Kloster bedeutet Fülle, nicht Verzicht
Zahlreiche Ellwanger Besucher nutzen den Tag der offenen Klöster zum Besuch
ELLWANGEN - „Gut. Wir sind da.“So lautete das Motto des zweiten bundesweiten Tags der offenen Klöster. In Ellwangen hießen vier Ordensgemeinschaften, die Sankt-AnnaSchwestern, die Franziskanerinnen von Sießen, die Comboni-Missionare und die Redemptoristen, zahlreiche Besucher willkommen.
Die Ordensgemeinschaften gestalteten für Groß und Klein ein gemeinsames Programm und gewährten bei Führungen Einblicke ins Mutterhaus der Anna-Schwestern und das Missionshaus der Comboni-Missionare. So weltabgeschieden, wie viele es sich vorstellen, ist ein Klosterleben längst nicht mehr. Vor allem ist es kein Leben in Verzicht, sondern ein Leben in Fülle und Freiheit, Gemeinschaft und Solidarität.
„Von Verzicht kann niemand leben“, sagte Schwester Birgit Reutemann beim Podiumsgespräch im Mutterhaus der Anna-Schwestern. „Wer sich für die Liebe Gottes entscheidet, erlebt Freiheit und Fülle.“In Ellwangen gibt es seit über 100 Jahren Schwestern vom Kloster Sießen bei Sigmaringen, denen die Schulleiterin von Sankt Gertrudis angehört. Sie seien, so Schwester Birgit, der Bildung und Erziehung zur Menschwerdung verpflichtet.
Vor neun Jahren kehrte ComboniMissionar Pater Bernhard Riegel aus Südafrika nach Ellwangen zurück. Besitz teile man mit den Mitbrüdern, Gehorsam entstehe im Gespräch, im Miteinander: „Wir sind eine Familie“, pflichtete Pater Jens Bartsch bei, Redemptorist und Leiter der Landpastoral Schönenberg. Auch gebetet wird gemeinsam: „Feste Gebetszeiten strukturieren den Tag, und man kommt zur Ruhe. Ich muss nicht, ich darf beten“, erklärte Schwester Veronika Mätzler, Generaloberin der Anna-Schwestern. „Wir dürfen im Gebet den Tag vor dem Abend loben.“
Seinen Glauben kann man vielfältig leben
Im Mutterhaus der Anna-Schwestern zeigten Schwester Katharina und Schwester Ruth, wie man einen Hostienkuchen backt. Es zischt ordentlich, wenn der Teig aus Weizenmehl und Wasser in ein mit Bienenwachs eingefettetes, 140 Grad heißes Waffeleisen gegeben wird. Das Bienenwachs sorgt für plastische Symbole wie Kreuz oder Fisch. Auf einer Art Nähmaschine werden die Hostienoblaten ausgestanzt. Größere Hostien für den Pfarrer müssen von Hand ausgestanzt werden. Aber erst, nachdem die Teigplatten einige Stunden feucht gelagert wurden, sonst bröselt es. „Wir backen nur noch mittwochs für die Kommunionkinder“, so Schwester Ruth. Mit einer Schaufel werden die Hostien in Tüten gefüllt. 500 Stück plus Tüte wiegen 527 Gramm. Die Reste nach dem Ausstanzen werden Hühnerfutter oder zu Klosterchips verarbeitet. Natürlich durften alle mal kosten.
Den Orden fehlt der Nachwuchs. Dennoch ist es ein zumeist langer Weg, den Frauen und Männer, die sich berufen fühlen, zurücklegen, um Aufnahme zu finden. Wichtiger ist Ellwanger Ordensleuten, die christliche Botschaft weiterzutragen, spirituelle Impulse zu geben und zu zeigen, wie vielfältig man Glauben leben kann. Das ist ihnen an diesem Tag in beeindruckender Weise gelungen.