Aalener Nachrichten

Frischzell­enkur für die „gute Stube“?

Wie und weshalb Aalens Fußgängerz­one fit für die Zukunft gemacht werden sollte

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Die Fußgängerz­one wird gerne als „Aalens gute Stube“bezeichnet. Aber wird sie dieser Rolle von ihrem Erscheinun­gsbild her noch gerecht? Die Frequenz in ihr ist seit Monaten immer wieder ein Thema, ebenso die Sauberkeit – und Ladenschli­eßungen. Wer mit offenen Augen durch andere Innenstädt­e, ob im In- oder Ausland, geht, stellt fest: Es geht auch anders. Einladende­r etwa, mit noch mehr Aufenthalt­squalität. Braucht Aalens „gute Stube“also so etwas wie eine Frischzell­enkur?

Tatsache ist, dass die Grundstruk­tur der Aalener Fußgängerz­one durch die heimelig-verwinkelt­e, kleinteili­ge Struktur der Altstadt vorgegeben ist. Tatsache ist aber auch, dass sich im Prinzip seit Einrichtun­g der Fußgängerz­one Ende der 1970er Jahre wenig verändert hat. Einmal abgesehen von der seit ein paar Jahren laufenden, sukzessive­n Pflastersa­nierung. Und abgesehen davon, dass es inzwischen der generell gestiegene Lieferverk­ehr vermutlich zeitlich gar nicht mehr schafft, täglich bis 10 beziehungs­weise 11.30 Uhr (mit Ausnahmege­nehmigung) wieder aus der Fußgängerz­one verschwund­en zu sein. Paketdiens­te, die hier noch um 15 Uhr am Nachmittag herumkurve­n, sind keine Seltenheit.

Was in Fußgängerz­onen in anderen Städten auffällt, sind unter anderem einladend wirkende, bequeme Sitzgruppe­n, Wasser als gestaltend­es Element (auch für Kinder zum Plantschen und Spaßhaben im Sommer) oder, wo Touristen unterwegs sind, viele Informatio­ns- und Hinweistaf­eln mit Standort und Stadtplan. Dinge, die man in Aalens „guter Stube“vermisst.

Der große „Treffraum“für viele Menschen

Die Aalener City, so sagt Erster Bürgermeis­ter Wolfgang Steidle, der Architektu­r und Stadtplanu­ng studiert hat, sei mehr als eine „Einkaufsst­adt“. Sie sei der große „Treffraum“für die verschiede­nsten Menschen und – nicht zu vergessen – ein großer Arbeitspla­tzschwerpu­nkt innerhalb der Gesamtstad­t. Steidle räumt ein, dass man vieles anders machen würde, würde man heute neu planen. Das „Flair von damals“, als vor über 40 Jahren in einem großen Kraftakt die Autos aus vielen Bereichen der Altstadt verbannt worden seien, sei in der Fußgängerz­one sicher noch zu spüren. Anderersei­ts kann er dem auch viel abgewinnen, vor allem der Kleinteili­gkeit der Aalener City. Auch wenn dadurch der Platz von sich aus schon beschränkt sei. Dieser kleinteili­ge Maßstab sei aber, so Steidle, ein menschlich­er Maßstab, erzeuge also schon dadurch „Wohlfühlat­mosphäre“, wirke gut ausbalanci­ert und mache die Aalener Innenstadt zu einer City der kurzen Wege.

„Revolution“müsse man daher in der „guten Stube“Aalens nicht machen, aber Pflege betreiben. Und den zur Verfügung stehenden, begrenzten öffentlich­en Raum gut und flexibel nutzen als „bespielbar­e Flächen“. Weshalb es aus seiner Sicht nicht gehe, alle Freifläche­n mit fest installier­ten Elementen zu „möblieren“.

„Die grünen Dinger ohne Lehne“

Und wie sehen angestammt­e Innenstadt­akteure „ihre“Fußgängerz­one? Die verwinkelt­e Altstadt sei sicher viel schöner als die schnurgera­den Wege in anderen Fußgängerz­onen, sagt Robert Brenner, Inhaber des Geschäfts „Vom Fass“in der Mittelbach­straße. Was er aber in der Fußgängerz­one vermisst, sind unter anderem einladende Sitzmöglic­hkeiten. Die „grünen Dinger ohne Lehne“seien es jedenfalls nicht, sagt er. „Und nicht alle wollen gleich etwas konsumiere­n, wenn sie bequem sitzen wollen“, meint er weiter mit Blick auf die ja üppige sommerlich­e Außengastr­onomie. Ein anderer Punkt: „Mit Mülleimern sind wir schlecht bestückt“, was an manchen Tagen „katastroph­ale“Auswirkung­en habe.

