Weltoffen, streitbar und harmoniebedürftig
Nachruf: Oberkochener Ehrenbürger Dietrich Bantel ist im Alter von 82 Jahren gestorben
OBERKOCHEN – Weltoffen und gebildet, streitbar und harmoniebedürftig, engagiert und vielfach verdient: Das war der Oberkochener Ehrenbürger und Gymnasialprofessor im Ruhestand, Dietrich Bantel. Nun ist er im Alter von 82 Jahren gestorben.
Geboren 1935 in Stuttgart, hat es ihn als jungen Lehrer 1962 eher gegen seinen Willen nach Oberkochen an das damalige Progymnasium verschlagen - „nach Sibirien“, wie er selbst schmunzelnd erzählte. Daraus sollte ebenso eine lebenslange Beziehung entstehen wie die mit seiner Frau Susi, die er 1963 heiratete. Aus der Ehe gingen drei Kinder hervor.
Doch ehe Bantel in Oberkochen sesshaft wurde, hatte er schon viel von der Welt gesehen: Mit dem Fahrrad war er ab Mitte der 50er Jahre in ganz Europa unterwegs und legte nach eigener Rechnung bis 1962 rund 40 000 Kilometer zurück, also einmal um die Welt. 1960 machte er mit dem Kammerorchester Tübinger Studenten eine Konzertreise durch Jugoslawien, die Türkei, Syrien, Jordanien, den Libanon und Griechenland. Einen richtigen Globetrotter nannte ihn Bürgermeister Peter Traub deswegen. Später wurde das Wohnmobil Bantels Zweitwohnsitz in der Bretagne.
Familiäre Wurzeln auf der Ostalb
Studiert hat er zunächst Bildende Künste in Stuttgart, später Anglistik in Tübingen. Lehrer wollte er werden, weil er jungen Menschen Bildung und Wissen vermitteln wollte. Dass er dies sein ganzes Berufsleben lang in Oberkochen tat, war zwar 1962 die Entscheidung des Oberschulamtes. Doch Bantel hatte auch familiäre Wurzeln auf der Ostalb. Einer seiner Vorfahren war Johann Georg Blezinger, der im 18. Jahrhundert das Königsbronner Eisenwerk gepachtet und zur Blüte gebracht hatte. Dessen Hauslehrer war Christian Friedrich Daniel Schubart. Sein Freigeist sei auch bei Bantel feststellbar, sagte Bürgermeister Traub bei der Verleihung der Ehrenbürgerwürde vor ziemlich genau sieben Jahren.
Von 1968, also dem Jahr, in dem Oberkochen zur Stadt erhoben wurde, bis 1993 hatte Bantel für die damalige Bürgergemeinschaft BGO Sitz und Stimme im Gemeinderat. Die Bürger bestätigten ihn mit hoher Zustimmungsrate im Amt.
Einen Namen gemacht hat sich Bantel aber vor allem als Heimatforscher. Oberkochen war für ihn Heimat geworden und mit der Vergangenheit „seiner“Stadt hat er sich intensiv beschäftigt. Als etwa bekannt wurde, dass eine römische Villa rustica im Weilfeld bei Oberkochen entdeckt worden war, grub Bantel in wochenlanger, teils schwerer Arbeit die Grundmauern des römischen Gutshofes aus. Seit damals gehört der „Römerkeller“zu den wichtigen Sehenswürdigkeiten in Oberkochen.
Als 1980 alemannische Gräber im Dreißental entdeckt wurden, war Bantel ebenso beteiligt wie an der Freilegung des Kulturdenkmals „Bilzhaus“. Mit seinen Schülern machte er sich auf die Spuren Oberkochener Sagen, etwa der vom Bilzhannes. Beim Landesdenkmalamt war er ehrenamtlicher Mitarbeiter, er war Mitherausgeber des 1986 erschienen Oberkochener Heimatbuches.
Heimatverein gegründet
Untrennbar mit Bantels Namen verbunden ist der Heimatverein Oberkochen, dessen Gründer und Ehrenvorsitzender er war, und der Aufbau des Heimatmuseums 1987. Von Erfolg gekrönt waren auch seine Bemühungen um den Erhalt des Scheerer'schen Mühlenareals. Für Bantel war es eine Genugtuung, noch miterleben zu dürfen, wie dort ein kulturelles und gesellschaftliches Zentrum entstand.
Sein herausragendes Engagement in der Heimatforschung und -pflege wurde 1993 durch die Verleihung der Bürgermedaille der Stadt Oberkochen und des Bundesverdienstordens gewürdigt.