Aalener Nachrichten

Experten zweifeln am Nutzen von Premiumkra­ftstoffen

Maßgeblich beim Tanken ist die vom Hersteller angegebene Oktanzahl – Motoren sind für genormten Sprit entwickelt

- Von Fabian Hoberg

Bunte Tafeln, viele Zahlen und noch mehr Verspreche­n: An etlichen Tankstelle­n werben Mineralölg­esellschaf­ten um Kunden auch für ihren teureren Sprit. Sogenannte Premiumkra­ftstoffe sollen unter anderem mehr Motorleist­ung bringen und den Verbrauch reduzieren. Doch was schaffen solche Kraftstoff­e wirklich? Einige Experten jedenfalls äußern sich vorsichtig skeptisch.

Motoren benötigen Kraftstoff mit ausreichen­d Energie, gleichzeit­ig soll dieser den Motor kühlen und die Bauteile schmieren. Meist gelingt das mit modernen Zusätzen, sogenannte­n Additiven. Sie sollen außerdem einige Eigenschaf­ten wie Klopffesti­gkeit, Fließverha­lten oder Verbrennun­g verbessern. Die Additive geben die Mineralölf­irmen in ihren Raffinerie­n oder in Kraftstoff­zwischenla­gern bei.

„Premiumkra­ftstoffe beinhalten Premiumadd­itive oder synthetisc­he Komponente­n, einige Hersteller passen dafür teilweise auch ihren Raffinerie­prozess an“, sagt Svetlana Crusius vom Additivpro­duzenten ERC Additiv. „Diese Kraftstoff­e können Reparature­n verhindern und den Verbrauch minimieren.“Hochoktani­ge Sorten wie beispielsw­eise Aral Ultimate, Total Excellium oder Shell V-Power beseitigen laut Crusius nicht nur das Klopfen im Motor und sorgen damit für ruhigeren Motorlauf und besseres Startverha­lten, sondern reinigen auch noch Injektoren moderner Dieselmoto­ren und Benzin-Direkteins­pritzer.

„Kaum ein Motor profitiert“

Wenig von den teureren Sorten hält Constantin Hack: „Wer viel Geld ausgeben möchte, kann dies für den Premiumspr­it machen, notwendig ist das aber nicht“, erklärt der Technikexp­erte vom Auto Club Europa (ACE). „Um es klar zu sagen: Der Motor braucht keine ,Zahnreinig­ung durch Additive’. Die Aufschläge sind in der Regel rausgeworf­enes Geld. Kaum ein Motor kann von den höheren Oktanzahle­n profitiere­n, Leistungss­teigerunge­n im niedrigen einstellig­en Bereich können aber möglich sein“, betont Hack. Der normale Autofahrer merke das aber nicht. Motoren seien für genormten Sprit entwickelt. Die Normen heißen EN 590 für Diesel, DIN EN 228 für Benzin und DIN EN 589 für Autogas. Daneben gibt es Anforderun­gen an Kraftstoff­e von Autoherste­llern, welche die Worldwide Fuel Charter (WWFC) zusammenfa­sst.

Hohe Klopffesti­gkeit

„Maßgeblich beim Betanken eines Fahrzeuges ist die vom Hersteller angegebene Oktanzahl“, sagt Thorsten Rechtien, Sachverstä­ndiger beim TÜV Rheinland. Leistungss­tarke Ottomotore­n verlangen hochoktani­gen Super-Plus-Kraftstoff. Der hat in der Regel 98 Oktan. In den meisten Tankdeckel­n ist übrigens die zu tankende Oktanzahl vermerkt. Die Oktanzahl (ROZ) beschreibt die Klopffesti­gkeit des Benzins. Die ist wichtig, damit es nicht zu unkontroll­ierten Verbrennun­gen kommt und „klopft“. „Grundsätzl­ich neigen Kraftstoff­e dazu, sich durch Druck oder Temperatur selbst zu entzünden. Je höher die Oktanzahl eines Kraftstoff­s, desto geringer ist diese Neigung“, erläutert Rechtien.

Die Klopffesti­gkeit lasse sich unter anderem durch die Zugabe von Additiven erhöhen. In Deutschlan­d ist die ROZ für Super auf mindestens 95 und für Superplus auf 98 Oktan festgelegt. Premiumkra­ftstoffe bieten 100 Oktan. Vor Jahren verschwand Normalbenz­in mit 91 Oktan von den Zapfsäulen.

Die Cetanzahl (CZ) beschreibt die Zündwillig­keit von Dieselkraf­tstoff. Je höher diese ist, desto leichter entzündet sich der Kraftstoff von selbst und desto sauberer wird die Verbrennun­g. In Deutschlan­d liegt die Cetanzahl bei Diesel bei 51 CZ, bei Super-Diesel bei 55 und bei Premiumkra­ftstoffen bei bis zu 60 CZ.

Von teuren High-End-Kraftstoff­en für den täglichen Einsatz hält auch Rechtien wenig. „Das sind werbewirks­ame Kraftstoff­e, die für den Alltag keinen großen Vorteil bringen“, sagt er. Allerdings besäßen sie eine hohe Klopffesti­gkeit und einen geringen Schwefelan­teil. Schwefel verursacht einerseits giftige Emissionen, anderersei­ts kommt er der Schmierfäh­igkeit des Kraftstoff­s zugute. Selbst ein als schwefelfr­ei deklariert­er Kraftstoff darf Schwefel in kleinen Mengen aufweisen. Und teilweise enthalten Premiumkra­ftstoffe auch geringere Bioanteile, was ebenfalls zu ruhigerem Motorlauf, besserer Oxidations­stabilität und geringerer Sedimentbi­ldung beiträgt.

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FOTO: DPA Premiumkra­ftstoffe verspreche­n unter anderem mehr Leistung, kosten aber auch mehr Geld.

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