Helden auf den zweiten Blick
VfB Stuttgart feiert den Ligaverbleib, Trainer Korkut und Maskenmann Gentner
STUTTGART - Es gibt sie immer wieder, die Helden aus der zweiten Reihe. Diejenigen, deren Arbeit selten die Blicke auf sich zieht und deren Bedeutung erst erkannt wird, wenn sie ausbleibt. Beim hoch verdienten 2:0-Sieg des VfB Stuttgart gegen Werder Bremen waren es dann gleich zwei Akteure, die nach dem nun endgültig sicheren Klassenerhalt und 42 Punkten auf dem Konto von allen Seiten gelobt wurden: Da wäre zum einen Trainer Tayfun Korkut, der die Schwaben vor elf Wochen in akuter Abstiegsnot vom glücklosen Hannes Wolf übernommen hatte und noch vor Dienstantritt massiver – nett formuliert – Skepsis ausgesetzt war. Nun, sechs Siege in elf Spielen bei nur einer Niederlage später, ist die Reaktion ein einziges kollektives Schulterklopfen.
„Tayfun hat die richtigen Stellschrauben gedreht. Es ist toll, was er geleistet hat“, sagte VfB-Präsident Wolfgang Dietrich. Dass der VfB dabei nicht immer attraktiv, dafür aber kompakt und erfolgreich spielte, wird ebenfalls ohne zu murren in Kauf genommen. Dass der Präsident einfach nur „glücklich“über den Klassenerhalt war und die „überragende Mannschaft feierte“, war nach dem Auftritt nicht verwunderlich. Gemeinsam mit dem Aufstieg in der vergangenen Saison sei der Klassenerhalt ein „Riesenerfolg“. Dies sei die Grundlage, „um in Ruhe zu planen und den Verein weiterzuentwickeln“– nicht zuletzt dank der sicheren finanziellen Grundlage. Auch Ex-Trainer Hannes Wolf wurde bei all der Freude nicht vergessen: „Tayfun hat auch eine gute Mannschaft übernommen, an der Hannes Wolf großen Anteil hat“, so Dietrich.
Der viel gepriesene Korkut wollte seine Lorbeeren so richtig nicht genießen: Ein „Glas Rotwein“werde es sicherlich geben. „Aber mehr nicht, morgen geht es ja weiter. So ist eben der Trainerjob. Es gibt kaum Pausen, es geht immer weiter.“Nicht verwunderlich also, dass Korkut auch in der Stunde des Sieges seine Spieler in den Mittelpunkt rückte: „Ich muss der Mannschaft für die letzten elf Wochen ein großes Kompliment aussprechen. Sie stand bedingungslos hinter meiner Idee, hat sich als Mannschaft präsentiert – und es waren null Egoismen zu spüren“, verdeutlichte der 44-Jährige. Nur so habe man „mutig arbeiten können“.
Als Sinnbild für diesen Mut könnte wohl niemand besser als Christian Gentner stehen – der zweite Hauptakteur des Tages. Noch vor Wochen übel mit mehreren Knochenbrüchen im Gesicht ausgefallen, leitete der Kapitän mit seinem ersten Saisontor (13.) den Sieg ein, den der eingewechselte Berkay Özcan (90. + 1) noch ausbaute. „Es ist ein schöner Zufall, dass ich mit dem Kopf getroffen habe“, so der Maskenmann, den Michi Beck von den Fantastischen Vier in der Halbzeit auf den Namen „Captain Fantastic“taufte.
Eine Würdigung, die der sonst eher im Rampenlicht wandelnde Mario Gomez sicherlich klaglos unterschrieben hätte. „Chrissi ist für mich der Unverzichtbarste. Jeder Verein und Fan wünscht sich Identität und Vereinsliebe und er verkörpert genau das – ein Exempel als Kapitän und Führungspersönlichkeit“, ist sich der Torjäger sicher, der der warmen Worte nicht müde wurde. So hätte er sich selbst gerade wegen der Präsenz des Kapitäns etwas zurücknehmen und freier entfalten können. „Fußballerisch sollen ihn anderen beurteilen, aber er ist menschlich ein Phänomen, zudem ein wahrer Kapitän eines ganzen Clubs und nicht nur einer Mannschaft.“
Der so viel Gelobte wollte hingegen seine Leistung nicht überbewerten und auch trotz Doppelgrund nicht überschwänglich feiern: „Heute sicherlich nicht, aber es wird in den nächsten Wochen sicherlich noch passieren“, kündigte Gentner an. In einigen Wochen, das ist dann nach dem Restprogramm gegen die Spitzenteams aus Leverkusen, Hoffenheim und München. „Wir können jetzt ohne Druck bei den drei großen Gegnern spielen und dann werden wir sehen, wohin es geht“, verdeutlicht Abwehrspieler Timo Baumgartl. Und auch Präsident Dietrich meinte: „Jetzt versuchen wir noch Punkte zu holen – aber ganz entspannt.“Gründe zum Feiern haben die Stuttgarter ja bereits jetzt reichlich.