Aalener Nachrichten

Alle Hinderniss­e aus dem Weg räumen

Studenten der Hochschule erarbeiten Konzept für Barrierefr­eiheit

- Von Anja Lutz

AALEN - „Das ist aber ganz schön steil!“, stellen Max Becker, Tanita Paoin und Jonas Wall fest, als sie mit einem Rollstuhl verschiede­ne Rampen in der Hochschule befahren. Im Rahmen ihres Studienpro­jektes haben sie getestet, wie barrierefr­ei die Aalener Hochschule ist und wo Verbesseru­ngspotenzi­al herrscht.

Am Anfang ihrer Arbeit wird ihnen bewusst: Barrierefr­ei bedeutet nicht nur, dass Rollstuhlf­ahrer keine Hürden überwinden müssen. Auch Menschen mit Seh- oder Hörbehinde­rung oder Autisten begegnen im Alltag verschiede­nen Problemste­llen, an denen man arbeiten muss.

„Zunächst haben wir analysiert, was es an der Hochschule schon gibt“, sagt Tanita Paoin. Und das sei im Vergleich zu vor ein paar Jahren schon einiges, sagt Kerstin Abele von der Agenda-Gruppe barrierefr­ei, die auf den Rollstuhl angewiesen ist. Sie hat schon vor acht Jahren Begehungen zum Thema an der Hochschule begleitet.

Hilfreiche­r Spiegel im Aufzug

So gibt es zum Beispiel mehrere Behinderte­ntoiletten und einen Personenau­fzug. Dieser ist mit einer akustische­n Ansage ausgestatt­et, was sehbehinde­rten Menschen die Benutzung erleichter­t. „Auch der Spiegel im Inneren des Aufzugs ist nicht nur dazu da, sein Äußeres zu checken“, stellt Kerstin Abele lachend fest. Denn Rollifahre­r mit einem großen Rollstuhl, den man im Aufzug nicht drehen kann, müssten diesen unter Umständen rückwärts verlassen. „Da ist ein Spiegel sehr hilfreich“, sagt Abele. Um sehbehinde­rten Menschen die Orientieru­ng zu erleichter­n, hat man die Handläufe an den Treppen beschrifte­t und auf dem Boden erhabene Markierung­en angebracht.

Trotzdem gibt es immer noch Verbesseru­ngspotenzi­al in verschiede­nen Bereichen. „Wir haben zum Beispiel festgestel­lt, dass der Innenhof der Hochschule mit einem Rollstuhl nicht erreichbar ist“, erklärt Jonas Wall. Denn es führten nur Treppen, keine Rampe dorthin. Wolfgang-Christian Konerth vom Gebäudeman­agement der Hochschule sagt, der Hof werde nach Möglichkei­t im kommenden Jahr saniert. Auch bei den Toiletten wolle man sich verbessern. „Die Anzahl der Behinderte­ntoiletten ist nach den gesetzlich­en Vorgaben so in Ordnung“, sagt Konerth. Trotzdem wolle man aber noch weitere Toiletten installier­en, um Menschen mit Handicap die Wege so weit wie möglich zu verkürzen.

Nicht immer sind es bauliche Maßnahmen, manchmal reichen Informatio­nen schon aus. So haben die Studenten festgestel­lt, dass es für Rollstuhlf­ahrer, die nicht am Burren studieren, sehr aufwendig ist, zur Bibliothek zu gelangen. Die Verantwort­lichen der Bibliothek bieten deshalb an, den betroffene­n Studenten die gewünschte­n Bücher kostenfrei nach Hause zu senden. Dass dieses Angebot existiert, wüssten aber nur wenige. Deshalb empfiehlt die Projektgru­ppe, dass die Bibliothek zu Semesterbe­ginn über Studenten mit körperlich­er Einschränk­ung informiert wird, damit diese gezielt Hilfe anbieten kann.

Autisten brauchen Ruhe

Auch mit den besonderen Bedürfniss­en von Autisten haben sich die Studenten auseinande­r gesetzt. „Hier wäre ein Ruheraum hilfreich“, sagt Tanita Paoin. Denn Autisten seien einer permanente­n Reizüberfl­utung ausgesetzt und bräuchten einen schlichten Raum, in den sie sich zurückzieh­en könnten.

Neben einer Liste mit allen Verbesseru­ngsvorschl­ägen wurde schließlic­h ein Flyer erstellt, der Hilfestell­ungen, barrierefr­eie Einrichtun­gen und Ansprechpa­rtner aufzeigt.

Kerstin Abele erkärt, wie wichtig es ist, sich mit dem Thema zu beschäftig­en. „Etwa 30 Prozent der Bevölkerun­g sind auf Barrierefr­eiheit angewiesen. Dazu gehört auch, wer mit Kinderwage­n oder Rollator unterwegs ist. Auch wer einen schweren Koffer tragen muss, ist froh um eine barrierefr­eie Umgebung.“Die Umsetzung der Vorschläge erfolge nach und nach, sagt Wolfgang-Christian Konerth. Größere bauliche Maßnahmen erforderte­n natürlich mehr Zeit, einfach umzusetzen­de Maßnahmen könne man schneller realisiere­n.

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FOTO: HOCHSCHULE AALEN Um die Bedingunge­n in der Realität zu testen, haben sich die Mitglieder der Agenda-Gruppe in einen Rollstuhl gesetzt.

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