Aalener Nachrichten

SPD lenkt ein

Verzicht auf Reform des Werbeverbo­ts für Abtreibung­en

- Von Andreas Herholz

BERLIN (dpa) - Die SPD verzichtet aus Rücksicht auf die Große Koalition mit der Union auf ihren Vorstoß zu einer Aufhebung beziehungs­weise Reform des Werbeverbo­ts für Schwangers­chaftsabbr­üche. In einer am Dienstag veröffentl­ichten Erklärung von Unionsfrak­tionschef Volker Kauder (CDU), SPD-Fraktionsc­hefin Andrea Nahles und CSU-Landesgrup­penchef Alexander Dobrindt heißt es: „Die SPD-Bundestags­fraktion wird ihren Gesetzentw­urf zu §219a Strafgeset­zbuch jetzt nicht zur Abstimmung stellen.“Heute soll Angela Merkel (CDU) erneut zur Bundeskanz­lerin gewählt werden.

In der Unionsfrak­tion habe Erleichter­ung darüber geherrscht, dass die SPD ihren Gesetzentw­urf nun nicht einbringen wird, hieß es aus Koalitions­kreisen. Mit Stimmen von Grünen und Linken sowie der FDP hätte der SPD-Entwurf unter Umständen eine Mehrheit im Bundestag erhalten können.

BERLIN - Um zwölf Uhr mittags soll Angela Merkel heute vor dem mächtigen Bundesadle­r im Reichstags­gebäude die Hand heben und nach ihrer Wahl zum vierten Mal den Eid sprechen. Hatte es zwischendu­rch so ausgesehen, als sei Merkels politische­s Ende nahe, hat sie es noch einmal geschafft, ein schwarz-rotes Bündnis zu schmieden, wird zum vierten Mal Regierungs­chefin und führt erneut eine Große Koalition. Er sei „ganz sicher“, dass sie zum vierten Mal zur Bundeskanz­lerin gewählt werde, rechnet Unionsfrak­tionschef Volker Kauder mit einem deutlichen Votum.

In ihrem Büro im Reichstag pflegt die Kanzlerin nach der Wahl mit ihren engsten Vertrauten anzustoßen, bevor das Prozedere der Regierungs­bildung weitergeht. Doch die Kanzlerinn­enwahl sehen auch in den Reihen der Union viele als Beginn der letzten Etappe ihrer politische­n Karriere. Von Merkel-Dämmerung war da be- reits die Rede, nachdem der Versuch, ein Jamaika-Bündnis mit FDP und Grünen zu schmieden, gescheiter­t war. Fast sechs Monate Sondierung und Verhandlun­g – so lange hat es in der Bundesrepu­blik noch nie nach einer Bundestags­wahl bis zu einer Regierungs­bildung gedauert. Dass Merkel 2021 womöglich noch ein fünftes Mal antreten könnte, davon gehen die wenigsten aus. Die Kanzlerin hatte zuletzt versichert, für die volle Wahl- periode anzutreten. Auf dem Sonderpart­eitag der Christdemo­kraten in Berlin vor wenigen Wochen hatte sich die CDU-Chefin deutliche Rückendeck­ung für ihr Regierungs­team und grünes Licht für die Neuauflage der Großen Koalition geholt.

Von der ostdeutsch­en Pfarrersto­chter zur mächtigste­n Frau der Welt, von der stellvertr­etenden Regierungs­sprecherin des letzten Ministerpr­äsidenten der DDR, Lothar de Maizière, zur ersten Bundeskanz­lerin, von „Kohls Mädchen“zur eisernen „Lady Europe“– lange schon hat die Physikerin ihren Platz in den Geschichts­büchern sicher. Die erste Frau und die erste Ostdeutsch­e als Regierungs­chefin – nicht wenige in der Union taten sich schwer damit, mussten sich erst daran gewöhnen.

Angela Dorothea Merkel regiert seit mehr als zwölf Jahren das Land. Gerhard Schröder, Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und schließlic­h Martin Schulz – vier SPDMänner zogen den Kürzeren gegen sie. In der CDU blieb ein Rivale nach dem anderen auf der Strecke. Merkel war es, die in der Spendenaff­äre mit dem „Trennungsb­rief“den Bruch mit Helmut Kohl vollzog und am 10. April 2000 als Parteichef­in sein Erbe antrat.

Mögliche Nachfolger­in steht bereit

Dabei musste auch Merkel jede Menge aushalten. 2002 gab es Gegenwind, als es um die Kanzlerkan­didatur der Union ging. Merkel musste am Ende CSU-Mann Edmund Stoiber den Vortritt lassen, war als „Zonenwacht­el“verspottet worden. Stoiber verlor gegen Schröder. Der Weg für Merkel war frei. Sie gewann 2005 knapp gegen den Amtsinhabe­r, rettete sich in die Große Koalition. Am 22. November 2005 war Merkel Kanzlerin.

Inzwischen hat sie nicht nur ihren direkten Vorgänger bei der Amtszeit überholt. Nur Konrad Adenauer und Helmut Kohl regierten einst länger. Nicht mehr ganz so unangefoch­ten steht Merkel immer noch an der CDU-Spitze. In der neuen CDU-Generalsek­retärin Annegret KrampKarre­nbauer sehen viele in der Partei eine mögliche Nachfolger­in.

Merkel moderiere nur, führe zu wenig. Ihr fehlten Leidenscha­ft und Visionen, kritisiert nicht nur der politische Gegner. Mal sei sie liberal, mal konservati­v, mal sozial. Merkels Kurs der Erneuerung der CDU, ihre Strategie, die Partei mehr in die Mitte zu rücken, ist parteiinte­rn nicht unumstritt­en. Sie habe die Sozialdemo­kratisieru­ng der CDU betrieben, so der Vorwurf. Doch schien ihr der Erfolg lange recht zu geben. Familienmi­nisterin, Umweltmini­sterin, CDU-Generalsek­retärin, Parteichef­in, Parteiund Fraktionsv­orsitzende, Opposition­sführerin, Regierungs­chefin – ein steiler Aufstieg in nur 15 Jahren.

Merkel hat stets betont, sie wolle einen selbstbest­immten Abgang und nicht gezwungene­rmaßen gehen. Ein sauberer, womöglich überrasche­nder Rückzug wäre ganz nach ihrem Geschmack.

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FOTO: DPA Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU).

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