„Firmen wollen sich ansiedeln“
Neresheims Bürgermeister Thomas Häfele über seine ersten 100 Tage im Amt
NERESHEIM - Seit 100 Tagen ist Thomas Häfele Neresheimer Bürgermeister. In dieser Zeit habe er schon einige Projekte anstoßen und umsetzen können. Im Moment kümmere er sich intensiv um die Ausweisung eines neuen Gewerbegebietes. Das hat er im Gespräch mit Viktor Turad gesagt.
Im Wahlkampf haben Sie gesagt, der Bürgermeister müsse in Neresheim wohnen. Wie weit sind Sie mit der Umsetzung dieses Versprechens?
Der Mietvertrag besteht seit 1. Januar, die Möbel sind in der Wohnung, so dass ich mich jetzt nach und nach ans Umziehen machen kann. Bisher bin ich nicht dazu gekommen angesichts der Sieben-Tage-Woche, die ich seit Amtsantritt faktisch habe.
Wie sind Sie in Neresheim aufgenommen worden?
Durchweg sehr offen und sehr herzlich, überall. Viele Bürgerinnen und Bürgerinnen wollen mich treffen. Ich habe seither selbst über 20 Hauptversammlungen besucht, um Leute kennenzulernen. Nur zweimal musste ich wegen Terminüberschneidungen passen. Die Menschen kommen mit ganz konkreten Ideen und Anregungen auf mich zu, aber auch mit privaten Problemen. Das zeigt mir, dass es ein großes Vertrauen in die Verwaltung und den Bürgermeister gibt, aber auch gewisse Erwartungen.
Wie hat sich die Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat und mit den Ortschaftsräten angelassen?
Wir sind gut gestartet. Es ist ein konstruktives und offenes Miteinander. Wir haben immer einen breiten Konsens gefunden und es gab keine Konflikte. Die Gemeinderäte und die Ortsvorsteher sind sehr engagiert, sachorientiert und konstruktiv über Parteigrenzen hinweg. Das ist wirklich positiv. Die Stadt steht im Fokus und alle wollen das Beste für die Stadt.
Sie bieten Sprechstunden des Bürgermeisters an. Wie werden diese angenommen?
Sehr gut. Pro Sprechstunde kommen acht bis zwölf Bürger. Ich habe darüber hinaus Termine außerhalb der offiziellen Sprechstunde angeboten. Auch da gibt es eine große Nachfrage.
Welche Anliegen werden Ihnen vorgetragen?
Das ist ganz unterschiedlich. Manche bringen eigene Ideen vor, beispielsweise zur Gestaltung des Stadtgartens, andere kommen mit privaten Anliegen zu mir. Ganz witzig fand ich zwei Jugendliche, die sich bei mir beschwert haben, ihr Schulweg sei so schmutzig.
Wie gehen Sie mit dem um, was an Sie herangetragen wird?
Das wird innerhalb der Verwaltung besprochen, die Ämter kümmern sich darum. Manchmal schalte ich mich auch selbst nochmals ein. Auf jeden Fall erhält jede und jeder eine Rückmeldung. Die Bürger müssen wissen, dass wir das ernst nehmen. Das Rathaus als Servicestelle, wie ich es im Wahlkampf versprochen habe.
Sie sind Mitglied der CDU. Haben Sie deswegen Vorbehalte gespürt bei Bürgerinnen und Bürgern, die politisch anders orientiert sind?
Überhaupt nicht. Ich habe zwar nie ein Geheimnis aus meiner CDU-Mitgliedschaft gemacht und ich werde auch Netzwerke nutzen, wenn ich dadurch das Beste für die Stadt herausholen kann. Aber ich habe auch immer gesagt, ich will ein Bürgermeister für alle sein und werde daher meine Parteiämter abgeben. Beim Kreisvorsitz der Jungen Union ist das bereits geschehen, den Vorsitz der Ellwanger CDU werde ich in den nächsten Wochen abgeben. Da zeichnet sich bereits eine Lösung ab.
Die Kommunalwahlen im kommenden Jahr werfen bereits erste Schatten voraus. Haben Sie sich bereits über eine Kandidatur für den Kreistag Gedanken gemacht?
Ja, ich werde voraussichtlich auf der CDU-Liste für den Kreistag kandidieren.
