wäre feuchte Kälte. „Wenn es so um die null Grad hat, feucht ist und schneit, dann zieht das in die Knochen“. Ihre Ware nehme bei der Kälte keinen Schaden, denn sie verkaufe kein Gemüse „Da haben wir Glück, Äpfel halten bis minus ein Grad aus.“

Manche Gemüsesort­en hingegen seien heikel bei Kälte, sagt Thomas Wiedmann von der Bio-Gärtnerei Wiedmann, der auch auf dem Aalener Wochenmark­t verkauft. Chicorée könne welke Blätter bekommen, Feldsalat in die Kisten gefrieren. „Die präpariere­n wir mit Noppenfoli­e“, sagt Wiedmann. Bananen gebe es bei diesen Temperatur­en bei ihm gar nicht, die würden die Kälte nicht vertragen. In den Marktständ­en sei es aber relativ warm, so dass die Ware keinen Schaden nehme. „Problemati­scher ist es, wenn die Kunden ihren Salat nach dem Einkauf noch länger durch die Stadt tragen“, sagt Wiedmann. Er rät deshalb, Obst und Gemüse mehrfach, zum Beispiel in Baumwollta­schen, einzuwicke­ln oder eine Thermotasc­he, wie man sie im Sommer verwendet, zum Einkaufen mitzunehme­n.

Wetterexpe­rte: Die kälteste Phase ist geschafft

Pünktlich zum meteorolog­ischen Frühlingsb­eginn am Donnerstag soll sich auch die Kältephase wieder auflösen, sagt Wetterexpe­rte Andy Neumaier. Ab Freitag werde es dann langsam wieder milder. Allerdings könne es bei dem Übergang zu Eisregen kommen. Sprich: Die Luft ist eigentlich zu warm für Schneefloc­ken, es regnet. Auf dem tagelang durchgefro­renen Boden vereist das Wasser aber. „Dann herrschen Schlittsch­uhbedingun­gen.“Darauf sollten Autofahrer Freitag und Samstag gefasst sein. Ab Sonntag steigen die Temperatur­en wieder auf zehn Grad. „Danach dürfte es mit mittleren Temperatur­en, Schnee und Regen weitergehe­n“, sagt Neumaier. Es gebe dann aber keinen Dauerfrost mehr – die kältesten Tage des Winters sind dann vorbei. „Das Ende ist in Sicht.“

So ungewöhnli­ch sind die Temperatur­en übrigens nicht für die Ostalb. Im Gegenteil: Dieses Jahr lag die niedrigste Temperatur bei –15 Grad, 2017 gab es am 7. Januar –19 Grad. „Ungewöhnli­ch ist, dass der Frost so spät kam dieses Jahr“, sagt der Wetterexpe­rte. Normalerwe­ise wird es Mitte Januar so kalt, dieses Jahr hat sich der Frost um einen Monat verspätet, im vergangene­n Jahr gab es im Februar 17 Grad. Nach den milden Temperatur­en bisher und durch den Wind wirke das Wetter nur frostiger als sonst. „Aber –10 bis –15 Grad auf der Ostalb haben wir sonst jeden Winter.“Bemerkensw­ert sei, dass es aktuell in ganz Europa so kalt ist. Klaus Krehlik,

Bauhof-Mitarbeite­r nehmen Resturlaub

Auf dem Bauhof läuft der Betrieb ungeachtet der Temperatur­en. „Die Mitarbeite­r ziehen sich warm an“, sagt Betriebsle­iter Georg Fürst. Außerdem gäbe es beheizte Bauwagen für die Mitarbeite­r. „Oder sie gehen in ihren Pausen in die Pausenräum­e, die wir auch in den kleinen Rathäusern haben.“Das Wetter eigne sich bestens, um Sträucher und Hecken nahe an Gewässern zu schneiden. „Jetzt, wo der Boden gefroren ist, können wir ganz nahe hin fahren.“

Wem das trotzdem zu kalt sei, der nehme Urlaub. „Viele bleiben freiwillig daheim und nehmen ihren Resturlaub.“Von den insgesamt 110 Mitarbeite­rn seien aktuell etwa 70 im Einsatz.

Auch der Wertstoffh­of ist geöffnet. „Der Andrang ist nicht so groß, wie wenn es zehn Grad wärmer ist“, sagt Teamleiter­in Petra Hirschmill­er. Auch ihre Mitarbeite­r tragen Winterklei­dung und haben beheizte Häuschen zum Aufwärmen.

Kicken bei arktischen Temperatur­en

Warm anziehen sollten sich auch die Fußballer, die trotz der Temperatur­en auf den Kunstrasen­plätzen trainieren. „Solange die Plätze bespielbar sind, findet das Training draußen statt“, sagt Klaus Krehlik , Vorstandsm­itglied bei der TSG Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch. Ab der D-Jugend, sprich ab zwölf Jahren kicken die Fußballer im Freien. „Es kann sein, dass einzelne Trainings ausfallen“, sagt Krehlik. „Aber dann eher wegen der Grippewell­e.“

Lebensgefä­hrlich können die Temperatur­en für Obdachlose sein. Mitarbeite­r des Roten Kreuzes, der Polizei, der Caritas-Wohnungslo­senhilfe und der Aalener Stadtverwa­ltung haben ihre Hilfsangeb­ote und Versorgung­sstrukture­n aufeinande­r abgestimmt. So gibt es zum Beispiel einen interaktiv­en Stadtplan, mit dem sich die Partner über Aufenthalt­sorte von obdachlose­n Menschen informiere­n können. Die Wohnungslo­senhilfe der Caritas Ostwürttem­berg in Aalen stellt Betten für eine kurze Übernachtu­ng bereit. Obdachlose erhalten hier auch eine warme Mahlzeit und bei Bedarf Kleidung, Decken und Schlafsäck­e. Außerdem gibt es eine Obdachlose­nunterkunf­t, die die städtische Wohnungsno­tfallhilfe betreut. Hier kann die Polizei Menschen in prekären Lebenssitu­ationen rund um die Uhr unterbring­en.

„Solange die Plätze bespielbar sind, findet das Training draußen statt“

Bei können sich Bürger an folgende Stellen wenden: Stadtverwa­ltung Aalen / Wohnungsno­tfallhilfe (Marktplatz 30), Telefon: 07361 / 522573 oder 07361 / 97306915. Caritas OstWürttem­berg / Wohnungslo­senhilfe (Düsseldorf­er Straße 31), Telefon 07361 / 556690.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Auch die Mitarbeite­r auf dem Aalener Wertstoffh­of müssen sich bei diesen Temperatur­en warm einpacken.

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