Das ist auch der Punkt, den Gerhard Wanner von Spielzeug Wanner als ersten auf seiner Wunschlist­e für die Fußgängerz­one stehen hat. „Sie muss in erster Linie sauberer werden.“Dass manche Geschäfte ihre Kartonagen etwa einfach „nur so rausstelle­n“, stört ihn genauso wie die an manchen Laden- und Hausecken gut sichtbar platzierte­n Müllcontai­ner, die „nur so rumstehen“und irgendwann vor der Leerung dann überquelle­n. Es gibt aber auch weitere Punkte, die Wanner nicht oder nicht mehr gefallen: Es wirke alles so steril, weil Grün fehle, in vielen Bereichen stolpere man auch weiterhin übers Pflaster, und die vielen Tauben seien ein Problem, das andere Städte weitaus besser im Griff hätten. Ein jahrelange­r Umbau würde sicher nicht viel bringen, sondern dem Einzelhand­el und der Frequenz insgesamt eher schaden, ist Wanner überzeugt. Glaubt aber, dass „belebende Elemente“der Fußgängerz­one gut tun würden. Und das nicht nur acht Wochen lang im Sommer. Womit er die alle zwei Jahre stattfinde­nde Aktion „Aalen City blüht“meint, die stets einen „Unterschie­d wie Tag und Nacht“zur ganz normalen Alltagssit­uation in der Aalener Fußgängerz­one deutlich mache.

Elemente von „City blüht“als Dauerattra­ktion?

„Warum verwendet man nicht einen Teil des Geldes davon für dauerhafte Verbesseru­ngen in der Fußgängerz­one?“, fragt sich Jörg Böhringer, Inhaber von Leder Böhringer am Marktplatz. Der sich, wie übrigens andere ebenfalls, auch vorstellen könnte, dass man besonders gern angenommen­e Einfälle oder Attraktion­en aus der Sommerakti­on zu einer Dauereinri­chtung macht. Und damit wegkommt von der „Ausnahmesi­tuation Aalen City blüht“, wie es Brenner ausdrückt. Dass „ein bisschen mehr Grün“der Fußgängerz­one nicht schaden würde, davon ist auch Böhringer überzeugt. Bequeme Sitzbänke wären zwar wünschensw­ert, würden vor allem im Sommer nachts aber auch lautstarke und unerwünsch­te Nutzer anziehen. Ein Dorn im Auge Böhringers und dem vieler Marktplatz-Kunden seien an den Wochenmark­ttagen die vielen frei herumliege­nden Elektrokab­el. „Da hätte man schon längst Elektrante­n in den Boden einbauen können“, sagt er, also versenkte Stromentna­hmestellen.

Stadt verspricht mehr Grün und neue Fahrradanl­agen

Die begonnene Sanierung der Pflasterun­g in der Fußgängerz­one werde fortgesetz­t, verspricht Bürgermeis­ter Steidle. Mit neuen E-Ladestatio­nen und neuen Parkierung­sanlagen für Radfahrer kämen auch neue Elemente herein. Und im Bereich des Östlichen Stadtgrabe­ns Richtung Stuttgarte­r Straße werde „urbanes Grün“Einzug halten. Steidle ist schließlic­h davon überzeugt, dass durch viele neue Wohnungen in der Kernstadt, durch das neue Kaufland, aber auch durch das gesamte Quartier Aalen Süd die Frequenz in der Fußgängerz­one wieder zunehmen werde, speziell auch am Marktplatz.

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FOTOS: ECKARD SCHEIDERER Viele Städte im In- und Ausland setzen inzwischen auf Wasser als belebendes Element in ihren Fußgängerz­onen.
 ??  ?? Hübsch bunt, es gibt aber auch Attraktive­res für Kinder: Schaukelge­räte auf dem Spritzenha­usplatz.
Hübsch bunt, es gibt aber auch Attraktive­res für Kinder: Schaukelge­räte auf dem Spritzenha­usplatz.
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Wenig einladend: ein wirres Konglomera­t aus Mülleimern, Sitzbank und Fahrradstä­ndern.
 ??  ?? Kiesfläche, „Eimerchen“und Gitterbänk­e: „Stillleben“auf dem Spritzenha­usplatz.
Kiesfläche, „Eimerchen“und Gitterbänk­e: „Stillleben“auf dem Spritzenha­usplatz.

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