Vater soll sein Baby zu Tode geschüttelt haben
Die kleine Tochter war erst sieben Wochen alt – Anklage wegen Körperverletzung mit Todesfolge
ELLWANGEN (sj) - Weil seine sieben Wochen alte Tochter starb, muss sich seit Donnerstag ein 28 Jahre alter Vater vor der Ersten Schwurgerichtskammer des Landgerichts Ellwangen verantworten. Die Staatsanwaltschaft wirft dem arbeitslosen Crailsheimer Körperverletzung mit Todesfolge vor. Der Säugling starb infolge starker Einblutungen im Gehirn. Die Sachverständigen gehen von einem Schütteltrauma aus.
Am Vormittag des 14. Oktober 2016 war der drogenabhängige Vater mit dem Baby allein zu Hause. Seine Lebenspartnerin war mit der älteren Tochter beim Einkaufen. Oberstaatsanwalt Oliver Knopp wirft dem Angeklagten vor, das Baby mehrfach heftig geschüttelt und einmal seinen Kopf gegen einen harten Gegenstand geschlagen zu haben, weil es zu weinen begonnen habe.
Danach setzte der Vater telefonisch einen Notruf ab. Erst reanimierte ein Nachbar das Kind, danach der Notarzt, dann wurde die Kleine mit einem Rettungshubschrauber ins Olgaspital nach Stuttgart gebracht. Dort starb sie vier Tage später, am 18. Oktober 2016, an ihren schweren Verletzungen. Der Kopf hatte an vielen Stellen ausgeprägte Blutungen. Blutungen gab es auch im Rückenmark und sogar in den Augäpfeln. Solche Verletzungen an so vielen verschiedenen Stellen am Kopf habe er an einem kleinen Kind noch nie gesehen, sagte ein Arzt des Olgaspitals als Zeuge: „Da muss ein mehrfach schneller Richtungswechsel des Kopfes passiert sein.“Das Gehirn sei lange Zeit ohne Sauerstoff gewesen.
Der Angeklagte berichtete, seine am 24. August 2016 geborene Tochter sei ein „echtes Schreikind“gewesen, deshalb hätten er und seine Partnerin auch einen Kinderarzt konsultiert. Doch der konnte nichts Ungewöhnliches feststellen. Immer, wenn die Mutter weggegangen sei, habe das Kind angefangen zu weinen, so der Angeklagte.
Am 14. Oktober habe die Mutter ihrem Kind das Fläschchen gegeben, bevor sie mit der anderen Tochter das Haus verließ. Er sei dageblieben. Als das Baby weinte, habe er es auf den Arm genommen und ihm zu trinken geben wollen. Bei seinem Versuch, das Fläschchen vom Couchtisch zu holen, habe das Baby gezappelt, sei ihm aus der Hand und mit der Stirn auf den Holztisch gefallen und danach mit dem Hinterkopf auf den Teppichboden. „Das ging so schnell, dass ich nicht mal reagieren konnte.“Weil seine Tochter bewusstlos gewesen sei, habe er sie hochgenommen und geschüttelt: „Ich habe versucht, sie wach zu kriegen.“
Die beiden Sachverständigen, Rechtsmedizinerin Dr. Iris Schimmel und der Neuropathologe Professor Dr. Michael Torzewski, schenkten dem Angeklagten wenig Glauben und äußerten den Verdacht auf Schütteltrauma mit zusätzlichem Kopfanprall. Es müsse mehrfach eine erhebliche stumpfe Gewalt gegen den Schädel gewesen sein. „Man kann es nicht mit zwei Sekunden Schütteln erzeugen“, sagte Torzewski zu der „sehr massiven Gewalteinwirkung“. Und Schimmel sagte: „Einen abgebremsten Sturz auf den Teppichboden kann ich mir überhaupt nicht vorstellen.“
Der Angeklagte ist mehrfach vorbestraft, so wegen Diebstahls, Fahren ohne Fahrerlaubnis, Sachbeschädigung, Urkundenfälschung, versuchten Betrugs und unerlaubten Besitzes von Betäubungsmitteln. Zuletzt musste er eine sechsmonatige Freiheitsstrafe verbüßen, bis Ende Mai 2016. In der Haft hatte er erfahren, dass seine Lebenspartnerin von ihm schwanger war. Heute leidet der Mann an einer posttraumatischen Belastungsstörung mit Alpträumen nachts. Er sei „psychisch durch den Wind“, sagte ein Bewährungshelfer.
Die Hauptverhandlung unter Vorsitz des Vorsitzenden Richters Gerhard Ilg wird am heutigen Freitag um 14 Uhr fortgesetzt. Vermutlich fällt an diesem Tag auch das Urteil.