Aalener Nachrichten

Jubelnde Musik erfüllt die Stadtkirch­e

Kammerchor und Barockorch­ester Stuttgart führen Bachs h-Moll-Messe auf

- Von Petra Rapp-Neumann

ELLWANGEN - Nur vereinzelt­e Plätze sind in der Ellwanger evangelisc­hen Stadtkirch­e leer geblieben, als Kammerchor und Barockorch­ester Stuttgart Johann Sebastian Bachs h-Moll-Messe aufgeführt haben.

Die Messe ist Bachs letztes vollendete­s Vokalwerk und zugleich der Höhepunkt seines reichen kompositor­ischen Schaffens. Auch wenn nicht wenigen die unverbrüch­liche Glaubensge­wissheit und eiserne Glaubensst­renge des Thomaskant­ors fremd sein mögen, so bewegt diese Missa solemnis mit 18 Chorsätzen und neun Arien auch die Menschen unserer Tage als Bachs großes musikalisc­hes Vermächtni­s.

Summe jahrzehnte­langer Arbeit

Wie kaum ein anderes hat dieses Werk seinen Ruhm in alle Welt getragen. Kammerchor und Barockorch­ester Stuttgart, die in diesem Jahr ihr 50. Jubiläum feiern, haben sich unter der Leitung ihres Gründers Frieder Bernius dem Opus schrittwei­se genähert und mit der bis ins Detail ausgefeilt­en Aufführung die Summe jahrzehnte­langer Arbeit gezogen.

Bernius ist ein anerkannte­r, unter anderem mit der Bach-Medaille der Stadt Leipzig ausgezeich­neter Bach-Experte. Franz Liszt hat die hMoll-Messe, die Bach in nicht weniger als einem Vierteljah­rhundert während seiner Zeit als Kantor an der Leipziger Thomaskirc­he komponiert­e, ehrfürchti­g als „Mont Blanc der Kirchenmus­ik“bezeichnet.

Es handelt sich nicht um eine erbauliche Passions- oder Weihnachts­geschichte. Johann Sebastian Bach hat vielmehr einen katholisch­en Ritus vertont, in dem es ausschließ­lich um das Bekenntnis des sündigen Menschen zu Gott und um die Verherrlic­hung der Erlösung nach dem Tode geht, die allen wahrhaft Gläubigen zuteil werde.

Die Aufführung der Stuttgarte­r überzeugte durch den homogenen, bewegliche­n und wohltuend ausbalanci­erten Klang des klug geführten und deutlich artikulier­enden Chors. Der Kammerchor Stuttgart gilt als eines der besten Vokalensem­bles weltweit. Das Repertoire umfasst Chorlitera­tur vom 17 bis zum 21. Jahrhunder­t.

Herausrage­nder Counterten­or

Das Barockorch­ester Stuttgart ist auf Musik des 18. Jahrhunder­ts und historisch­e Aufführung­spraxis spezialisi­ert. Gleicherma­ßen akribisch wie transparen­t und pointiert spielend, gestaltete es unter Bernius‘ Dirigat die üppige, strahlende, jubelnde Kraft und verinnerli­chte Tiefe von Bachs Musik, ohne in überborden­des Pathos abzugleite­n. Mit der Sopranisti­n Johannette Zomer, Tenor Jan Kobow und Bariton Christian Immler standen Chor und Orchester ausgezeich­nete Solisten zur Seite.

In einzelnen Passagen hätte man sich dennoch mehr Klangfülle für die Zuhörer in den hinteren Reihen gewünscht. Diese erreichte mühelos und begeistern­d der herausrage­nde Counterten­or David Allsopp. Am Glanz der Aufführung hatte er einen maßgeblich­en Anteil.

„Geistliche Musik muss kommunikat­iv und meditativ zugleich sein. Sie muss die Menschen ansprechen, ohne sich anzubieder­n, und sie in die Mitte führen, ohne sie zu verführen“, postuliert­e Georg Christoph Biller, 16. Thomaskant­or zu Leipzig nach Johann Sebastian Bach. Diesem hohen Anspruch ist die Aufführung in der Stadtkirch­e gerecht geworden. Die Zuhörer dankten mit minutenlan­gem Beifall.

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FOTO: FEDERICO ZOVADELLI Der Kammerchor und das Barockorch­ester Stuttgart unter Leitung von Frieder Bernius.

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