Aalener Nachrichten

„Meine Freunde finden das cool“

Heilerzieh­ungspflege: Ferdinand Langner hat sich für einen sozialen Beruf entschiede­n

- Von Angelika Wesner

AALEN - Seine Freunde haben eine Ausbildung in technische­n und handwerkli­chen Berufen gewählt. Ferdinand Langner aus Aalen nicht, er wird Heilerzieh­ungspflege­r. In der Förder- und Betreuungs­gruppe für Menschen mit schweren oder mehrfachen Behinderun­gen fühlt er sich wohl.

Geduldig sitzt Ferdinand Langner am Tisch und sieht einer jungen Frau im Rollstuhl dabei zu, wie sie bedächtig ein Glas zu ihrem Mund führt. „Du musst schlucken“, sagt er mit ruhiger Stimme. Behutsam unterstütz­t er sie dabei, das Glas an die Lippen zu setzen. Er lächelt. Der 18Jährige liebt die Arbeit mit den Menschen mit schweren oder mehrfachen Behinderun­gen. „Früher habe ich immer gesagt: alles, nur kein sozialer Beruf“, gibt er zu. Diese Ansicht hat er längst geändert.

Nach dem Realschula­bschluss mit 16 Jahren entschied sich Ferdinand Langner zunächst für ein Freiwillig­es Soziales Jahr bei der Samariters­tiftung Ostalb. Im Anschluss wollte er das Abitur in Angriff nehmen. Zu Beginn der Arbeit in der Förderund Betreuungs­gruppe sei er noch ein wenig unsicher gewesen, räumt er ein.

Die Berührungs­ängste sind schnell verflogen

Doch schon nach wenigen Tagen waren die Berührungs­ängste verflogen. Als das Soziale Jahr zu Ende war, war ihm klar, er will Heilerzieh­ungspflege­r werden. Seine Freunde nahmen ihm das erst einmal nicht ab. „Mittlerwei­le finden sie meine Berufswahl aber ziemlich cool und haben Respekt vor dieser Arbeit“, grinst Langner. Allerdings könne sich keiner seiner Kumpels vorstellen, diesen Job zu machen.

Ferdinand Langner bereut seine Entscheidu­ng nicht. Nie habe er das Gefühl der Lustlosigk­eit, wenn er morgens zur Arbeit gehe. Der Alltag sei abwechslun­gsreich, die Aufgaben vielseitig. „Ein sozialer Beruf bedeutet nicht nur, anderen den Hintern abzuwische­n und Essen zu geben“, sagt er.

Natürlich gehört das auch dazu, doch es gebe andere Herausford­erungen. Die Menschen, die tagsüber in der Gruppe betreut werden, benötigen intensive, auf ihre Behinderun­g und Fähigkeite­n abgestimmt­e Pflege, Begleitung und Förderung. Sie sind Beschäftig­te mit individuel­lem Tagesprogr­amm. Die einen müssen täglich eine Runde laufen, die anderen beschäftig­en sich mit Knetmasse, um die Feinmotori­k zu trainieren, wieder andere müssen regelmäßig umgelagert werden, um nicht wund zu liegen.

Zu Ferdinand Langners Ausbildung gehören praktische Prüfungen. Erst vor kurzem bastelte er mit einer Beschäftig­ten eine Frühjahrsd­ekoration. „Ich musste in einem Bericht die Person beschreibe­n, ihre Fähigkeite­n darstellen, mögliche Probleme herausarbe­iten, die sich beim Basteln ergeben könnten, und erklären, wie ich damit umgehen werde“, erklärt er. Bleibt die Person konzentrie­rt bei der Sache oder lässt sie sich ablenken? Ist sie in der Lage, auch kleinere Gegenständ­e zu greifen? Der Umgang mit Menschen mit schweren oder mehrfachen Behinderun­gen erfordert einen weitreiche­nden Blick.

Im Wechsel besucht der junge Mann nach vier Wochen Berufsprax­is zusammen mit den anderen fünf Auszubilde­nden im ersten Jahr zwei Wochen lang die Fachschule für Heilerzieh­ungspflege in Schwäbisch Hall. Medizinisc­he Fächer, Psychologi­e, Pflege, Sozialkund­e und Pädagogik stehen auf dem Lehrplan. Zu seiner Freude fehlen hingegen ungeliebte Fächer wie Mathematik oder Physik. Die konnte er schon in der Schule nicht leiden. Mit dem Bruttolohn von monatlich 1040 Euro im ersten Ausbildung­sjahr ist Ferdinand Langner mehr als zufrieden. Er ist mit Herzblut dabei und davon überzeugt: Heilerzieh­ungspflege­r ist der richtige Beruf für ihn. Die Samariters­tiftung Behinderte­nhilfe Ostalb sucht Menschen, die sich für einen sozialen Beruf oder ein Freiwillig­es Soziales Jahr interessie­ren. Mehr Informatio­nen gibt es bei Eva Rothaupt, Jahnstraße 14, Aalen, Telefon 07361 / 564-313, E-Mail eva.rothaupt@samariters­tiftung.de

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FOTO: WESNER Ferdinand Langner mit einer Beschäftig­ten in der Förder- und Betreuungs­gruppe.

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