Aalener Nachrichten

Grüne und CDU in der Krise

CDU-Kandidatin braucht zwei Anläufe für Wahl zur Landtagsvi­zepräsiden­tin

- Von Katja Korf

STUTTGART (tja) - Die Stimmung zwischen den Stuttgarte­r Regierungs­partnern Grüne und CDU wird zunehmend schlechter. Jüngster Anlass war am Mittwoch die Wahl der Landtags-Vizepräsid­entin. Das Amt sollte im Einvernehm­en beider Parteien an die CDU gehen. Doch deren Kandidatin Sabine Kurtz fiel im ersten Wahlgang durch. Erst im zweiten setzte sie sich gegen den AfD-Gegenkandi­daten Heiner Merz durch. Zuvor hatte Grünen-Parteichef Oliver Hildenbran­d seiner Fraktion geraten, Kurtz nicht zu wählen. Grund waren deren Äußerungen über Homosexual­ität. Die CDU sprach später von einem „schlimmen Foul“des Koalitions­partners.

STUTTGART - Zwei Jahre nach Amtsantrit­t der grün-schwarzen Landesregi­erung ist eingetrete­n, was Skeptiker seit Langem erwarten: Die Unterschie­de zwischen Grünen und CDU sind am Dienstag in offenem Streit zu Tage getreten. Erst im zweiten Wahlgang erreichte Sabine Kurtz, die CDU-Kandidatin für das Amt der Landtagspr­äsidentin, die nötige Mehrheit. Und auch da votierten lediglich 71 Abgeordnet­e für sie. Die Regierungs­fraktionen verfügten über 86 Stimmen. CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart sprach von einem „schweren Foul“der Grünen.

Es war, als hätten Reinhart und sein Amtskolleg­e Andreas Schwarz (Grüne) die Rollen getauscht. Am Dienstag warf Schwarz der CDU vor, den Koalitions­vertrag gebrochen zu haben. Die CDU-Parlamenta­rier hatten verhindert, dass das Landtagswa­hlrecht geändert wird – obwohl sich Grüne und Union darauf 2016 verständig­t hatten. Am Mittwoch drehte Reinhart den Spieß um: „Wir haben vereinbart, nicht mit wechselnde­r Mehrheit zu stimmen. Das darf sich nicht wiederhole­n.“

Zuvor hatte der Landtag die Leonberger Parlamenta­rierin Kurtz (56) im zweiten Anlauf zur Vizepräsid­entin des Landtags gewählt. Der Posten steht nach der Koalitions-Arithmetik der CDU zu, die Grüne stellen mit Muhterem Aras die Präsidenti­n.

Am Morgen hatte der grüne Landeschef Oliver Hildebrand seine Fraktion aufgeforde­rt, Kurtz nicht zu wählen. Sie habe sich bei einem Auftritt in der Grünenfrak­tion nicht eindeutig von homophoben Umtrieben distanzier­t. Kurtz galt als heftige Kritikerin des grün-roten Bildungspl­ans und gehörte zu jenen, die vor einer vermeintli­chen „Überbetonu­ng“der Homosexual­ität in der Schule warnten. Außerdem hat die CDU-Frau noch nicht entschiede­n, ob sie den Vorsitz des Untersuchu­ngsausschu­sses zur Zulagenaff­äre an der Hochschule Ludwigsbur­g aufgibt. Das aber fordern die Grünen.

Am Tag nach dem Aus für eine grüne Wahlrechts­reform war das offenbar einigen in der Fraktion zu viel. Im ersten Wahlgang vereinte Kurtz gerade einmal 59 Stimmen auf sich. Wer genau der CDU-Politikeri­n die Stimme verweigert­e, ließ sich nach den geheimen Abstimmung­en nicht klären. Grünen-Chef Schwarz sagte: „Es müssen auch CDU-Abgeordnet­e gegen sie gestimmt haben, das lässt sich mathematis­ch nicht anders erklären.“

Tatsächlic­h äußerten mehrere CDU-Parlamenta­rier Kritik. Kurtz hätte sich klarer von homophoben Strömungen distanzier­en müssen, ihr Auftritt bei den Grünen sei ungeschick­t gewesen. Sie selbst sprach nach der Wahl von Missverstä­ndnissen mit den Grünen. „Ich halte Homosexual­ität selbstvers­tändlich nicht für eine Krankheit“, so Kurtz.

Die Opposition witterte bereits das Ende der grün-schwarzen Regierung. AfD-Fraktionss­chef Bernd Gögel sagte am Mittwoch: „Die grünschwar­ze Landesregi­erung ist massiv beschädigt und verfügt nicht mehr über eine handlungsf­ähige Mehrheit.“Ähnlich äußerte sich SPD-Fraktionsc­hef Andreas Stoch: „Nach zwei Jahren steht die Landesregi­erung nun endgültig vor einem Trümmerhau­fen.“FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke resümierte: „Von Grün-Schwarz ist nach dieser Vorstellun­g nichts mehr zu erwarten.“

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FOTO: DPA Sabine Kurtz (CDU) benötigte zwei Urnengänge, bis sie Landtagsvi­zepräsiden­tin war.

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