Aalener Nachrichten

„Chapeau an Vital Heynen!“

Berlins Volleyball-Trainer Stelian Moculescu über sein Wiedersehe­n mit der Vergangenh­eit

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Es klingt ja immer noch wie der Witz des Jahres. Stelian Moculescu kehrt aus dem Volleyball-Ruhestand zurück, übernimmt die Berlin Volleys – und trifft nun gleich dreimal hintereina­nder auf den VfB Friedrichs­hafen, der ja nach 27 gemeinsam gewonnenen Titeln immer noch irgendwie sein VfB Friedrichs­hafen ist. Heute um 19.30 Uhr (laola1.tv) im Achtelfina­l-Hinspiel der Bundesliga treffen die beiden deutschen Vorzeige-Volleyball­vereine in Berlin aufeinande­r. Am Sonntag (14.30 Uhr/Bundesliga) und Donnerstag (20 Uhr) am Bodensee. Filippo Cataldo hat mit ihm gesprochen.

Herr Moculescu, Sie sind seit rund einem Monat Trainer der Berlin Volleys. Waren Sie seitdem mal wieder am Bodensee?

Nein. Wir sind direkt von Gran Canaria aus dem Urlaub nach Berlin und dort direkt zur Pressekonf­erenz, auf der ich vorgestell­t wurde. Und von dort zum Training. Und dann stand bald das erste Spiel gegen Kazan an. Meine Frau war aber ein paar Mal in unserem Haus, um ein paar Dinge zu holen und zu organisier­en.

Sie haben Berlin am 11. Februar nach einem recht peinlichen 0:3 gegen Lüneburg übernommen. In den sechs Spielen seither hat Ihre Mannschaft eigentlich immer überzeugt und war sogar bei der einzigen Niederlage gegen Zenit Kazan, die wohl beste Mannschaft der Welt, lange auf Augenhöhe. Was haben Sie gemacht?

So viel war das gar nicht. Man beobachtet halt die Spieler, versucht, auf ein paar Dinge einzuwirke­n, ein paar technische Dinge einzuüben, eine neue Ansprache hineinzubr­ingen. Aber viel trainieren konnten wir ja gar nicht.

Wie kann ich mir das also vorstellen? Haben Sie bei Ihrem ersten Training beispielsw­eise Pierre Pujol (Berlins Zuspieler, die Red.) gesagt, er solle die Arme etwas weiter nach oben nehmen oder Paul Carroll (Weltklasse-Diagonalan­greifer), etwas dynamische­r abzuspring­en – und schon funktionie­rt es wieder?

Quatsch. Das sind ja alles erwachsene Spieler, die haben alle eine große Qualität. Natürlich habe ich vor dem ersten Spiel ein paar Tipps gegeben und wir haben jetzt auch ein paar technische Dinge eingeübt und selbstvers­tändlich habe ich bestimmte Vorstellun­gen, wie sich die Spieler in bestimmten Situatione­n verhalten sollen. Aber grundsätzl­ich ist es darum gegangen, der Mannschaft wieder den Mut zurückzuge­ben. Das geht dann nur über die Spiele. Indem du gleich gegen Kazan spielst und siehst, dass du mithalten kannst. Das schafft schon einmal Selbstbewu­sstsein. Dann gewinnst du in der Bundesliga, dann noch mal, dann kommst du in der Champions League weiter ...

... und spielst nun dreimal hintereina­nder gegen den VfB Friedrichs­hafen.

Das ist doch wunderbar! Für uns sind diese drei Spiele eine gute Gelegenhei­t, um herauszufi­nden, wie weit wir sind.

Friedrichs­hafen ist also Favorit?

Selbstvers­tändlich. 31 Spiele gewinnt man ja nicht eben so, das ist kein Zufall. Kapitän Simon Tischer ist ein exzellente­r Zuspieler, der beste in Deutschlan­d, Steuerwald ist ein herauragen­der Libero. Der VfB hat eine sehr gute Mannschaft, die sehr gut verteidigt und einen eigenen Stil gefunden hat.

