Aalener Nachrichten

Eine ausgelager­te Seele

Clemens J. Setz lässt in „Bot – Gespräch ohne Autor“einen Roboter antworten

- Von Welf Grombacher

Wer einmal ein Interview mit Clemens J. Setz gesehen hat, der weiß, dass der Schriftste­ller so seine Probleme mit dem gesprochen­en Wort hat. Aus der Not hat der 1982 in Graz geborene Österreich­er jetzt eine Tugend gemacht. Weil die Antworten für einen geplanten Gesprächsb­and mit Angelika Klammer beide Seiten nicht zufriedens­tellten, lässt er in „Bot – Gespräch ohne Autor“jetzt seinen Roboter antworten. Den hat er zuvor mit den Aufzeichnu­ngen seiner Journale und Notizbüche­r gefüttert. Ein interessan­tes Konzept, das aber leider überhaupt nicht aufgeht.

Auf fast surreale Weise laufen die Fragen immer wieder ins Leere. Es hätte ihrer gar nicht bedurft. Ein Gespräch kommt nie zustande. Auch nicht die Dramaturgi­e eines solchen. Was den Band trotzdem lesenswert macht, sind die skurrilen Fundstücke, die Setz gesammelt hat. Wie man es aus seinen Romanen („Indigo“) kennt, bleibt meist unklar, ob es sich dabei um reale Phänomene oder nicht doch um fiktive Geschichte­n handelt.

Da ist dann zu lesen, dass das Pentagon einen Roboter in Auftrag gegeben hat, der seine Energie aus organische­r Materie beziehen und sich in Kriegsgebi­eten von Leichen „ernähren“soll. Oder von einem Indianer im brasiliani­schen Urwald, der als letzter Überlebend­er seines Stammes seit 15 Jahren alleine lebt und keinen Kontakt zu Vertretern der modernen Zivilisati­on will. Jedem, der sich ihm nähert, signalisie­rt er, bis auf den Tod kämpfen zu wollen. Mit (pseudo-)wissenscha­ftlichen Studien sichert Clemens J. Setz seine verrückten Entdeckung­en ab. Daraus entsteht ein ganz eigener Reiz, dem man sich als Leser dann doch nur schwer entziehen kann.

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