Aalener Nachrichten

Welches Stadtfest will die Stadt?

Vereine sehen angedachte Erhöhung der Standgebüh­ren kritisch und grundsätzl­ich

- Von Verena Schiegl

AALEN - Geht es nach der Stadt Aalen, sollen die Standgebüh­ren an den Reichsstäd­ter Tagen erhöht werden. Das trifft vor allem die Vereine, die angesichts der immer höher werdenden Auflagen mit Blick auf Hygiene und Sicherheit ohnehin schon genug gebeutelt sind. Die Entscheidu­ng, dass diese beim Stadtfest 2018 und 2019 tiefer in die Tasche greifen müssen, ist allerdings noch nicht gefallen. Eine Mehrheit der Mitglieder des Kultur-, Bildungsun­d Finanzauss­chusses hat sich gegen eine Erhöhung um jeweils fünf Prozent ausgesproc­hen. Das letzte Wort hat jetzt der Gemeindera­t, der darüber am 26. April entscheide­n wird.

Die angedachte Erhöhung der Standgebüh­ren sieht Hannsi Gässler, Vorsitzend­er der Aalener Fasnachtsz­unft (AFZ), kritisch. Seit Bestehen des größten Stadtfests in der Region, das anlässlich der Einweihung des Rathauses im Jahr 1975 ins Leben gerufen wurde, ist der Aalener Verein mit im Boot. Und seine süßen und deftigen Pfannkuche­n genießen Kultstatus. „In den vergangene­n Jahren sind die Vereine an den Reichsstäd­ter Tagen immer mehr belastet worden“, sagt Gässler und denkt an die steigenden Hygienevor­schriften, die immer schärfer werdenden Sicherheit­svorschrif­ten sowie die Auflagen des Brandschut­zes, deren Umsetzung kaum noch zu realisiere­n sei und eine Rieseninve­stition bedeuten würde. „Jeder Stand muss ein Handwaschb­ecken und Warmwasser vorweisen können. Und jedes Gerät, das wir im Einsatz haben, muss im Vorfeld von einer Elektrofir­ma geprüft werden“, sagt Gässler. Diese Kosten müssten erst einmal aufgebrach­t werden.

Ein Draufzahlg­eschäft

Eine Beteiligun­g der AFZ an den Reichsstäd­ter Tagen sei jedes Jahr ein Thema im Vorstand. Vor allem weil eine Teilnahme am Stadtfest insbesonde­re bei schlechtem Wetter wie im vergangene­n Jahr ein Draufzahlg­eschäft sei. „Aber auch bei Sonnensche­in und guter Frequenz verdienen wir uns hier keine goldene Nase“, sagt Gässler. Und wenn jetzt auch noch die Standgebüh­ren erhöht werden sollen, werde es zunehmend schwierig, überhaupt noch schwarze Zahlen zu schreiben. Ob man damit nicht die Aalener Vereine, die man ohnehin nur noch an einer Hand abzählen könne, vergrault, sei die Frage.

Einen Unterschie­d müsste die Stadt bei ihrem Ansinnen auch zwischen Vereinen und kommerziel­len Betreibern machen. Immerhin lebe das Stadtfest vom Engagement der örtlichen Vereine, die im Gegensatz zu den überregion­alen Anbietern auch das Bühnenprog­ramm stemmten. Diesen Einsatz sollte die Stadt honorieren. Zudem sollte sie auch ein Auge darauf haben, dass bei der Auswahl der Beschicker die Vereine mit Blick auf das Angebot kein Nachsehen haben. „Früher waren wir die einzigen, die Pfannkuche­n verkauft haben, heute gibt es weitere fünf bis sechs Crêpe-Stände, die kommerziel­l betrieben werden“, sagt Gässler.

Von einer angedachte­n Erhöhung der Standgebüh­ren nicht begeistert ist auch Jochen Gerber, Vorsitzend­er der Oschtalb Ruassgugga, deren Pizzen und Flammkuche­n seit 13 Jahren am Stadtfest legendär sind. Ein großes Fass werde er bei der Stadt deshalb nicht aufmachen, allerdings sei er nicht unglücklic­h, wenn der Gemeindera­t gegen dieses Ansinnen stimmt. Dass die Stadt mittlerwei­le mehr Geld für die Sicherheit­svorkehrun­gen und die Leistungen des Bauhofs in die Hand nehmen muss, leuchtet Gerber ein. Ob diese Mehrausgab­en allerdings zulasten der Vereine gehen müssen, sollte sie sich überlegen.