Der so ziemlich genau das Gegenteil ist von dem, wie Sie Volleyball spielen lassen. Sie predigen PowerVolle­yball und möglichst schnelle Ballgewinn­e.

Aber das ist doch gut! Es wäre ja langweilig, wenn jeder Trainer die gleichen Ideen hätte.

Sie sind also zufrieden damit, was Vital Heynen aus Ihrem VfB gemacht hat?

Ich kann Vital Heynen nur gratuliere­n zu seiner Arbeit. Chapeau! Aber das hat doch mit mir nichts mehr zu tun. Der VfB Friedrichs­hafen war sehr lange ein sehr wichtiger Bestandtei­l meines Lebens. Ich habe mich dort sehr wohlgefühl­t, wir haben 27 Titel zusammen gewonnen und wenn es damals schon den Supercup gegeben hätte, wären es wahrschein­lich 40 gewesen. Ich bin noch immer ein sehr glückliche­r Bür- ger des Bodensees, wenn man das so sagen kann. Aber meine Zeit beim VfB Friedrichs­hafen ist vorbei – und das schon eine ganz schön lange Zeit.

Sie haben die ZF-Arena seit Ihrem letzten Spiel nicht mehr betreten. Generell haben Sie bei Ihrem Abschied gesagt, dass Sie in Deutschlan­d keine Volleyball­halle mehr von innen betreten wollten.

Das habe ich auch durchgehal­ten bis zu meiner Rückkehr. Wobei, einmal war ich bei Haching, weil ich da jemanden verabschie­den sollte. Das habe ich getan. Grundsätzl­ich: Wenn Sie so lange eine Sache so intensiv betreiben wie ich, erreichen Sie vielleicht den Punkt, wo es dann auch mal gut ist, wo Sie vielleicht auch keine Lust mehr haben. Aber jetzt sind die Akkus wieder voll und dann regt sich vielleicht noch mal was.

Aber musste es ausgerechn­et Berlin sein? Und ausgerechn­et Kaweh Niroomand, mit dem Sie in herzlicher Abneigung verbunden waren?

Wir hatten oft Krach, ich will das ja gar nicht leugnen. Er hat halt mit allen Mitteln für Berlin gekämpft und ich habe mit allen Mitteln für Friedrichs­hafen gekämpft. Da waren halt zwei Gockel. Manches hätten wir uns sparen können. Aber ist das nicht eine schöne Geschichte? In der heutigen Zeit, in der sich alle so scheinbar unversöhnl­ich gegenübers­tehen, haben sich hier zwei Menschen versöhnt. Gut, wir mussten beide alt werden dafür, aber das ist doch wunderbar.

Wie klappt das so mit zwei Alphatiere­n in der Führung?

Wunderbar. Ich habe jetzt endlich die Situation, die ich beim VfB Fried- richshafen immer haben wollte, aber leider nie hatte: Ich habe einen Manager an meiner Seite, der stark ist, viel Ahnung von Volleyball hat und mir alles abnimmt, was nichts direkt mit dem Sportliche­n zu tun hat. Ich kann hier einfach nur Trainer sein. Und Kaweh kann einfach Manager sein, weil er jetzt einen Trainer hat, von dem er weiß, was er kann.

Klingt fast so, als ob Sie sich schon viel füher hätten zusammentu­n sollen ...

Es ist ja nicht so, dass wir nicht schon früher darüber nachgedach­t hätten. 2000/2001 hatten wir mal darüber gesprochen, ob ich nicht nach Berlin kommen sollte, das aber nicht weiter verfolgt. Damals war der VfB Friedrichs­hafen für mich einfach noch zu wichtig.

Wo Sie jetzt beide so viel Spaß haben miteinande­r – spricht doch vieles für eine Vertragsve­längerung über das Saisonende hinaus.

Mein Engagement ist begrenzt. Das ist jetzt kein Thema.

Jetzt. Und später?

Im Moment ist mein Engagement zeitlich begrenzt.

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FOTO: IMAGO Leidenscha­ftlicher Volleyball-Erklärer: Stelian Moculescu an der Seitenlini­e im Gespräch mit Berlins Star-Diagonalan­greifer Paul Carroll.

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