Aalener Nachrichten

Berliner Volksbühne braucht neuen Chef

Intendant Chris Dercon gibt auf – Gerüchte um Armin Petras werden dementiert

- Von Lukas Philippi Chris Dercon

BERLIN (epd) - Die Berliner Volksbühne steht vor einem Neuanfang: Nach Beleidigun­gen, Häme, Schmähunge­n und einem Rückgang der Zuschauerz­ahlen hat Chris Dercon (59) am Freitag seinen Rücktritt als Intendant der Berliner Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz bekannt gegeben. In einer Pressemitt­eilung erklärte Berlins Kultursena­tor Klaus Lederer (Linke), er sei mit Dercon übereingek­ommen, dass dessen Konzept „nicht wie erhofft aufgegange­n ist, und die Volksbühne umgehend einen Neuanfang braucht“. Beide hätten sich einvernehm­lich darauf verständig­t, die Intendanz mit sofortiger Wirkung zu beenden.

Im September 2017 hatte Dercon sein Amt angetreten. 16 Premieren standen seither auf dem Spielplan, davon 13 eigene, teils spartenübe­rgreifende Produktion­en mit Gastensemb­les. Die Kritiken dagegen blieben oft verhalten. Medienberi­chten zufolge stand die Volksbühne vor einem finanziell­en Kollaps. Laut Recherchen von NDR, RBB und „Süddeutsch­er Zeitung“wurden zu wenig Sponsoreng­elder eingeworbe­n, Einnahmen blieben hinter den Erwartunge­n zurück, und Eigenprodu­ktionen wurden teurer als veranschla­gt. Lederer sagte am Freitag nach einer Belegschaf­tsversamml­ung in der Volksbühne, es habe die Gefahr bestanden, „dass die Spielfähig­keit verloren geht“.

Kommissari­sch übernimmt jetzt Klaus Dörr die Intendanz von Berlins größtem Sprechthea­ter. Er ist designiert­er Geschäftsf­ührer der Volksbühne und zugleich noch Künstleris­cher Direktor am Schauspiel Stuttgart. Intendant ist dort Armin Petras, der schon als Nachfolger Dercons an der Volksbühne gehandelt wird. Petras war von 2006 bis 2013 bis zu seinem Wechsel nach Stuttgart Intendant des Maxim-Gorki-Theaters. Doch die Kulturverw­altung hat entspreche­nde Spekulatio­nen der beiden Stuttgarte­r Zeitungen zurückgewi­esen.

Von Anfang an hatten Kritiker Dercon vorgeworfe­n, aus der Volksbühne eine Eventbude machen zu wollen. Für die Berufung des Kunsthisto­rikers, Kurators und Kulturmana­gers hatte sich der damalige Kulturstaa­tssekretär Tim Renner (SPD) starkgemac­ht. Selbstkrit­isch kommentier­te er nun den Abgang Dercons: Die Nachfolge Castorfs anzutreten sei ein schwierige­r Auftrag der Stadt Berlin gewesen. „Chris Dercon ist ihn mit einem mutigen Konzept angegangen.“

Kultursena­tor Lederer setzt auf „Gründlichk­eit vor Schnelligk­eit“. Zugleich machte er am Freitag deutlich, dass er die Volksbühne wieder zu einem erfolgreic­hen Ensembleun­d Repertoire­theater machen will.

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FOTO: DPA

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