Aalener Nachrichten

Unser Mann im All

In weniger als 100 Tagen fliegt Alexander Gerst zur Internatio­nalen Raumstatio­n ISS

- Von Thomas Körbel

MOSKAU (dpa) - Der deutsche Astronaut Alexander Gerst muss schon vor seiner zweiten Mission auf der Internatio­nalen Raumstatio­n (ISS) in seine neue Rolle als Kommandant hineinwach­sen. „Es war mir bis dahin auch nicht klar, wie viel Arbeit das im Vorfeld des Fluges ist“, sagte Gerst bei einem Training in Moskau. Er müsse unter anderem darauf achten, dass jeder in der Crew den Input bekomme, den er braucht. Dabei habe er einiges zu koordinier­en. „Es macht Spaß, zu sehen, wie die Crew zusammenwä­chst“, sagte Gerst – Spitzname „Astro-Alex“– kürzlich im Sternenstä­dtchen bei Moskau.

Nicht mehr ganz 100 Tage snd es noch bis zu Gersts zweiter Mission auf der ISS: Die Rakete soll nach derzeitige­r Planung am 6. Juni vom russischen Weltraumba­hnhof Baikonur in Kasachstan abheben.

Bis dahin hat der Astronaut der europäisch­en Raumfahrta­gentur Esa noch einen straffen Plan: Derzeit trainiert der Geophysike­r bei der USBehörde Nasa in Houston, dann ist eine Station bei der Esa in Köln geplant. Ende April kehrt er für die letzten Vorbereitu­ngen nach Moskau zurück.

Mit Gerst reisen der Russe Sergej Prokopjew und die US-Astronauti­n Serena Auñón-Chancellor zum Außenposte­n der Menschheit rund 400 Kilometer über der Erde. Der 41-jährige Baden-Württember­ger war bereits 2014 ein halbes Jahr im All – als elfter deutscher Raumfahrer und dritter auf der ISS.

Auf seiner Mission „Horizons“in diesem Jahr wird er für einige Monate der erste deutsche Kommandant der Raumstatio­n. In dieser Rolle sieht sich Gerst als Bindeglied zwischen Mannschaft und Bodenkontr­olle. „Ich werde meiner Crew helfen, wenn etwas nicht klappt“, sagte er. Entweder packe er selbst mit an oder er frage die Leitzentra­le, ob ein Kollege mehr Zeit für seine Aufgabe bekommt.

Im Notfall sieht sich Gerst als Kommandant klar in der Verantwort­ung. „Es ist extrem wichtig, dass einer an Bord den Gesamtüber­blick behält – und das sollte eben der Commander sein“, sagte er. Die Station ist ein komplexes Geflecht aus 16 Serviceund Forschungs­modulen. „Wenn es brennt oder die Raumstatio­n ein Loch hat, dann gibt es keine Kommunikat­ion mit der Bodenkontr­olle.“Dann müssten Entscheidu­ngen je nach Fall so schnell wie möglich getroffen werden.

Als Kommandant sei daher wichtig, genau über die Situation auf der ISS Bescheid zu wissen. „Es geht nicht nur darum, dass ich weiß, wo die Feuerlösch­er sind und das Notfallzeu­gs, sondern dass ich genau weiß, welche Systeme gerade laufen. Das ist extrem komplex.“

Auch hier helfe ihm seine Erfahrung aus der Mission 2014. Er höre im Training viele Details, die sich niemand merken könne. „Wir sind ja auch nur ganz normale Menschen“, sagte „Astro-Alex“.

Alexander Gerst muss als Kommandant den Überblick behalten.

„Die Kunst des Astronaute­ndaseins ist, unnütze Informatio­nen von nützlichen zu trennen und zu filtern.“

Seinen Job als Kommandant will Gerst aber nicht zu hoch einstufen. Astronaute­n müssten in der Lage sein, viele Rollen zu übernehmen, sagte er. Auf dem Flug zur ISS mit der Sojus-Rakete etwa sei sein russischer Kollege Prokopjew Kommandant, er selbst sei Co-Pilot. „Auch wenn ich dann auf der ISS ankomme, werde ich nicht sofort Kommandant sein. Also werde ich versuchen, ein gutes Crew-Mitglied zu sein“, sagte Gerst. „Wir wechseln unsere Rollen permanent. Das ist eine Herausford­erung im positiven Sinn.“Der Kommandant der ISS wechselt alle paar Monate. BERLIN

„Es geht nicht nur darum, dass ich weiß, wo die Feuerlösch­er sind und das Notfallzeu­gs, sondern dass ich genau weiß, welche Systeme gerade laufen.“

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FOTO: DPA Der deutsche Astronaut Alexander Gerst sieht sich als Bindeglied zwischen der Mannschaft der ISS und der Bodenkontr­olle.

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