„Ellwangen wird kein Abschiebezentrum“
Sachliche Diskussion zur Zukunft der LEA – Fragen zur Sicherheit und zur Nachnutzung stehen im Fokus
ELLWANGEN - Die Diskussion bei der Einwohnerversammlung zur Zukunft der Landeserstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge ist friedlich und sachlich verlaufen. Bei den Fragen der Zuhörer haben Kriminalität, Sicherheit in der Stadt sowie die Nachnutzung des Geländes im Mittelpunkt gestanden.
Die Bürger wollten unter anderem wissen: Wie lässt sich verhindern, dass die LEA zum Sammelbecken krimineller Clans wird? Ein Bürger verwies als Beispiel auf die kriminelle Karriere eines Asylbewerbers, der in den sechs Jahren seines Aufenthalts in Deutschland immer wieder durch Drogendelikte, dann durch Sozialbetrug auffällig geworden sei und dafür in der Regel mit Bewährungsstrafen oder zuletzt mit einer milden Haftstrafe davongekommen sei.
Julian Würtenberger, Ministerialdirektor im Innenministerium des Landes, antwortete, dass der Aufenthalt der Flüchtlinge in der LEA stets auf sechs Monate begrenzt sei. Aus seiner Sicht ist deshalb die Wahrscheinlichkeit, dass sich in der Erstaufnahmeeinrichtung Clanstrukturen bilden, deutlich geringer als bei den Flüchtlingen, die sich in der sogenannten Anschlussunterbringung befinden. Die nämlich sei zeitlich unbegrenzt. Denn nach den maximal sechs Monaten LEA-Aufenthalt würden Flüchtlinge zunächst auf die vorläufige Unterbringung in die Kreise und zuletzt auf die Anschlussunterbringung in die Kommunen verteilt.
Würtenberger: Kriminelle Strukturen verfestigen sich nicht
„Die Verfestigung krimineller Strukturen tritt in der LEA eben nicht ein“, betonte der Ministerialdirektor Julian Würtenberger. Mit Verweis auf die beschriebene kriminelle Karriere sagte er: „Dieser Fall landet nicht in der LEA und auch nicht in Ihrer Stadt, wenn Sie eine LEA haben.“
Bei manchen Zuhörern war der Eindruck entstanden, dass in der LEA nur Flüchtlinge Aufnahme finden, die nach der Registrierung im Heidelberger Ankunftszentrum bereits abgelehnt worden seien. Eine Frau wollte deshalb wissen, ob „zu uns nur noch verzweifelte Menschen kommen, die darauf warten, dass sie wieder gehen müssen“. Würtenberger verneinte das. In die Landeserstaufnahmestelle kämen in der Regel Menschen, deren Anerkennungsverfahren laufe, aber zum Teil eben auch solche, die abgelehnt worden seien.
Von Oberbürgermeister Karl Hilsenbek kam die Frage, ob das Land plane, die Ellwanger LEA zu einem sogenannten Ankerzentrum zu machen. In diesen Zentren, deren Einrichtung im Koalitionsvertrag zwischen CDU und SPD im Bund beschlossen wurde, kommen die Flüchtlinge an. Dort wird über ihren Aufenthalt sowie Maßnahmen zur Rückführung entschieden. Der Ministerialdirektor zeigte sich gegenüber diesem Konzept skeptisch. Deshalb versprach Würtenberger: „Ellwangen wird kein Abschiebezentrum. Ellwangen wird auch kein Ankerzentrum.“
„Die Leute kommen aus Not, denen müssen wir helfen“
Angesichts der bis dahin eher besorgten Fragen brach Matthias Kümpflein eine Lanze für die Flüchtlinge. Er habe in der Einrichtung für ambulantes betreutes Wohnen in der Badgasse, in der er lebe, nur gute Erfahrungen mit Geflüchteten gemacht. „Die Leute kommen aus Not und denen müssen wir helfen“, sagte Kümpflein und erntete dafür Beifall.
Auch die Nachnutzung des Geländes brennt den Ellwangern auf den Nägeln. Einige Fragen kreisten um die Ansiedlung von Wirtschaftsbetrieben, Behörden oder Bildungseinrichtungen. Ein Bürger regte an, dass Ellwangen ein geeigneter Standort für das geplante Nato-Kommando für Logistik sein könnte. OB Hilsenbek sagte, dass man sich darüber selbstverständlich Gedanken mache. Mit Blick auf den Vertreter der Landesregierung sagte er, „die Zeit ist noch nicht abgelaufen, Ellwangen zu helfen“. Er regte an, dass sich das Land für den Betrieb der LEA bei der Stadt revanchieren könne – etwa durch eine Hochschule. Würtenberger erwiderte, die Gegenleistung des Landes sei das LEA-Privileg. Diese Antwort wurde teilweise mit Spott quittiert.
Landrat Klaus Pavel warf daraufhin ein, dass die Eata, die Europäische Ausbildungs- und Transferakademie, die auf dem Kasernengelände eingerichtet wird, „unter Wert diskutiert“werde. Den Mehrwert der Eata würde man wahrscheinlich erst in fünf Jahren erkennen. „Wir müssen ein Stück weit auch etwa Neues wagen“, sagte Pavel mit Blick auf die Einrichtung.