Zurück zu Ihrer Aufgabe als Bürgermeister: Wie fällt denn Ihre eigene 100-Tage-Bilanz aus?
Sehr positiv. Ich bin zufrieden, denn wir haben erste Projekte anstoßen und umsetzen können, wie etwa die Beendigung der Nachtabschaltung bei der Straßenbeleuchtung, die Belebung des Stadtgartens oder das Auftaktkonzert zum Stadtfest. Wenn es in den nächsten Monaten und Jahren so weitergeht wie bisher, dann ist es gut.
Welches Thema beschäftigt Sie zurzeit am meisten?
Ich befasse mich gerade mit der Ausweisung eines Gewerbegebietes. Das bestehende „Im Riegel“ist bekanntlich voll, wir haben keine ausgewiesenen Flächen mehr. Das künftige wird auch im „Riegel“sein, das hat der Gemeinderat bereits beschlossen. Wir müssen es so schnell wie möglich entwickeln, weil es Anfragen von Firmen gibt, die sich ansiedeln wollen.
Woher kommen die?
Es handelt sich vorwiegend um ortsansässige Firmen. Daran sieht man, dass unsere Industrie floriert.
Wann wird das neue Gewerbegebiet ausgewiesen sein?
Das hängt vor allem davon ab, wie schnell wir uns mit den Grundstückseigentümern einigen können. Dann können wir an die weiteren Planungen gehen und einen Bebauungsplan aufstellen. Daher ist eine Prognose schwierig. Wir wollen auf jeden Fall in einem ersten Schritt etwa vier Hektar ausweisen.
Kürzlich war Verkehrsstaatssekretär Steffen Bilger in Neresheim. Auch in Ihrem Wahlkampf hatten Sie das Thema Verkehrsinfrastruktur angesprochen. Wie ist der aktuelle Stand?
Wir hatten inzwischen verschiedene Gespräche, außer mit dem Staatssekretär mit dem Bundestagsabgeordneten Roderich Kiesewetter und dem Regierungspräsidium. Wir wollen in Zusammenarbeit mit der Bevölkerung und der Wirtschaft versuchen eine Trasse zu finden für die Ortsumfahrungen von Neresheim und Ohmenheim, um diese für den nächsten Bundesverkehrswegeplan anmelden zu können.
Der wird aber erst 2030 aufgelegt. Da ist es noch einige Zeit hin.
Die werden wir auch brauchen. Wir müssen eine Trasse finden und dann eine Planung ausarbeiten. 2028 könnten wir die Umgehung anmelden. Zehn Jahre sind da schnell vorbei.
Die starke Belastung der Ortsdurchfahrten Neresheim und Ohmenheim hatte vor Jahren eine Bürgerinitiative auf den Plan gerufen. Ein Ergebnis war die Anordnung von Tempo 30 auf der Ortsdurchfahrt Neresheim. Hat das zu einer Beruhigung geführt?
Nicht wirklich. Die Belastung ist geblieben. Wir müssen uns ein Verkehrskonzept überlegen, wie wir die Altstadt beruhigen können. Hinzu kommt, dass viele Autofahrer über die Vorstadtstraße abkürzen, was zu mehr Verkehr vor unserer Grundschule führt. Vor allem dort brauchen wir eine Beruhigung, wir müssen die Strecke unattraktiv machen. Letzten Endes aber werden nur die Ortsumfahrungen Abhilfe schaffen.
Die Stadt Nördlingen wollte eine Südumfahrung. Was ist da zu erwarten?
Mein Kenntnisstand ist, dass hier momentan nichts geplant ist. Die Stadt Nördlingen hofft auf eine Verkehrsentlastung durch die geplante Verkehrsführung der B 29 im östlichen Kreisgebiet.
Wie sehen Sie eine mögliche Zusammenarbeit über die Landesgrenze hinweg ins Ries hinein?
Wir haben sehr viele Bezüge nach Nördlingen, erst recht der Stadtteil Schweindorf. Außerdem sind wir in die Rieser Kulturtage involviert. Andererseits liegt ein Teil des Nördlinger Stiftungswaldes auf Neresheimer Markung. Daher muss uns an einer Zusammenarbeit und an einem regelmäßigen Austausch mit Nördlingen gelegen sein. Unser Blick geht also sehr wohl auch ins Ries. Aufgrund der räumlichen Nähe ist das auch sehr sinnvoll.