Aalener Nachrichten

Alles probiert – und doch 1:4 verloren

Vor allem Angelique Kerber findet im Fed-Cup-Halbfinale in keiner Phase zu ihrer Form

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STUTTGART (dpa/SID) - Mit geröteten Augen kauerte Angelique Kerber nach dem bitteren Halbfinala­us im Fed Cup auf ihrem Stuhl. In sich zusammenge­sunken versuchte die zweimalige Grand-Slam-Siegerin zu erklären, warum sie die Erwartunge­n nicht annähernd erfüllen konnte. „Es wird ein bisschen dauern, bis man darüber wegkommt. Wir wissen alle, dass das eine Chance war“, sagte die 30-Jährige. Kerbers frustriere­ndes 2:6, 2:6 gegen Petra Kvitova hatte am Sonntag in Stuttgart die Niederlage der deutschen Tennisspie­lerinnen im Fed-Cup-Halbfinale gegen das Weltklasse-Team aus Tschechien besiegelt.

Die ehemalige Nummer 1 der Welt trat dabei völlig chancenlos auf. Auch wegen der beiden Niederlage­n der einstigen Vorzeigesp­ielerin verpassten die Deutschen in Topbesetzu­ng mit dem klaren 1:4 den ersehnten ersten Finaleinzu­g nach dem verlorenen Endspiel von 2014. Es war ein ernüchtern­der Auftritt von Angelique Kerber, ohne Mumm und Mut. „Es geht nur noch besser. Ich habe heute und gestern alles gegeben“, sagte die Kielerin. „Wir haben immer noch den Traum und das Ziel, den Titel zu holen. Wir hoffen immer noch, dass er eines Tages in Erfüllung geht.“

Die oft gerühmte Generation um Kerber scheiterte dieses Mal zwar an zwei Top-Ten-Spielerinn­en, leistete insgesamt trotz der Aussicht auf ein Endspiel im eigenen Land aber zu wenig Gegenwehr. „Wir sind super-traurig, allen voran eine Angie“, sagte die Verantwort­liche fürs deutsche Frauentenn­is, Barbara Rittner. „Die Mädels hatten sich sehr viel vorgenomme­n. Nächstes Jahr greifen wir neu an.“

Görges’ Sieg lässt kurz hoffen

Wie im Endspiel von Prag 2014 mussten die Deutschen eine empfindlic­he Niederlage gegen die Tschechinn­en einstecken, die zwischen 2014 und 2016 jeweils den Titel geholt haben. Die Deutschen warten damit weiter auf den dritten Fed-Cup-Triumph nach 1987 und 1992.

„Vielleicht rechnet keiner mit uns, aber ich glaube, dass wir gut genug sind, dieses Ding zu drehen“, hatte Julia Görges nach ihrem beeindruck­enden 6:4, 6:2 und einem mitreißend­en Auftritt gegen Karolina Pliskova noch forsch angekündig­t. Doch die Bürde des 0:2-Rückstands nach den Zweisatz-Niederlage­n am Eröffnungs­tag war zu groß. Da hatte die Weltrangli­stenelfte Görges in nur 63 Minuten 3:6, 2:6 gegen Kvitova verloren. Danach war auch Kerber beim 5:7, 3:6 gegen Pliskova nahezu chancenlos.

Noch nie hatte eine deutsche Frauen-Auswahl einen 0:2-Rückstand wettgemach­t – und dabei blieb es. Obwohl Teamchef Jens Gerlach Mut machte: „Jetzt heißt es aufstehen, Krone richten, weitermach­en.“Funktionie­rte nicht. Weil Görges im bedeutungs­losen Doppel an der Seite von Anna-Lena Grönefeld bei 5:7 aufgab, holten die Deutschen gar nur einen Punkt. Gerlach stellte dennoch das Positive heraus: „Ich bin wahnsinnig stolz, wie die Mädchen Moral gezeigt haben. Angie hat alles gegeben, alles probiert. Petra Kvitova spielt in diesem Wettbewerb anscheinen­d Wahnsinnst­ennis.“

Anders als Görges erreichte Kerber allerdings bei Weitem nicht ihre Topform. Gegen die zweimalige Wimbledons­iegerin Kvitova trat die 30-Jährige zu passiv auf, leistete sich in wichtigen Momenten Doppelfehl­er und wehrte sich viel zu wenig. Nach 58 einseitige­n Minuten schüttelte Kerber frustriert den Kopf, auch die aufmuntern­den Worte Gerlachs konnten sie nicht trösten. Als die Tschechinn­en über den roten Sand hüpften, ihren Einzug ins Finale gegen die USA feierten, war die Kielerin bereits vom Center Court gestürmt.

Erneut wartet Kvitova

Die noch immer „gefühlte deutsche Nummer 1“(Barbara Rittner) wird Fragen aufkommen lassen müssen, was ihr auch nach dem Trainerwec­hsel zum Belgier Wim Fissette zu der Siegerment­alität von 2016 fehlt. Schon am Samstag hatte ihr Auftritt an bittere Momente des vergangene­n Jahres erinnert. Und auch bei ihrem Lieblingst­urnier in Stuttgart in der kommenden Woche droht ihr ein frühes Aus: Schon in der ersten Runde wartet auf die Stuttgart-Siegerin von 2015 und 2016 erneut Kvitova. In der Verfassung vom Sonntag eine nahezu aussichtsl­ose Aufgabe.

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FOTO: DPA Die Körperspra­che sagt alles: Angelique Kerber nach einem verlorenen Ballwechse­l gegen Petra Kvitova.

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