Geschichte aus der Sicht der Besiegten
Michael Steffels stellt im Literatur-Treff Werke des Schubart-Literaturpreisträgers Hellmut G. Haasis vor
AALEN (lem) - Als Historiker zeigt er Geschichte aus der Sicht der Besiegten. Als Schriftsteller schreibt er über diejenigen, die aufstehen gegen das Unrecht. Und wenn sein Manuskript nicht dem Mainstream der großen Verlage entspricht, gründet er eben selbst einen Verlag. 1999 bekam Hellmut G. Haasis den Schubart-Preis, der Ausschlag für den Literaturpreis der Stadt Aalen war sein Buch über den Justizmord an dem württembergischen Hoffinanzier Joseph Süß Oppenheimer („Jud Süß“). Der Literatur-Treff widmete sich jetzt dem Autor in der „wortgewaltig“-Reihe.
Michael Steffel, Leiter der Stadtbibliothek Aalen, hat viel recherchiert über Haasis: Eine beachtliche Aufgabe angesichts seiner vielen Werke. Allein die drei Bände „Spuren der Besiegten“decken die Zeitachse der Germanenkämpfe bis zu den Atomkraftgegnern ab. Die Geschichtsschreibung war lange Zeit Sache der Sieger, Erfolgreichen und Populären. Steffel zeigt das in der Stadtbibliothek am Beispiel der Reformatoren Thomas Münzter und Martin Luther. Gefeiert der eine, eher eine Randnotiz der andere. Lange Zeit, so Steffels, stammte die Geschichtsschreibung aus der Feder der Reichen, Mächtigen und Regierenden – für die Besiegten gab’s „Massengräber und Flüche.“
Am 7. Januar 1942 wurde Hellmut G. Haasis geboren, „zwischen Weihnachten und Mühlacker“, das G. steht für Gottlieb. Steffel sieht ihn ganz in der Tradition derer, die „das Maul aufreißen“und ungehorsam sind, weil es ihnen ihr Gewissen sagt. Als sich die großen Verlage jahrelang weigerten, ein Buch zu veröffentlichen, gründete er den „Selbst“-Verlag „Der Freiheitsbaum“, Symbol der revolutionären Bestrebungen Ende des 18. Jahrhunderts und mit der roten Jakobinermütze als Verlags-Signet.
Haasis hat unter anderem über das Attentat auf Reinhard Heydrich („Tod in Prag“) geschrieben, das Psychogramm eines Mörders und „EdelNazis“, über die „Edelweißpiraten“, Revolutionäre und andere und über den Justizmord an Oppenheimer. Dafür bekam er 1999 den SchubartPreis. Völlig zu Recht, weil sich die Themen Widerstand und Freiheit „wie ein roter Faden“durch seine Bücher zieht, sagt Steffel. Im gleichen Jahr erschien „Den Hitler jag‘ ich in die Luft“, für Steffels hat er damit das Buch über Oppenheimer noch „getoppt“: Denn die für eine breite Leserschaft geschriebene Biographie über den Hitler-Attentäter Georg Elser aus Königsbronn habe erst dessen Würdigung angestoßen – zuvor hatte Elser in der Gedenkkultur des Widerstands im Nationalsozialismus kaum eine Rolle gespielt.