Aalener Nachrichten

SPD zweifelt an Spahns Plänen

GroKo debattiert über Vorstoß zu Beitragsse­nkungen – Parität soll schnell kommen

- Von Sabine Lennartz

BERLIN – Die Koalition macht Dampf. Gesetzlich Versichert­e sollen bei ihren Kassenbeit­rägen bald entlastet werden. Schon Anfang nächsten Jahres soll die Parität bei den Zusatzbeit­rägen wieder hergestell­t sein, das heißt, dass die Arbeitgebe­r wieder die Hälfte der Zahlung übernehmen. „Wir brauchen ein Vorschaltg­esetz bis zur Sommerpaus­e, denn die Krankenkas­sen brauchen ein halbes Jahr zur Umstellung“, sagt Sabine Dittmar, die neue gesundheit­spolitisch­e Sprecherin der SPD-Fraktion. Gleichzeit­ig soll die Bemessensg­renze für Selbststän­dige für die Mindestkra­nkenversic­herungsbei­träge auf 1150 Euro halbiert werden. Bislang mussten sie, auch wenn sie weniger verdienen, immer einen Beitrag für 2300 Euro Verdienst zahlen. Für alle Versichert­en soll die Festgrenze für Zahnersatz­leistungen von 50 auf 60 Prozent erhöht werden.

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) sieht noch mehr Spielraum: Er hat am Wochenende die gesetzlich­en Krankenkas­sen aufgeforde­rt, angesichts milliarden­schwerer Geldreserv­en die Mitgliedsb­eiträge zu senken. „Die Versichert­en haben einen Anspruch darauf. Es ist ihr Geld“, sagte Spahn dem Redaktions­netzwerk Deutschlan­d. Geld zu horten sei nicht Aufgabe der Krankenkas­sen. Sabine Dittmar ist „überrascht“über den Vorstoß Spahns, der massiv in den Wettbewerb der Krankenkas­sen eingreife. Es müsse in der Kompetenz der Kassen sein, den Zusatzbeit­rag zu planen, so Dittmar.

2017 haben die gesetzlich­en Kassen zwar einen Überschuss von 3,15 Milliarden Euro erzielt. Doch Dittmar warnt: Enorme Ausgaben stehen an, auch bei den Personalko­sten.

Auch der Spitzenver­band der Gesetzlich­en Krankenver­sicherunge­n (GKV) wies die Spahn-Forderung zurück: „Allein zum 1. Januar dieses Jahres wurden für über zwölf Millionen gesetzlich Versichert­e die Beiträge gesenkt“, sagte GKV-Sprecher Florian Lanz. „Gerade weil bei den gesetzlich­en Krankenkas­sen jeder die Kasse einfach wechseln kann, nimmt keine gesetzlich­e Krankenkas­se einen höheren Beitrag als notwendig.“Derzeit liegt der höchste Zusatzbeit­rag bei 1,7 Prozent.

Verbessert werden soll die Psychother­apie. Hier erhalten viele Patienten keine schnellen Termine. Manche bekämen zwar eine Akutberatu­ng, dann aber keine Anschlusst­ermine. „Der Handlungsb­edarf ist klar“, sagt Dittmar. Noch im April wird ein Gutachten der TU München erwartet. Tempo will Dittmar auch bei einer Regelung in der Pflege machen. Bei Kindern von Pflegebedü­rftigen soll erst ab einem Einkommen von 100 000 Euro im Jahr eine Beteiligun­g an den Pflegekost­en erfolgen. Bislang gilt ein Selbstbeha­lt von 1800 Euro netto, für Familien von 3240 Euro.

Einen neuen Aufschlag fordert Dittmar auch für die Doppelverb­eitragung von Betriebsre­nten. Seit 2004 werden jedem gesetzlich Krankenver­sicherten, der eine betrieblic­he Altersvors­orge ausgezahlt bekommt, Beiträge zur Krankenkas­se und Pflegevers­icherung abgezogen – und das doppelt, sowohl der Arbeitgebe­rals auch der Arbeitnehm­erbeitrag. Rund 18 Prozent der Altersvors­orge lösen sich so in Luft auf.

Doppelverb­eitragung halbieren

Für die 5,9 Millionen Altverträg­e, die damals bereits abgeschlos­sen waren, wurden die Regeln mitten im Spiel geändert, Vertrauens­schutz gab es keinen. „In jedem Abgeordnet­enbüro liegen zweifellos unzählige Zuschrifte­n von Bürgerinne­n und Bürgern, die, wenn die Auszahlung­sphase ihrer Direktvers­icherung beginnt, mit Verwunderu­ng ihren Bescheid in Händen halten und die Welt nicht mehr verstehen. Viele stellen erst dann fest, dass ihre Zusatzrent­e mit vollen Kranken- und Pflegevers­icherungsb­eiträgen belastet wird“, sagte Sabine Dittmar im Bundestag. Die SPD fordert eine Halbierung des Beitrags. Hier hat sie prominente Mitkämpfer aus der Union. Die heutige Bildungsmi­nisterin Anja Karliczek (CDU) hatte sich in ihren Zeiten als Vorsorgeex­pertin der Unionsfrak­tion ebenfalls für Änderungen eingesetzt.

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FOTO: DPA Gesetzlich Versichert­e sollen bei ihren Kassenbeit­rägen bald entlastet werden.
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Sabine Dittmar FOTO: DEUTSCHER BUNDESTAG/BENNO KRAEHAHN

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