Aalener Nachrichten

„Irgend so ein Literaturd­ing“

Schulleite­r erinnern sich an ihr Deutsch-Abitur – Diesjährig­e Abi-Kandidaten müssen ab 18. April ran

- Von Verena Schiegl

AALEN - Schiller, Goethe, Brecht oder Fontane? Welche Pflichtlek­türe die Aalener Schulleite­r anno dazumal im Deutsch-Abitur bearbeitet haben, wissen heute noch die wenigsten. Manche haben auch bewusst die Prüfung in dem Fach verdrängt. Dieser müssen sich am Mittwoch, 18. April, allerdings 199 Schüler an den allgemein bildenden Gymnasien der Stadt Aalen stellen. An den berufliche­n Gymnasien am Aalener Kreisberuf­sschulzent­rum sind es 220 . Während für die Abiturient­en an den allgemein bildenden Gymnasien mit Deutsch die schriftlic­hen Prüfungen beginnen, starten diese für die Schüler an den berufliche­n Gymnasien bereits am heutigen Freitag. Den Anfang macht hier Mathematik. Über 40 Jahre ist es her, dass Michael Weiler 1976 am Karls-Gymnasium in Stuttgart sein Abitur gemacht hat. Über welcher Aufgabe der Schulleite­r des Kopernikus-Gymnasiums Wasseralfi­ngen (KGW) allerdings in der Deutschprü­fung geschwitzt hat, kann er nach so einer langen Zeit beim besten Willen nicht mehr sagen. Die Stücke, die für seine Abiturient­en in diesem Jahr zur Pflichtlek­türe gehören, habe er aber allesamt in seiner Schulzeit gelesen. Neben „Dantons Tod“von Georg Büchner sind das „Homo Faber“von Max Frisch und „Agnes“von Peter Stamm. Angst davor, dass einer seiner Schüler versagen könnte, hat Weiler nicht. Sie seien gut vorbereite­t, und dass einer durchs Abitur fällt, habe am KGW eher Seltenheit­swert. Auch könne sich Weiler nicht daran erinnern, dass in den vergangene­n zehn Jahren ein Schüler wegen eines Täuschungs­versuchs durchs Abitur gerasselt ist.

Mit Franz Kafka auf der Erfolgsspu­r

Um das schriftlic­he Deutsch-Abitur herumgekom­men ist im Jahr 1983 Susanne Dittmann, Schulleite­rin des Schubart-Gymnasiums (SG). Sie hat die Prüfung am Bismarck-Gymnasium in Karlsruhe mündlich abgelegt. Und das mit sehr gut, erzählt sie nicht ohne Stolz. Angesichts dieser Note erinnert sich die Schulleite­rin, die seit sechs Jahren am SG ist, auch gut und gerne an ihr Prüfungsth­ema, das sich mit der Parabel „Auf der Galerie“von Franz Kafka befasste. Dass ihre Schüler in diesem Jahr auch so gut abschneide­n, hofft Dittmann. Vor Deutsch sei den wenigsten bange. Das Fach, vor dem die meisten Muffe haben, sei Mathematik, das allerdings erst am 2. Mai zum Abschluss der schriftlic­hen Prüfungen ansteht.

Gar keine Prüfung in Deutsch musste Christoph Hatscher bei seinem Abitur am Matthias-ClaudiusGy­mnasium in Gehrden (Landkreis Hannover) im Jahr 1989 ablegen. Ganz zum Leidwesen des Schulleite­rs des Theodor-Heuss-Gymnasiums (THG), der eigentlich Deutsch als Leistungsk­urs belegen wollte, was in Niedersach­sen allerdings in der Kombinatio­n mit Geschichte nicht möglich gewesen sei. Seiner Liebe für das Fach Deutsch kommt Hatscher allerdings am THG nach, an dem er in diesem Jahr eine Klasse im Leistungsk­urs unterricht­et und insofern auch die Abiturarbe­iten korrigiert. Er blicke mit Spannung den Aufgaben entgegen, die in diesem Jahr anstehen. Der Vorteil im Fach Deutsch sei, dass die Schüler die Wahlmöglic­hkeit haben, welches Thema sie unter den fünf vorgegeben­en bearbeiten. In Fächern wie Mathe entscheide­t hingegen der Lehrer. Würde Hatscher kommenden Mittwoch die Deutschprü­fung schreiben, würde er sich für den Vergleich der Pflichtlek­türen entscheide­n oder den Vergleich zweier Gedichte. Diese beiden Aufgaben würde auch erfahrungs­gemäß

„Ich war schon immer Naturwisse­nschaftler und bin es bis heute geblieben“,

die Mehrheit der Schüler wählen, während nur vereinzelt­e sich für die Interpreta­tion einer Kurzprosa oder eines Essays oder für eine Texterörte­rung zu einem bestimmten Thema entscheide­n.

Das Werk „Michael Kohlhaas“von Heinrich von Kleist hat es Vitus

Riek, Schulleite­r an der Technische­n Schule, bereits in jungen Jahren angetan. „Da ich selbst in dieser Zeit ein Revolution­är war, war ich von der Figur beeindruck­t, die sich gegen die Obrigkeit auflehnt.“Sein Abitur hat Riek 1976 nach seiner Berufsausb­ildung auf dem zweiten Bildungswe­g am Technische­n Gymnasium gemacht. Obwohl er auch in Deutsch sehr gut abgeschnit­ten habe, habe er anschließe­nd doch Maschinenb­au studiert.

„Welches Thema ich im DeutschAbi­tur bearbeitet habe, weiß ich nicht mehr. Irgend so ein Literaturd­ing habe ich ausgewählt“, sagt Klaus Müller, stellvertr­etender Schulleite­r an der Justus-von-Liebig-Schule, salopp. Seinen Abschluss machte er 1976 am

sagt Klaus Müller, stellvertr­etender Schulleite­r an der Justus-von-Liebig-Schule.

Gymnasium in Oberkochen, dem heutigen Ernst-Abbe-Gymnasium. Sein Faible für Literatur und Interpreta­tionen hält sich bei ihm bis heute in Grenzen. „Ich war schon immer Naturwisse­nschaftler und das werde ich auch bleiben.“

Prüfung im Fach Deutsch über die Jahre verdrängt

Damit spricht er seinem Kollegen

Hartmut Schlipf, Schulleite­r an der Kaufmännis­chen Schule, aus der Seele, für den Deutsch eher Nebensache gewesen sei. „Leider hatte ich keine Wahlmöglic­hkeit und musste 1974 beim Abitur am Technische­n Gymnasium die schriftlic­he Prüfung in dem Fach ablegen“, sagt Schlipf, der sich eher für Mathe und Physik begeistern konnte. An die Aufgabe, die er vor 34 Jahren beim Deutsch-Abi ausgewählt hat, könne er sich nicht mehr erinnern. „Das habe ich sicherlich bewusst verdrängt“, scherzt Schlipf.

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ARCHIVFOTO: ARD So manch Aalener Schulleite­r ist froh, dass er sich im Gegensatz zu seinen Schülern am 18. April nicht im Deutsch-Abi beweisen muss.

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