Abschied in h-Moll
Der leidenschaftliche Musikerzieher Klaus Brecht geht in Ruhestand
OCHSENHAUSEN - Besondere Momente wird es am kommenden Wochenende mit zwei Aufführungen von Bachs h-Moll-Messe durch den Kammerchor Tritonus geben: Denn Klaus Brecht, der Gründer und Leiter des Ensembles und Dozent für Chorleitung an der Landesakademie für die musizierende Jugend BadenWürttemberg in Ochsenhausen, geht nach 29 Jahren in den Ruhestand. Die Kreise schließen sich, und nach Langeweile schaut es für den engagierten Pädagogen, Sänger, Chorleiter und Herausgeber wahrlich nicht aus.
„Ich könnte Ihnen jetzt einiges über die Käsebande erzählen“begrüßt er die Journalistin mit volltönender Sprechstimme beim Telefoninterview: Gerade hat er einen Grundschulchor an die frechen und beliebten Songs herangeführt, den Kindern gezeigt, wie man mit der Stimme spielen und kleine Szenen gestalten kann. Stimmbildung für die Kleinen wie die Großen, vom Kinderchor bis zum professionellen Kammerchor ist das Lebensthema für den 1953 geborenen Heidelberger, der 1989 als Akademiedozent nach Ochsenhausen kam. Den gesamten Laienbereich konnte er an der Akademie abdecken, wenn Kinder- und Jugendchöre, Jazzchöre, Musikerzieherinnen oder Migranten zur Fortbildung kamen und sich Anregung holten.
Klaus Brechts Begeisterung für die Chorarbeit fiel in den verschiedensten Projekten auf fruchtbaren Boden: Einerseits mit Tritonus, dem Kammerchor, der aus dem Mädchenchor der Oberstufe des Gymnasiums Ochsenhausen hervorging und sich in der Verbindung von Akademie, Gymnasium und Stadt zum anspruchsvollen gemischten Chor entwickelt hat. Hier haben Sängerinnen und Sänger mit einer guten Grundausbildung ihre Chorheimat gefunden. Auch Ehemalige, die nach dem Studium in den Landkreis Biberach und nach Ochsenhausen zurückkehrten, haben sich bei Tritonus wieder eingefunden.
Auch für das Orpheus Vokalensemble ist Klaus Brecht „Gründer, Seele und tiefer Bass“, wie es der Dirigent Michael Alber unlängst ausdrückte. Ursprünglich für die Zeit zwischen Studienabschluss und Engagement eines Sängers, einer Sängerin und fürs Training im Ensemblegesang gegründet, hat sich das Orpheus Vokalensemble inzwischen zum professionellen Kammerchor gerundet, der unter verschiedenen Dirigenten anspruchsvolle CD-Aufnahmen wie jüngst mit den Werken von Lily Boulanger meistert. In Zeiten, in denen Rundfunkchöre wie vom SWR oder vom RIAS Berlin reduziert werden, schließen sich freischaffende Sänger gern zu solchen professionellen Kammerchören zusammen.
Ganz eng mit der Akademie für die musizierende Jugend verbunden ist schließlich C.H.O.I.R., das Begegnungstreffen von Jugendlichen aus den Partnerregionen, bei dem im letzten Jahr 180 junge Menschen zusammenkamen. 1989 hervorgegangen aus einer deutsch-französischen Jugendchorbegegnung und gefördert vom Kultusministerium, kam mit der allgemeinen politischen Öffnung die Erweiterung nach Osten und schließlich zu den Partnerregionen in Europa und in der ganzen Welt. Wer erlebt hat, wie diese vielen jungen Menschen zusammen musizieren, ein Auftragswerk einstudieren, zur Uraufführung bringen und nach dem Konzert noch Volkslieder aus den eigenen Ländern singen, versteht, wie kulturelle Begegnung und Völkerverständigung durch Musik funktionieren können.
Rückkehr und Höhepunkt
Nun also Bachs h-Moll-Messe, Rückkehr und Höhepunkt zugleich: Denn mit den Motetten von Heinrich Schütz und den Kantaten und Oratorien von Bach, evangelischer Kirchenmusik also, ist er groß geworden. Intensiviert wurde dies nach dem Schulmusikstudium, als Klaus Brecht bei Helmuth Rilling und über Jahre in dessen Gächinger Kantorei sang. Diese Prägung hat er auch im katholischen Oberschwaben mit seinen Barockkirchen nicht vergessen. Für die Aufführung schließen sich Tritonus, Solisten aus dem Orpheus Vokalensemble, einige Mitsänger von Orpheus und aus der Heidelberger Zeit und das Augsburger Ensemble La Banda zusammen. Und Bachs Messe ist nicht nur schlicht ein faszinierendes Werk, es gibt auch Parallelen: „Bach hat darin Stücke aus 35 Jahren seines Schaffens zusammengefasst. Bei mir sind es nur 29 Jahre an der Akademie.“ Konzerte mit der Samstag, 28. April, 19 Uhr im
und am Sonntag, 29. April, 16 Uhr, in