Wenn das Auto zur Waffe wird
Was anderes als Mord soll das sein? Wenn auf dem zweispurigen Kudamm Marvins weißer Mercedes mit 381 PS gegen Hamdis Audi A6 mit 225 PS antritt? Wenn sie mit Tempo 170 um die Wette fahren und dabei den Jeep des getöteten Mannes, eines Arztes im Ruhestand, quasi durchstoßen? Nehmen sie dann nicht billigend den Tod anderer in Kauf? Trotzdem wurde das mutige Urteil des Berliner Landgerichts, das die beiden Männer wegen Mordes belangt hatte, jetzt vom Bundesgerichtshof aufgehoben.
Wer jemals in diese Art von Autorennen hineingeraten ist, und in Berlin passiert dies durchaus, hat keinerlei Verständnis für diese Revision. Wenn junge Männer wie die Täter hupend den Rest der Welt abdrängen und drangsalieren, wenn sie normale Autofahrer fortgeschrittenen Alters mit ihren Manövern an den Rand eines Herzinfarktes bringen oder gar – wie im konkreten Fall, einen Rentner gleich totfahren – ist das dann kein Mord?
Ganz Berlin und bestimmt auch viele Autofahrer in anderen Städten Deutschlands hatten sich über das Raser-Urteil des Berliner Landgerichts, das jetzt aufgehoben wurde, gefreut. Denn das Gericht hatte befunden, dass die Fahrer den Tod anderer billigend in Kauf nahmen und als Mordwerkzeug ihre PS-starken Wagen benutzten. Es war ein hartes Urteil, von dem man sich erhoffte, dass es andere Raser abhält. Schließlich wird schon jeder dritte Getötete laut Unfallforschung inzwischen auf Drängeln, Schneiden, Überholen und zu hohes Tempo zurückgeführt.
Doch der Bundesgerichtshof sah die Mordabsicht nicht als erwiesen an. Auch das ist ein mutiges Urteil, denn die Mehrheit wird dies anders sehen. Besonders schmerzhaft in diesem Fall bleibt, dass die Täter jetzt vielleicht nur noch wegen fahrlässiger Tötung belangt werden. Die Höchststrafe liegt hier bei fünf Jahren. Die härteren Strafen für illegale Autorennen sind erst nach diesem Rennen vom Kudamm auf zehn Jahre erhöht worden. Sie können auf diejenigen, die diese Verschärfung verursachten, nicht angewandt werden. Das ist das Schlimmste an der Sache.