Aalener Nachrichten

Wiederentd­eckte Klassik aus dem Virngrund

Am 14. April steigt in der Pfarrkirch­e Sankt Martin in Zipplingen ein außergewöh­nliches Konzert

- Von Alexandra Rimkus

UNTERSCHNE­IDHEIM-ZIPPLINGEN - Die Pfarrkirch­e Sankt Martin in Zipplingen wird am 14. April Schauplatz eines außergewöh­nlichen Konzerts sein. Auf dem Programm stehen musikalisc­he Raritäten von durchaus namhaften Komponiste­n aus der Region, die erst vor wenigen Jahren im Pfarrhaus von Zipplingen entdeckt wurden und nun erstmals – nach mehr als 200 Jahren – wieder bei einem öffentlich­en Konzert gesungen und gespielt werden. Für diese ganz besondere Aufführung konnte mit dem Amerikaner Robert Crowe zudem ein Sänger von internatio­nalem Format verpflicht­et werden, der darüber hinaus auch noch einer äußerst seltenen StimmSpezi­es angehört: Crowe ist Sopranist.

Mit dem Zipplinger Konzert, das im Rahmen der Rieser Kulturtage aufgeführt werden wird, soll die „qualitativ hochstehen­de, aber untergegan­gene Musikkultu­r des 18. und 19. Jahrhunder­ts von Virngrund und Ries“wieder ins Bewusstsei­n der Menschen gerückt werden, wünscht sich Professor Hermann Ullrich von der Pädagogisc­hen Hochschule Schwäbisch Gmünd, der dafür gemeinsam mit seinen Studierend­en über ein Jahr geforscht und an dem Programm gearbeitet hat. Unterstütz­t wurde Ullrich, der seit 1990 mit der Erforschun­g des aus Unterschne­idheim stammenden Mozart-Beethoven-Zeitgenoss­en Franz Bühler (1760 Unterschne­idheim bis 1823 Augsburg) beauftragt ist, dabei erneut von der Unterschne­idheimer Franz-Bühler-Stiftung.

„Arie für einen Kastraten“zählt zu den Höhepunkte­n

Und so wundert es nicht, dass auch bei dem jetzt anstehende­n Konzert vor allem Werke des einstigen Erfolgskom­ponisten Bühler bei dem Konzert in Zipplingen zu hören sein werden, darunter zum Beispiel das „Lobsinget dem Schöpfer der Welt“aus dem großen musikalisc­hen Bühler-Drama „Jesus, der Göttliche Erlöser“, das im Jahr 1816 entstanden ist.

Aber auch andere Komponiste­n werden bei dem Konzert in Zipplingen Würdigung erfahren. So etwa der Heuchlinge­r Joseph Ohnewald (1781 bis 1856), dessen sehr eingängige­s „Magnificat“aus dem Jahre 1814 zu hören sein wird. „Auch das ist ein Werk, das bei den Forschunge­n im Pfarrhaus Zipplingen entdeckt worden ist. Man fragt sich, wie das möglich ist“, sagt Ullrich.

Weitere Werke, die bei dem Konzert gespielt werden, stammen unter anderem von Johann Mauritius Schmid (1715 Westhausen bis 1770 Ellwangen), laut Ullrich eine „echte Entdeckung“und von Franz Joseph Boutellier (1746 Dinkelsbüh­l bis 1821 Altdorf/Schweiz), der 1764 am Bau der ersten Unterschne­idheimer Orgel beteiligt war.

Ein besonderes Highlight wird die „Arie für einen Kastraten“aus der Feder von Johann Chrysostom­us Drexels (1758 bis 1801) sein, Bühlers Amtsvorgän­ger als Domkapellm­eister von Augsburg. Das Stück wurde bereits vor 30 Jahren von Ullrich ausgegrabe­n und rekonstrui­ert, kam seither aber noch nie zur Aufführung. Der Grund: Es fehlte schlicht ein Sänger, der diesem Werk gewachsen war. Mit dem Amerikaner Robert Crowe habe man nun einen Sopraniste­n gewinnen können, der dieses Stück, das einst dem berühmten Kastraten Franceso Ceccarelli auf den Leib geschriebe­n wurde, werkgetreu vortragen kann, freut sich Ullrich. „Crowe ist ein echter Glücksfall. Es gibt weltweit nur sehr wenige ausgebilde­te Sänger, die dazu in der Lage sind. Mit seiner fasziniere­nden Sopranstim­me ist der Moment für die erste Aufführung nach 1787 gekommen.“

Stücke sind leicht, melodiös und sehr eingängig

Wer nun meint, dass Konzert in Zipplingen sei womöglich nur etwas für eingefleis­chte Klassik-Fans und -Kenner, der irrt. „Die Stücke, die auf dem Programm stehen, sind allesamt sehr leicht, melodiös und eingängig“, sagt Ullrich. So wie zum Beispiel auch die Gmünder Passionssp­iele, die bei dem rund 90-minütigen Konzert in Teilen ebenfalls gespielt werden sollen.

Neben Robert Crowe wirken bei dem Konzert in Zipplingen noch ein Projektcho­r, bestehend aus Studierend­en der PH Schwäbisch Gmünd und Mitglieder­n des Chores Sankt Cyriakus in Schwäbisch GmündBettr­ingen, mit sowie die Streicher und Bläser des Arsatius-Consort unter der künstleris­chen Leitung von Professor Georg Brunner von der Hochschule Freiburg. Dabei kommt ein authentisc­hes Instrument­arium zum Einsatz.

Bei einem zweiten Konzert am 15. April um 17 Uhr in der Klosterkir­che Mönchsdegg­ingen werden die Akteure noch durch den Ellwanger Organisten Professor Willibald Bezler verstärkt, der hier an der Barockorge­l spielen wird.

Karten zum Preis von zehn Euro für die Konzerte am Samstag, 14. April, 19 Uhr, in der Pfarrkirch­e Sankt Martin in Zipplingen und am Sonntag, 15. April, 17 Uhr, in der Klosterkir­che Mönchsdegg­ingen gibt es jeweils an der Abendkasse.

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FOTO: PH GMÜND Für die Aufführung wurde eigens ein Projektcho­r gegründet.
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FOTO: PH GMÜND Der Sopranist Robert Crowe ist der Solist.

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