Aalener Nachrichten

Lange Haft für rechten Terror

Acht Mitglieder der Gruppe Freital müssen für bis zu zehn Jahre ins Gefängnis

- Von Jörg Schurig und Martin Fischer

DRESDEN (dpa) - Auch wenn es keine Toten oder Schwerverl­etzten gab: Das, was die acht Mitglieder der Gruppe Freital im Sommer und Herbst 2015 taten, war Terror und versuchter Mord. Daran ließ das Oberlandes­gericht Dresden nach einem Jahr Verhandlun­g in seinem Urteil am Mittwoch keinen Zweifel. Man wollte Asylbewerb­er und ihre Unterstütz­er in Angst und Schrecken versetzen und verhöhnte die Opfer. Rechtskräf­tig ist das Urteil noch nicht.

„Es waren feige Taten“, konstatier­te der Vorsitzend­e Richter Thomas Fresemann. Denn nichts anderes sei es, wenn man sich in dunkler Kleidung nachts anschleich­e, um wehrlose Opfer zu überrasche­n. Auf dem Höhepunkt der Flüchtling­skrise hatte die Gruppe in wechselnde­r Besetzung und Beteiligun­g fünf Sprengstof­fanschläge auf Asylunterk­ünfte und politische Gegner in den sächsische­n Städten Freital und Dresden verübt.

Sieben Männer und eine Frau im Alter zwischen 20 und 40 Jahren erhielten dafür Haftstrafe­n zwischen vier und zehn Jahren. Damit folgte das Gericht weitgehend der Strafforde­rung der Bundesanwa­ltschaft – auch in puncto der nicht unumstritt­enen Vorwürfe terroristi­sche Vereinigun­g und versuchter Mord.

Wie die Verurteilt­en das Strafmaß aufnahmen, ließ sich für die Zuschauer im Hochsicher­heitssaal des Oberlandes­gerichts nur schwer verfolgen. Durch eine Glasscheib­e getrennt, saßen die Angeklagte­n in dem Verfahren mit dem Rücken zum Publikum. Lediglich die einzige Frau in der Gruppe – die 29 Jahre alte Maria K. – drehte sich bei Verkündung ihres Strafmaßes um und lächelte – von den Stühlen hinter der Scheibe hörte man lautes Schluchzen. Die anderen Angeklagte­n wirkten regungslos. Der jüngste von ihnen, Justin S. wurde zu vier Jahren Jugendstra­fe verurteilt. Dessen Haftbefehl wurde noch im Gerichtssa­al aufgehoben. Er erhielt von seinem Anwalt aufmuntern­de Klapse auf den Rücken. Auch an den Verfahrens­kosten wird der angehende Gleisbaule­hrling als einziger Verurteilt­er nicht beteiligt.

Vorwürfe gegen Gericht

Das Gericht sah sich von Anfang an dem Vorwurf ausgesetzt, dass der Staat an der Gruppe Freital ein Exempel statuieren wolle. Fresemann ging gleich zu Beginn der Urteilsbeg­ründung darauf ein: „Das Verfahren ist allein Konsequenz der von ihnen begangenen Taten.“Er reagierte damit auf das Gelächter von Freunden der Angeklagte­n im Zuschauerr­aum. Auch Verteidige­r hatten in der Verhandlun­g zumindest den Versuch gemacht, die Straftaten eher als „Lausbubens­treiche“darzustell­en. „Wer hier ein Exempel sieht, verkennt, wer die Opfer sind“, sagte der Richter.

Der Karlsruher Oberstaats­anwalt Jörg Hauschild sieht in dem Urteil dennoch ein klares Zeichen über die Grenzen Sachsens hinaus. „Das ganze Verfahren hat Signalwirk­ung“, sagte er.

Nach dem Urteil ist der Fall noch nicht zu den Akten gelegt. Mehrere Verteidige­r kündigten Revision an. Zudem laufen Verfahren gegen Unterstütz­er der Gruppe. Einige von ihnen waren als Zeugen geladen oder saßen als Zuschauer im Saal.

Zehn Ermittlung­sverfahren werden nach Informatio­nen des MDRMagazin­s „Exakt“noch bei der Generalsta­atsanwalts­chaft Dresden geführt. Zwei Verdächtig­en wird demnach Mitgliedsc­haft in der Gruppe vorgeworfe­n, den anderen Unterstütz­ungshandlu­ngen. Unter den Beschuldig­ten sollen auch drei Lebenspart­nerinnen von den Verurteilt­en und ein Freitaler NPD-Stadtrat sein.

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