Aalener Nachrichten

Erst kommt der „Nato-TÜV“fürs Ulmer Kommando, dann warten neue Aufgaben

Stabsoffiz­iere aus zwölf Nationen im Manöver am PC – Stabsmäßig­e Führung der Mobilisier­ung und Verlegung großer Truppentei­le

- Von Ludger Möllers

STETTEN AM KALTEN MARKT Dass sich ausgerechn­et die friedliche südschwedi­sche Provinz Kalmar abspaltet und einem anderen politische­n Bündnis anschließt, ist in Wirklichke­it höchst unwahrsche­inlich. In der aktuellen, groß angelegten Nato-Übungsseri­e „Trident Jaguar“dagegen gilt Kalmar als Hort des Bösen. „Kalmar ist eine abtrünnige Region, die sich wieder ans Mutterland, an den ebenso fiktiven Staat Arnland anschließe­n soll.“

Oberstleut­nant Werner Christmann, er ist Schichtlei­ter in der Operations­zentrale (OPZ) des Ulmer Multinatio­nalen Kommandos Operative Führung, erfüllt im Übungsszen­ario einen Auftrag der Nato: „Die staatliche Einheit Arnlands, das die Nato um Hilfe gebeten hat, ist wiederherz­ustellen.“In der Übung haben Christmann und seine Offiziere im OPZ nur PCs, Netzwerke, Karten und ihre Erfahrung zur Verfügung. In Wirklichke­it würden sie mehrere Zehntausen­d Soldaten führen.

Am Ende der „Trident Jaguar“-Serie, die derzeit 160 Ulmer Soldaten aus zwölf Nationen unter Führung ihres Befehlshab­ers, Generalleu­tnant Jürgen Knappe, auf den Truppenübu­ngsplatz Heuberg führt, soll die Zertifizie­rung durch das nordatlant­ische Verteidigu­ngsbündnis stehen. Und nach dem „Nato-TÜV“hat das Bündnis auch schon neue Aufgaben für das Kommando in Aussicht: die Koordinati­on und den Schutz von Transport und Logistik. Seit mehreren Jahren bereiten sich die Ulmer Soldaten auf die Zertifizie­rung vor. Voraussich­tlich Ende Mai, nach einer erneuten Prüfphase mit anderen Aufgaben im norwegisch­en Stavanger, wird Generalleu­tnant Jürgen Knappe die begehrte Urkunde erhalten. Seine Soldaten stehen dann im Auftrag der Vereinten Nationen, der Nato oder der EU zur Führung von bis zu 60 000 Mann bereit. Ihr Alleinstel­lungsmerkm­al im Bündnis: „Weltweit verlegbar, teilstreit­kräfteüber­greifend, multinatio­nal“, betont der Pressespre­cher, Oberstleut­nant Hagen Messer.

Entscheidu­ng im Juni

Ganz offensicht­lich haben die Ulmer Soldaten beim Bündnis einen sehr guten Eindruck hinterlass­en. Denn schon vor der Zertifizie­rung sieht es so aus, dass zusätzlich zur Führung von Auslandsei­nsätzen eine neue Aufgabe auf die Ulmer wartet.

Verteidigu­ngsministe­rin Ursula von der Leyen (CDU) hat ihren Kollegen im Bündnis vorgeschla­gen, dass die Bundeswehr das neue Kommandoze­ntrum für schnelle Truppenund Materialtr­ansporte der Nato, ihre Koordinier­ung und Sicherung stellt. Als Standort wird Ulm favorisier­t. Die Entscheidu­ng wird im Juni fallen. Die Zeit drängt: Das Magazin „Der Spiegel“hatte 2017 einen NatoGenera­l zitiert, der sagte, nach dem Kalten Krieg habe man „das Bewegen von Truppen schlicht verlernt“. Das sei umso bedenklich­er, als die Nato zwar Truppen nach Estland, Lettland und Litauen verlegt hat, das aber bei einer Konfrontat­ion mit Russland nicht reichen würde. Und es gibt bürokratis­che Hinderniss­e. Ben Hodges, damals Oberkomman­dierender der US-Landstreit­kräfte für Europa, forderte deshalb die Einrichtun­g einer „militärisc­hen Schengen-Zone“, innerhalb derer sich Militärkon­vois ohne Kontrollen bewegen könnten.

Lob vom Generalleu­tnant

„Natürlich freuen sich meine Soldaten, dass die Nato uns vertraut“, sagt Generalleu­tnant Knappe. Die NatoPrüfko­mmissionen hätten in den vergangene­n Tagen die stabsmäßig­e Führung der Mobilisier­ung und Verlegung großer Truppentei­le für Militärope­rationen der Nato oder der EU unter die Lupe genommen. „Und das ist ordentlich über die Bühne gegangen“, lobt Knappe. Ob bei Auslandsei­nsätzen oder im Bereich Transport Logistik, immer gehe es um operative Führung, um Koordinati­on, um internatio­nale Zusammenar­beit: „Und das können wir.“

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FOTO: DPA Generalleu­tnant Jürgen Knappe beim mobilen Gefechtsst­and auf dem Truppenübu­ngsplatz Heuberg: Sein Ulmer Kommando steht derzeit in der Zertifizie­rung für weltweite Kriseneins­ätze.

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