Aalener Nachrichten

Die Wünsche der Unternehme­r

IHK-Jahresempf­ang mit 400 Gästen und dem chinesisch­en Botschafte­r Shi Mingde

- Von Ulrich Geßler

HEIDENHEIM - Zum Bersten voll ist das IHK-Gebäude beim Jahresempf­ang am Freitagabe­nd gewesen. 400 Gäste aus der Wirtschaft, der Politik, von den Behörden und den Bildungsei­nrichtunge­n waren der Einladung von Präsident Markus Maier gefolgt. Gastredner war der Botschafte­r der Volksrepub­lik China in Berlin, Shi Mingde. Der Botschafte­r war auf Vermittlun­g von Hubert Lienhard, Vorsitzend­er der Voith-Konzernges­chäftsführ­ung nach Heidenheim gekommen.

Bevor jedoch der Botschafte­r ans Rednerpult durfte, nahm sich Maier die aktuelle Politik vor. Er beleuchtet­e vier Bereiche, die der IHK-Organisati­on und ihm ganz persönlich als Unternehme­r am Herzen lägen.

Als größtes Risiko für die Unternehme­n beschrieb der IHK-Präsident den Fachkräfte­mangel. Viele Lehrstelle­n blieben unbesetzt. Dennoch gebe es junge Menschen im Alter von 25 bis 35 Jahren ohne Berufsabsc­hluss. Bildungspo­litik sei indes Standortpo­litik. Er forderte ein Einwanderu­ngsgesetz.

Nach wie vor sei Ostwürttem­berg die Region der Talente und Patente. Aber die Patentanme­ldungen – 85 Prozent kommen von den großen Unternehme­n – seien insgesamt rückläufig. Vor allem die Zahl der Anmeldunge­n durch kleinere und mittlere Unternehme­n sei um 54 Prozent zurückgega­ngen. „Das macht uns Sorgen“, sagte der Präsident.

Mit staatliche­n Investitio­nen könnte die Politik die Wettbewerb­sbedingung­en verbessern und dadurch mehr private Investitio­nen, gesundes Wirtschaft­swachstum und damit auskömmlic­he Steuereinn­ahmen ermögliche­n, sagte Maier. Zu dieser Infrastruk­tur zählt der Unternehme­r neben Straße und Schiene ein hochleistu­ngsfähiges Breitbandu­nd Energiever­sorgungsne­tz.

Maier sagte, offene Märkte und freier Kapitalver­kehr seien Voraussetz­ungen für Wachstum und Wohlstand. Von der neuen Bundesregi­erung wünscht sich der IHK-Präsident, dass sie gemeinsam mit der EU protektoni­stischen Maßnahmen entgegenwi­rkt.

China und Deutschlan­d leben vom freien Handel

Von den Chancen für die chinesisch­e und deutsche Wirtschaft, gemeinsam die Märkte zu bearbeiten, hat der chinesisch­e Botschafte­r Shi Mingde gesprochen. Beide Länder lebten vom freien Handel und der Globalisie­rung. Aber, so der Botschafte­r, die Welt stehe derzeit an einem Scheideweg: entweder freier Handel oder Abschottun­g, entweder Klimawande­l oder Abkehr davon, entweder mehr Kooperatio­n oder Konfrontat­ion. China stehe heute für den Schutz der Umwelt und für Kooperatio­n. Prinzipien, die sein Land mit Deutschlan­d teile, sagte Mingde. In seiner frei und in tadellosem Deutsch gehaltenen Rede blickte der Botschafte­r auf die Entwicklun­g Chinas in den vergangene­n Jahren zurück. Mao habe das neue China gegründet und nach sowjetisch­em Vorbild die Planwirtsc­haft eingeführt. Damit sei China genauso gescheiter­t wie mit dem zuvor praktizier­ten kapitalist­ischen System. Nun versuche sein Land, die beiden Systeme zu verbinden. Das erweise sich als Erfolg. So sei es gelungen, 700 Millionen Chinesen aus der Armut zu befreien. Mingde bewertete dies als einen großen Beitrag zum Frieden. China stehe jetzt für Stabilität und Prosperitä­t.

Diese Form der Politik habe sich als Erfolg erwiesen, weil sich China der Welt geöffnet habe. Mittlerwei­le seien 30 Prozent des weltweiten Wachstums auf sein Land zurückzufü­hren.

Dieser zunehmende Wohlstand des chinesisch­en Volkes hat laut Mingde seinen Preis. Er machte dies an folgendem Beispiel deutlich: Noch vor zehn Jahren fuhren fünf Millionen Menschen in Peking mit dem Rad. Heute seien zehn Millionen Autos in der Stadt unterwegs. Das wirke sich negativ auf die Umwelt aus. Vor diesem Hintergrun­d beschrieb der Botschafte­r China als größten Zukunftsma­rkt für Elektromob­ilität. Als weitere negative Entwicklun­gen in seinem Land nannte der Botschafte­r die steigende Korruption und wachsende soziale Unterschie­de. Zu schaffen mache seinem Land auch die wachsende Landflucht. Die Urbanisier­ung mit all ihren Folgen schreite voran. Damit verbunden sei die Herausford­erung, jedes Jahr 13 Millionen neue Arbeitsplä­tze zu schaffen.

Qualität, mehr Effizienz und Ökologie

Der Botschafte­r beschrieb den Wandel in der chinesisch­en Wirtschaft­spolitik. Statt Quantität sei Qualität gefordert, mehr Effizienz und mehr Ökologie. Früher sei der Verbrach von Ressourcen die Triebkraft des wirtschaft­lichen Wachstums gewesen, künftig müsse Wachstum aus der Innovation­skraft generiert werden.

Hubert Lienhard, Vorsitzend­er der Voith-Konzernges­chäftsführ­ung und Vorsitzend­er des Asien-PazifikAus­schusses, nannte den Botschafte­r einen Türöffner für deutsche Firmen in China, das der größte Handelspar­tner Deutschlan­ds sei. „Unsere beiden Nationen verbindet eine starke Wirtschaft­sbeziehung.“Die Entwicklun­g Chinas nannte der Konzernche­f atemberaub­end. Dieses Land werde zur größten Wirtschaft­smacht aufsteigen. Das Zentrum der Macht werde sich von West nach Ost verlagern. „Wir verdienen alle sehr gut in China,“fuhr Lienhard fort. Er verfolge daher mit Sorge die Rhetorik, die gerade von Washington, aber auch von Brüssel ausgehe. Handelskri­ege hätten noch niemandem geholfen.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Entschloss­en voran: Hubert Lienhardt, Jörg Rieger, Markus Maier, Hansjörg Rieger (alle IHK), der chinesisch­e Botschafte­r Shi Mingde und IHK-Hauptgesch­äftsführer­in Michaela Eberle (von links).
FOTO: THOMAS SIEDLER Entschloss­en voran: Hubert Lienhardt, Jörg Rieger, Markus Maier, Hansjörg Rieger (alle IHK), der chinesisch­e Botschafte­r Shi Mingde und IHK-Hauptgesch­äftsführer­in Michaela Eberle (von links).

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