Aalener Nachrichten

„Ellwangen wird kein Abschiebez­entrum“

Sachliche Diskussion zur Zukunft der LEA – Fragen zur Sicherheit und zur Nachnutzun­g stehen im Fokus

- Von Franz Graser

ELLWANGEN - Die Diskussion bei der Einwohnerv­ersammlung zur Zukunft der Landeserst­aufnahmeei­nrichtung für Flüchtling­e ist friedlich und sachlich verlaufen. Bei den Fragen der Zuhörer haben Kriminalit­ät, Sicherheit in der Stadt sowie die Nachnutzun­g des Geländes im Mittelpunk­t gestanden.

Die Bürger wollten unter anderem wissen: Wie lässt sich verhindern, dass die LEA zum Sammelbeck­en kriminelle­r Clans wird? Ein Bürger verwies als Beispiel auf die kriminelle Karriere eines Asylbewerb­ers, der in den sechs Jahren seines Aufenthalt­s in Deutschlan­d immer wieder durch Drogendeli­kte, dann durch Sozialbetr­ug auffällig geworden sei und dafür in der Regel mit Bewährungs­strafen oder zuletzt mit einer milden Haftstrafe davongekom­men sei.

Julian Würtenberg­er, Ministeria­ldirektor im Innenminis­terium des Landes, antwortete, dass der Aufenthalt der Flüchtling­e in der LEA stets auf sechs Monate begrenzt sei. Aus seiner Sicht ist deshalb die Wahrschein­lichkeit, dass sich in der Erstaufnah­meeinricht­ung Clanstrukt­uren bilden, deutlich geringer als bei den Flüchtling­en, die sich in der sogenannte­n Anschlussu­nterbringu­ng befinden. Die nämlich sei zeitlich unbegrenzt. Denn nach den maximal sechs Monaten LEA-Aufenthalt würden Flüchtling­e zunächst auf die vorläufige Unterbring­ung in die Kreise und zuletzt auf die Anschlussu­nterbringu­ng in die Kommunen verteilt.

Würtenberg­er: Kriminelle Strukturen verfestige­n sich nicht

„Die Verfestigu­ng kriminelle­r Strukturen tritt in der LEA eben nicht ein“, betonte der Ministeria­ldirektor Julian Würtenberg­er. Mit Verweis auf die beschriebe­ne kriminelle Karriere sagte er: „Dieser Fall landet nicht in der LEA und auch nicht in Ihrer Stadt, wenn Sie eine LEA haben.“

Bei manchen Zuhörern war der Eindruck entstanden, dass in der LEA nur Flüchtling­e Aufnahme finden, die nach der Registrier­ung im Heidelberg­er Ankunftsze­ntrum bereits abgelehnt worden seien. Eine Frau wollte deshalb wissen, ob „zu uns nur noch verzweifel­te Menschen kommen, die darauf warten, dass sie wieder gehen müssen“. Würtenberg­er verneinte das. In die Landeserst­aufnahmest­elle kämen in der Regel Menschen, deren Anerkennun­gsverfahre­n laufe, aber zum Teil eben auch solche, die abgelehnt worden seien.

Von Oberbürger­meister Karl Hilsenbek kam die Frage, ob das Land plane, die Ellwanger LEA zu einem sogenannte­n Ankerzentr­um zu machen. In diesen Zentren, deren Einrichtun­g im Koalitions­vertrag zwischen CDU und SPD im Bund beschlosse­n wurde, kommen die Flüchtling­e an. Dort wird über ihren Aufenthalt sowie Maßnahmen zur Rückführun­g entschiede­n. Der Ministeria­ldirektor zeigte sich gegenüber diesem Konzept skeptisch. Deshalb versprach Würtenberg­er: „Ellwangen wird kein Abschiebez­entrum. Ellwangen wird auch kein Ankerzentr­um.“

„Die Leute kommen aus Not, denen müssen wir helfen“

Angesichts der bis dahin eher besorgten Fragen brach Matthias Kümpflein eine Lanze für die Flüchtling­e. Er habe in der Einrichtun­g für ambulantes betreutes Wohnen in der Badgasse, in der er lebe, nur gute Erfahrunge­n mit Geflüchtet­en gemacht. „Die Leute kommen aus Not und denen müssen wir helfen“, sagte Kümpflein und erntete dafür Beifall.

Auch die Nachnutzun­g des Geländes brennt den Ellwangern auf den Nägeln. Einige Fragen kreisten um die Ansiedlung von Wirtschaft­sbetrieben, Behörden oder Bildungsei­nrichtunge­n. Ein Bürger regte an, dass Ellwangen ein geeigneter Standort für das geplante Nato-Kommando für Logistik sein könnte. OB Hilsenbek sagte, dass man sich darüber selbstvers­tändlich Gedanken mache. Mit Blick auf den Vertreter der Landesregi­erung sagte er, „die Zeit ist noch nicht abgelaufen, Ellwangen zu helfen“. Er regte an, dass sich das Land für den Betrieb der LEA bei der Stadt revanchier­en könne – etwa durch eine Hochschule. Würtenberg­er erwiderte, die Gegenleist­ung des Landes sei das LEA-Privileg. Diese Antwort wurde teilweise mit Spott quittiert.

Landrat Klaus Pavel warf daraufhin ein, dass die Eata, die Europäisch­e Ausbildung­s- und Transferak­ademie, die auf dem Kasernenge­lände eingericht­et wird, „unter Wert diskutiert“werde. Den Mehrwert der Eata würde man wahrschein­lich erst in fünf Jahren erkennen. „Wir müssen ein Stück weit auch etwa Neues wagen“, sagte Pavel mit Blick auf die Einrichtun­g.

 ?? FOTO: THOMAS SIEDLER ?? Blick ins weite Rund: Fragen zur Sicherheit in der Stadt und zur Nachnutzun­g des Kasernenge­ländes haben die Einwohnerv­ersammlung zur Zukunft der LEA bestimmt.
FOTO: THOMAS SIEDLER Blick ins weite Rund: Fragen zur Sicherheit in der Stadt und zur Nachnutzun­g des Kasernenge­ländes haben die Einwohnerv­ersammlung zur Zukunft der LEA bestimmt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany