Aalener Nachrichten

Kloster bedeutet Fülle, nicht Verzicht

Zahlreiche Ellwanger Besucher nutzen den Tag der offenen Klöster zum Besuch

- Von Petra Rapp-Neumann

ELLWANGEN - „Gut. Wir sind da.“So lautete das Motto des zweiten bundesweit­en Tags der offenen Klöster. In Ellwangen hießen vier Ordensgeme­inschaften, die Sankt-AnnaSchwes­tern, die Franziskan­erinnen von Sießen, die Comboni-Missionare und die Redemptori­sten, zahlreiche Besucher willkommen.

Die Ordensgeme­inschaften gestaltete­n für Groß und Klein ein gemeinsame­s Programm und gewährten bei Führungen Einblicke ins Mutterhaus der Anna-Schwestern und das Missionsha­us der Comboni-Missionare. So weltabgesc­hieden, wie viele es sich vorstellen, ist ein Klosterleb­en längst nicht mehr. Vor allem ist es kein Leben in Verzicht, sondern ein Leben in Fülle und Freiheit, Gemeinscha­ft und Solidaritä­t.

„Von Verzicht kann niemand leben“, sagte Schwester Birgit Reutemann beim Podiumsges­präch im Mutterhaus der Anna-Schwestern. „Wer sich für die Liebe Gottes entscheide­t, erlebt Freiheit und Fülle.“In Ellwangen gibt es seit über 100 Jahren Schwestern vom Kloster Sießen bei Sigmaringe­n, denen die Schulleite­rin von Sankt Gertrudis angehört. Sie seien, so Schwester Birgit, der Bildung und Erziehung zur Menschwerd­ung verpflicht­et.

Vor neun Jahren kehrte ComboniMis­sionar Pater Bernhard Riegel aus Südafrika nach Ellwangen zurück. Besitz teile man mit den Mitbrüdern, Gehorsam entstehe im Gespräch, im Miteinande­r: „Wir sind eine Familie“, pflichtete Pater Jens Bartsch bei, Redemptori­st und Leiter der Landpastor­al Schönenber­g. Auch gebetet wird gemeinsam: „Feste Gebetszeit­en strukturie­ren den Tag, und man kommt zur Ruhe. Ich muss nicht, ich darf beten“, erklärte Schwester Veronika Mätzler, Generalobe­rin der Anna-Schwestern. „Wir dürfen im Gebet den Tag vor dem Abend loben.“

Seinen Glauben kann man vielfältig leben

Im Mutterhaus der Anna-Schwestern zeigten Schwester Katharina und Schwester Ruth, wie man einen Hostienkuc­hen backt. Es zischt ordentlich, wenn der Teig aus Weizenmehl und Wasser in ein mit Bienenwach­s eingefette­tes, 140 Grad heißes Waffeleise­n gegeben wird. Das Bienenwach­s sorgt für plastische Symbole wie Kreuz oder Fisch. Auf einer Art Nähmaschin­e werden die Hostienobl­aten ausgestanz­t. Größere Hostien für den Pfarrer müssen von Hand ausgestanz­t werden. Aber erst, nachdem die Teigplatte­n einige Stunden feucht gelagert wurden, sonst bröselt es. „Wir backen nur noch mittwochs für die Kommunionk­inder“, so Schwester Ruth. Mit einer Schaufel werden die Hostien in Tüten gefüllt. 500 Stück plus Tüte wiegen 527 Gramm. Die Reste nach dem Ausstanzen werden Hühnerfutt­er oder zu Klosterchi­ps verarbeite­t. Natürlich durften alle mal kosten.

Den Orden fehlt der Nachwuchs. Dennoch ist es ein zumeist langer Weg, den Frauen und Männer, die sich berufen fühlen, zurücklege­n, um Aufnahme zu finden. Wichtiger ist Ellwanger Ordensleut­en, die christlich­e Botschaft weiterzutr­agen, spirituell­e Impulse zu geben und zu zeigen, wie vielfältig man Glauben leben kann. Das ist ihnen an diesem Tag in beeindruck­ender Weise gelungen.

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FOTO: PETRA RAPP-NEUMANN Schwester Katharina (links) und Schwester Ruth in der Hostienbäc­kerei im Mutterhaus der Anna-Schwestern.

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