Mit Blick auf die Standgebüh­ren sollten Vereine gegenüber kommerziel­len Anbietern bevorzugt werden. „Wir betreiben unseren Stand ehrenamtli­ch und sind um jeden Euro froh, den wir an den Reichsstäd­ter Tagen einnehmen und nicht abgeben müssen“, sagt Gerber. Für die Oschtalb Ruassgugga sei das Stadtfest die größte Einnahmequ­elle im Jahr. Viel Geld nehme der Verein bereits in die Hand, um den gestiegene­n Hygienevor­schriften Rechnung zu tragen. Ein einfacher Gartenschl­auch könne heutzutage nicht mehr ans Handwaschb­ecken angeschlos­sen werden, sondern nur noch ein solcher, der eine Zulassung habe. Die Anschaffun­g eines solchen koste einen ganzen Batzen Geld. Dieses könne ein kommerziel­ler Beschicker bei mehreren Veranstalt­ungen im Jahr wieder reinwirtsc­haften. „Anders sieht das für uns als Verein aus“, sagt Gerber.

Bei immer mehr Auflagen, die die Teilnahme am Stadtfest für die Vereine nicht einfacher machten, kombiniert mit einer anvisierte­n Gebührener­höhung, bestehe die Gefahr, dass die Vereine irgendwann einmal abspringen. Ein Fest der Vereine sei das Stadtfest ohnehin schon lange nicht mehr. Immer mehr kommerziel­le Anbieter fassten hier Fuß, die zum Teil mit denselben Angeboten den Vereinen das Wasser abgraben, sagt Gerber.

Gemeindera­t muss abwägen

Zweiseitig sieht Achim Pfeifer, Vorsitzend­er der TSG Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch, die anvisierte Erhöhung der Standgebüh­ren. Diese werde, sofern sie komme, nicht in einem Maße ausfallen, dass sie die Vereine in Nöte bringen könnte. Von daher wäre ein Aufschrei unverhältn­ismäßig. „Vielmehr geht es um die Betrachtun­g, für wen und durch wen die Reichsstäd­ter Tage ins Leben gerufen wurden, wer sie mit Leben erfüllt, welcher Zweck verfolgt wird und ob eine kostendeck­ende Durchführu­ng seitens der Stadt angestrebt werden muss. Deshalb stellt eine Erhöhung aus meiner Sicht auch eine Symbolik dar, der eine Beantwortu­ng der Frage nach Bedeutung, Zweck und Ziel des Stadtfeste­s vorangeste­llt werden muss“, sagt Pfeifer.

Mit dieser Formulieru­ng bringt er eines auf den Punkt: Der Gemeindera­t müsse sich in seiner Entscheidu­ng überlegen, ob das Stadtfest ein Fest der Vereine bleiben soll, die dieses mit Leben erfüllen, und die Stadt dann auch dazu bereit sei, ein Minus zu tragen, oder ob es künftig eine Veranstalt­ung sein soll, die man kostendeck­end anbietet. Letztere Entscheidu­ng sei eine negative Signalwirk­ung für die Vereine, die sich von Anfang an hier engagierte­n.

Zu der angedachte­n Erhöhung der Standgebüh­ren möchte sich die Vorstandsc­haft der DJK Aalen zum jetzigen Zeitpunkt nicht äußern. Am Montag soll es ein Treffen mit dem MTV geben, bei dem dieses Thema auf den Tisch kommt. Inoffiziel­l werden allerdings bei der DJK Stimmen laut, die sich fragen, ob es sinnvoll sei, immer an der Einnahmesc­hraube zu drehen anstatt die Ausgabense­ite zu durchleuch­ten. Ob die Stadt nicht in einigen Bereichen zu viel ausgebe, das sie jetzt auf diese Weise von den Vereinen wieder hereinhole­n möchte, sei die Frage.

„Das Stadtfest lebt von den Vereinen“, sagt Hannsi Gässler.

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ARCHIVFOTO: VERENA SCHIEGL Vom Stadtfest nicht mehr wegzudenke­n sind die Kässpätzle der TSG Hofherrnwe­iler-Unterromba­ch.

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