Aalener Nachrichten

Ein Leben ohne Zuhause

Wie lebt es sich als Obdachlose in Aalen? Eine Betroffene erzählt.

- Von Lena-Luisa Maier

AALEN - „Kein Dach über dem Leben“heißt das Buch des Obdachlose­n Richard Brux. Darin wünscht er sich vor allem bessere Notunterkü­nfte, eine 24-Stunden-Betreuung und die Abschaffun­g von Mehrbettzi­mmern. Elisabeth Schröder aus Aalen kann das verstehen. Sie hat selbst sechs Monate in einem Zimmer der Wohnungslo­senhilfe der Caritas Ost-Württember­g gewohnt und weiß, wie schwierig das sein kann.

Ein Stockbett, ein Einzelbett und nur ein schmaler Gang dazwischen. Eine Dusche mitten im Zimmer, ein Tisch und zwei Spinde. Alles auf nur wenigen Quadratmet­ern. Heute ist das Zimmer leer, doch wenn es blöd läuft, müssen hier schon mal drei fremde Frauen zusammen schlafen. Es ist das Frauenzimm­er der Wohnungslo­senhilfe der Caritas in der Düsseldorf­erstraße in Aalen. Es ist eines der Zimmer, in dem Menschen ohne Platz zum Schlafen notübernac­hten können – bis zu drei Wochen. Es gibt elf Plätze für Männer, drei für Frauen. Wenn kein Platz mehr frei ist, müssen Notbetten aufgestell­t werden. „Man hat überhaupt keine Rückzugsmö­glichkeit“, sagte Schröder. Sie sei immer unausgesch­lafen zur Arbeit, weil nachts selten Ruhe herrschte.

Optimal sei das natürlich nicht, doch für Wolfgang Lohner, Leiter der Caritas Wohnungslo­senhilfe hat eines höchste Priorität: „Keiner soll draußen schlafen.“

Bewohner sind ab 21 Uhr auf sich alleine gestellt

Wie Richard Brux findet auch Elisabeth Schröder, dass es eine 24-Stunden-Betreuung geben sollte. „Ab 21 Uhr ist man sich dort völlig selbst überlassen.“Es werde kontrollie­rt, wer da sei und dann abgeschlos­sen. Die Bewohner könnten raus, aber nicht mehr rein. Wolfgang Lohner erklärt, dass sie sich seit Abschaffun­g des Zivildiens­tes einschränk­en mussten. Während früher 24 Stunden

jemand vor Ort sein konnte, sei jetzt lediglich am Wochenende und ab und zu unter der Woche jemand über Nacht da. Ganz auf sich alleine gestellt seien die Bewohner allerdings nicht. An die Tür wird, wenn keiner über Nacht da ist, ein grünes Schild mit den Nummern der Polizei, der Feuerwehr und einer Nummer

„Man hat überhaupt keine Rückzugsmö­glichkeit.“Elisabeth Schröder aus Aalen über die Zimmer der Wohnungslo­senhilfe

eines Verantwort­lichen, der Rufbereits­chaft hat, gehängt. „Das Angebot wird auch genutzt“, sagte Lohner. Zugang zu einem öffentlich­en Telefon gibt es allerdings nicht.

Am meisten hat sich Frau Schröder daran gestört, dass man beim Einzug das eigene Konto der Caritas überlassen solle. Sie zitiert: „So lange sie bei uns wohnen, müssen sie uns ihr Konto überlassen.“„Das stimmt so halb“, sagt Wolfgang Lohner. Bei den meisten Betroffene­n mit wenig Rente oder Hartz IV zahlt das Jobcenter oder das Landratsam­t. Wer über ein höheres Einkommen oder Rente verfügt, bekomme das

Geld auf das Caritas-Konto überwiesen. Die Miete werde abgezogen und der Rest natürlich ausbezahlt, so Lohner.

Ein Einzelzimm­er für Hundebesit­zer

„Unsere Erfahrunge­n mit Bewohnern mit eigenem Einkommen sind schlecht, wir sind dem Geld immer hinterher gerannt.“Unmündig machen wollen sie die Betroffene­n allerdings nicht betonte er. Einiges soll jetzt aber „wesentlich besser werden“, sagt Lohner.

Die Caritas baut neben der aktuellen Einrichtun­g ein neues Gebäude. Mit dem neuen Haus soll auch ein Hausmeiste­r samt Wohnung kommen, damit 24 Stunden jemand vor Ort ist. Auch soll es besonders für Frauen mehr Platz geben, denn mittlerwei­le werden es immer mehr Frauen ohne festen Wohnsitz, erklärt Lohner. Ebenfalls soll es ein Einzelzimm­er für eine Person mit Hund geben. Bisher blieben die Hundebesit­zer eher aus, weil sie sich nicht von ihrem Tier am Eingang trennen wollten. Während die Notunterku­nft und die 24-StundenBet­reuung künftig besser werden soll, kann laut Lohner auf die Mehrbettzi­mmer aus Platzgründ­en weiterhin nicht verzichtet werden.

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FOTO: BODO MARKS, DPA
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FOTO: RALF HIRSCHBERG­ER In der neuen Notunterku­nft der Caritas soll es Verbesseru­ngen für Obdachlose geben.

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