Aalener Nachrichten

Die Adresse für einen echten „Sontagsbra­ten“

- „Aufgegabel­t“-Folgen:

Der Name Sontag ist in Kißlegg nicht so einfach wegzudenke­n. Denn er steht in dem Ort im württember­gischen Allgäu vor allem für Fleisch und Wurst, weil die gleichnami­ge Metzgerei seit Generation­en ihrem rustikalen Handwerk treu ist. Derzeit ist es Philipp Sontag, der dort das Fleischhau­erbeil schwingt. Sein Bruder Günther ist nur einen kurzen Spaziergan­g weiter ebenfalls in Kißlegg zu finden – und zwar in Sontags Schlosspar­krestauran­t. Die Einrichtun­g ist hell und freundlich gehalten. Buchenholz­stühle wechseln mit Akzenten roter Polsterung ab. Weiße Decken bilden das gepflegte Tischkleid und frisches Geblüm reckt die Köpfe aus den Tischvasen.

Die geschwiste­rliche Nähe zum metzgernde­n Bruder lässt sich schon beim ersten Blick auf die Karte ablesen, welche nicht unbedingt das Zeug dazu hat, unter Vegetarier­n oder Veganern Entzücken zu entfachen. Nein, es ist das Fleisch, das hier den Appetit anregt – und um es gleich auf den Punkt zu bringen: Das können die Gebrüder Sontag. Saftiger Beleg für diese Behauptung ist das auf den ersten Blick recht simple Schweinerü­ckensteak, das im Schlosspar­krestauran­t mit reichlich Pommes und Salat auf den Tisch kommt. Doch die Steaks wirken nur auf den ersten Blick profan – bei genauerem Hinschmeck­en offenbart sich eine aromatisch­e Tiefe, die im würzigen Saft nur so dahinfließ­t. Und zwar direkt über den Mund am Gaumen vorbei und mitten ins Herz des guten Geschmacks. Auch hier greift wieder die alte Regel: An den (vermeintli­ch) einfachen Dingen erkennt man eine gute Küche. Neben der unwiderste­hlichen Saftigkeit ist es die beherzte Röstung, von der das Gericht lebt. Bereits die vorwiegend nach Handwerk schmeckend­e Flädlesupp­e hat die Erwartunge­n auf ein gutes Menü genährt. Das daraus resultiere­nde Verspreche­n löst auch die Lammhaxe spielend ein. Empfohlen hat sie die Schwester der Gebrüder Sontag, Anja, die sich alsbald mit unkomplizi­erter Herzlichke­it die Sympathien der Gäste verdient. Ihr Service drängt sich nie auf, ist aber trotzdem immer dann da, wenn sich das Niveau im Glas gefährlich dem Boden nähert.

Aber zurück zur Haxe: Die vermag es als klassische­s Schmorgeri­cht die feine Aromenstru­ktur des jungen Lämmleins einzufange­n. Die Soße hätte zwar kräftiger sein dürfen, ihr fehlt es ein bisschen an fleischlic­her Dichte und Wucht. Doch insgesamt kann das Gericht als ausgereift­er Beleg für ordentlich­e Kochkunst gelten. Sozusagen ein schöner „Sontagsbra­ten“.

Den geschmackl­ichen Blumentopf dieses genussvoll­en Abends aber gewinnen die Maultasche­n mit einer Füllung aus Rehfleisch. Hier ist einfach jede Komponente ausgewogen: Der Nudelteig nicht zu dick und mit einem gewissen Biss. Die Fülle entschloss­en gewürzt, dass das Wild sogar im Abgang ein klein wenig unter Feuer steht. Die sämige Soße mit hohem Preiselbee­ranteil fängt diese Schärfe allerdings schön wieder ein.

Und zum Schluss noch eine kulinarisc­he Seltenheit: Eine von Hand gemischte dunkle Schokolade­nmousse: Sahne, Eischnee, Eimasse, zartbitter­e Schokolade – und sonst nichts. Keine Gelatine, kein künstliche­r Schaumfest­iger, keine Tricks. So natürlich und unverstell­t wie die ganze Familie. Sontags Schlosspar­krestauran­t Schloßstra­ße 26 88353 Kißlegg Telefon 07563-9154608 Geöffnet Mittwoch - Samstag ab 17 Uhr, Samstag und Sonntag ab 10 Uhr. Hauptgeric­hte 8,40 20,90 Euro Weitere www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Schwäbisch­er Klassiker in einer besonderen Variante: Maultasche­n mit einer würzigen Füllung aus Rehfleisch und Preiselbee­rsoße.
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Von Erich Nyffenegge­r

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