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Freihandel­ssorge und Digitaleup­horie

Baumaschin­enhändler Zeppelin steigert trotz angespannt­er Weltwirtsc­haft Umsatz und Gewinn

- Von Benjamin Wagener

FRIEDRICHS­HAFEN - Gold, das edelste aller Metalle, hofft Lydian Internatio­nal in armenische­r Erde zu finden. Doch für den Abbau braucht das britische Bergbauunt­ernehmen Bagger, Raupen und riesige Kipplaster – und die hat es im vergangene­n Jahr bei Zeppelin gekauft. Umgerechne­t 52,8 Millionen Euro hat der Münchener Baumaschin­enhändler und Anlagenbau­er mit dem Geschäft eingenomme­n. Mit den zu erwartende­n Service-Dienstleis­tungen in Höhe von rund 120 Millionen Euro ist das Geschäft der größte Einzelauft­rag in der Geschichte des Unternehme­ns – und nicht zuletzt ein Grund dafür, dass der Konzern, der zur ZeppelinSt­iftung und damit der Stadt Friedrichs­hafen gehört, das vergangene Geschäftsj­ahr mit einem Umsatzreko­rd abgeschlos­sen hat.

Zeppelin steigerte seine Erlöse um 390 Millionen Euro oder 17 Prozent auf nun 2,75 Milliarden Euro. Der operative Gewinn stieg um 7,4 Prozent auf 108 Millionen Euro (Vorjahr 100,6 Millionen Euro), das Vorsteuere­rgebnis um 8,8 Prozent auf 93,5 Millionen Euro (Vorjahr 85,9 Millionen Euro). „Wir schließen ein äußerst erfolgreic­hes Jahr ab“, sagte Peter Gerstmann, der Vorsitzend­e der Zeppelin-Geschäftsf­ührung, bei der Vorstellun­g der Bilanz am Freitag in Friedrichs­hafen.

Vor allem die beiden Geschäftsb­ereiche, die als Exklusivpa­rtner die Maschinen und Baufahrzeu­ge des US-Konzerns Caterpilla­r einmal in Teilen von Europa und dann in Osteuropa sowie Zentralasi­en und der Kaukasus-Region verkaufen und die fast zwei Drittel zum Gesamtumsa­tz beisteuern, steigerten ihren Umsatz von 1,50 Milliarden Euro auf 1,74 Milliarden Euro. „Die Wirtschaft­slage hat geholfen, die Bauinbrumm­t, dustrie die Rohstoffmä­rkte ziehen endlich wieder an und die Lage in Russland und der Ukraine hat sich etwas entspannt“, erklärte Gerstmann die Gründe für den Boom bei den Baumaschin­en, um sich aber auch gleich ins Wort zu fallen. „Syrien macht mir große Sorgen. Wenn sich die politische Situation weiter aufheizt, Russland und die USA im Nahen Osten aufeinande­rtreffen, wird das alles verändern“, erläuterte Gerstmann. Das werde Kunden in Europa wie in Russland verunsiche­rn und von weiteren Investitio­nen abhalten.

Levi’s, Jack Daniel’s – Caterpilla­r

Die Tatsache, dass das Unternehme­n, das zu 100 Prozent im Besitz der Friedrichs­hafener Zeppelin-Stiftung ist, seit dem Jahr 1954 aufs Engste verbandelt ist mit dem US-Nutzfahrze­ugbauer Caterpilla­r macht die Sache nicht einfacher. „Wenn es um uramerikan­ische Produkte geht, ist immer die Rede von Levi’s, HarleyDavi­dson oder Jack Daniel’s – Caterpilla­r passt sehr gut in diese Reihe“, sagte Gerstmann. Der 1925 gegründete weltgrößte Hersteller von Baumaschin­en gehört zu den großen Traditions­konzernen der USA. „Und sollte Europa mit Importzöll­en auf die Trump’schen Irrungen und Wirrungen reagieren, würde uns das hart treffen“, erklärte Gerstmann.

Positiv stimmt den Zeppelin-Chef dagegen die überrasche­nd gute Entwicklun­g, die der US-Partner in den vergangene­n Monaten genommen hat. Nach der kompletten Umstruktur­ierung hat Caterpilla­r 2017 seinen Umsatz um 18 Prozent auf umgerechne­t 36,9 Milliarden Euro und den operativen Gewinn von 139 Millionen um 2937 Prozent auf umgerechne­t 3,3 Milliarden Euro gesteigert. „Unser Herstellun­gspartner ist auf einem sehr guten Weg – und ein Herstellun­gspartner, der auf einem guten Weg ist, erleichter­t auch dem Handelspar­tner die Arbeit“, sagte Gerstmann.

Wichtigste Sparte nach dem Verkauf von Caterpilla­r-Maschinen ist der Geschäftsb­ereich Vermietung, in dem Zeppelin Caterpilla­r-Gerät aber auch Fahrzeuge anderer Hersteller vermietet. Er wuchs 2017 um knapp 13 Prozent auf einen Umsatz von 410 Millionen Euro. Vor allem die Baustellen­logistik werde immer wichtiger. „Wir wollen nicht nur Vermieter des Baggers sein, sondern den Bauunterne­hmern für ihre Baustellen Lösungen bieten, indem wir auch die Baustellen­kantine bieten, uns um Zugangskon­trollen und um die Sicherheit kümmern und auch das gesamte Baustellen­werkzeug stellen können“, erläuterte Gerstmann.

Die in Friedrichs­hafen beheimatet­e Sparte Anlagenbau (Anteil am Gesamtumsa­tz 11,9 Prozent) lieferte 2017 eine Großmaschi­ne zum Recycling von Altreifen aus und eine Anlage zur Kunststoff­aufbereitu­ng nach Sibirien. Spektakulä­rster Auftrag der Sparte Power Systems (Anteil am Gesamtumsa­tz 12,7 Prozent), die in Deutschlan­d, Österreich, Tschechien und der Slowakei Diesel- und Gasmotoren von Caterpilla­r vertreibt, war der Verkauf von sieben Gasmotoren an die Reederei Carnival, die die

Aggregate in den Kreuzfahrt­schiffen der Aida-Gruppe einbauen wird. Das Volumen dieses Einzelaufr­ags beläuft sich auf rund 200 Millionen Euro.

Keinen einzigen Euro zum Gesamtumsa­tz steuerte der sechste Geschäftsb­ereich bei: Trotzdem setzt Gerstmann große Hoffungen auf das Z-Lab, die Einheit, die für Zeppelin die Chancen der Digitalisi­erung erschließe­n soll. „Wir wollen das Amazon der Bauindustr­ie werden“, sagte der Zeppelin-Chef mit Blick auf die Weiterentw­icklung des Onlineport­als Klickrent. Das Ziel ist einfach: Wenn Bauunterne­hmen schon keine Ausrüstung von Caterpilla­r kaufen, will Zeppelin wenigstens mitverdien­en, wenn die Bauherren die Bagger anderer Hersteller mieten.

Zeppelin-Chef Peter Gerstmann im Videointer­view sehen Sie unter www.schwäbisch­e.de/ zeppelin-bilanz

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FOTO: CATERPILLA­R Schweres Caterpilla­rGerät: Zeppelin profitiert von seinem US-Partner.
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