„So klingt unser Leben“
Willkommensklasse der Schillerschule gestaltet ein Audioselfie.
AALEN - Mit der Willkommensklasse an der Schillerschule ist zum ersten Mal eine internationale Vorbereitungsklasse für den Deutschen KlangForscher-Preis nominiert. Unter dem Thema „Audioselfis – so klingt unser Leben“produzieren die Schüler gemeinsam mit ihrer Lehrerin Sabine Barth und Birgit Wächter vom SWR seit Montag ein eigenes Hörstück. Aufgenommen wird dieses am 7. Mai in einem Studio des SWR in Stuttgart.
Sie sind zwischen elf und 16 Jahre alt und kommen aus 13 verschiedenen Ländern. Die 19 Schüler, die derzeit die Willkommensklasse an der Schillerschule besuchen und an dem Wettbewerb der PwC-Stiftung Jugend – Bildung – Kultur, der Stiftung Zuhören und der Medienagentur Chunderksen teilnehmen. Der Klang-Forscher-Preis wird in diesem Jahr bereits zum vierten Mal vergeben. Dass allerdings eine Klasse mit Neuankömmlingen unter den zehn nominierten Schülergruppen aus Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Sachsen und Thüringen ist, sei ein Novum, sagt Birgit Wächter.
Fluktuation ist groß
Seit Montag sind sie und die Lehrerin Sabine Barth eifrig dabei, mit den Schülern Töne, oder besser gesagt Klänge, für das vierminütige Hörstück zu sammeln, das in Form einer Originalton-Collage die Geschichte eines Neuankömmlings erzählt. Neuankömmlinge sind alle Schüler, die Barth in der Willkommensklasse unterrichtet. Diese gibt es bereits seit mehr als zehn Jahren an der Gemeinschaftsschule auf dem Galgenberg und die Fluktuation ist groß. Denn sobald die Kinder gut genug Deutsch sprechen, kommen sie in eine Regelklasse.
Es gibt aber auch Schüler wie Lara Rawl, die aus familiären Gründen nur für kurze Zeit in Aalen sind und während ihres Aufenthalts die Willkommensklasse besuchen. Die Zwölfjährige kommt aus Florida und ist seit zwei Monaten an der Schillerschule. Und obwohl sie in einem Monat wieder in den südöstlichen Bundesstaat der USA zurückkehrt, ist sie mit Begeisterung bei der Arbeit an dem Hörstück dabei. Stolz zeigt die Zwölfjährige am Mittwochmorgen in der Runde ihre Fotos aus ihrer Heimat, von ihren Eltern und von ihrer vierjährigen Schwester. Solche Bilder aus dem Herkunftsland mitzubringen, ist eine Aufgabe gewesen, die Barth den Schülern gegeben hat.
Ein Fotoalbum hat auch Matej Bartolovic dabei. Der 16-Jährige ist seit elf Monaten in Aalen. Und im Gegensatz zu Lara wird er vermutlich nicht mehr in seine Heimat Kroatien zurückkehren. Mit etwas Wehmut zeigt er Birgit Wächter ein Foto seiner ehemaligen Klasse, aber auch Bilder, auf denen er noch klein war. Seine Erklärungen der Fotos nimmt die Redakteurin und Moderatorin mit dem Mikrofon auf. Interviewt wird von ihr auch die zwölfjährige Rosya Semin, die lebhaft erzählt, was sie alles mag. „Die Schillerschule, die Stadt Aalen und ihre Freunde.“Einige von ihren Aufnahmen werden sich sicherlich in dem Audioselfie finden, sagt Wächter.
Seit Montag nimmt sie in und außerhalb der Schule Töne für die Collage auf. Neben Kurzinterviews mit den Schülern sind das Lieder aus der Heimat der Kinder und Jugendlichen, die sie ihr via iphone abspielen oder singen, aber auch Töne, die gemeinsam auf dem Schulhof eingefangen werden. Ziel der Collage ist es zu zeigen, wie sich ihre neue Heimat anhört: die Stadt Aalen, die Schillerschule, die neue Klasse oder die Unterkunft, in der sie zurzeit untergebracht sind, sagt Barth. Aber auch, wie Menschen unterschiedlicher Herkunft klingen.
Für den Beitrag hat Wächter bereits am Mittwoch so viel Material zusammen, das sie in vier Minuten gar nicht unterbringen kann. Insofern müsse sie eine Auswahl treffen und den Beitrag am Freitag so schneiden, dass er bei der Jury ankommt. Die Redakteurin hat allerdings bereits eine genaue Vorstellung davon, wie das Audioselfie aussehen soll, damit es das Zeug zum Gewinnen hat. Neben einem Guten Morgen in allen Sprachen sollen die Gefühle und Wünsche der Schüler zum Ausdruck kommen und der Beitrag in einem Gänsehaut-Gefühl enden.
Trotz Sprachbarrieren voller Einsatz
Die Herausforderung, einen Hörbeitrag mit Neuankömmlingen zu machen, sei groß. Die Maßstäbe und Ansprüche des Wettbewerbs seien auf „normale“Klassen ausgelegt, in denen alle Schüler perfekt Deutsch sprechen. In der Willkommensklasse sind jedoch Kinder und Jugendliche, die gerade einmal wenige Tage oder Wochen hier sind. Fragen wie: „Wie klinge ich und mein Körper? oder „Welche Musik passt zu mir?“, seien bereits für deutsche Kinder schwer zu beantworten. „Wie soll man das dann Kindern wie Darius Moldovan aus Spanien vermitteln, der gerade einmal seit wenigen Tagen hier ist und so gut wie kein Wort Deutsch spricht?, sagt Wächter. Auch für Nada Darkoushi und Myriam Kamel aus Syrien, die nur wenige Brocken Deutsch verstehen, ist das Projekt eine große Herausforderung, der sie sich aber stellen. Unterm Strich sind Barth und Wächter mächtig stolz auf die Schüler, die sich trotz Sprachbarrieren ans Mikrofon wagen und zum Gelingen des Audioselfies beitragen.
Aufgelockert wird die Arbeit per Mikrofon oder am Computer, an dem sie selbst Beiträge schneiden, durch kreative Arbeiten. Auf Plakaten malen die Schüler, wie ihre Reise nach Deutschland aussah, oder was sie an ihrer neuen Heimat toll finden. Toll findet Rosya auf jeden Fall Sabine Barth. Dieses Lob, das Wächter auch für den Hörbeitrag aufnimmt, ist für die 48-Jährige eine Bestätigung ihrer Arbeit. Wie ihre Willkommensklasse beim Wettbewerb abschneidet, steht in den Sternen. Stolz auf das Engagement ihrer Schüler ist sie in jedem Fall und auch darauf, dass erstmals eine so außergewöhnliche Klasse für den Wettbewerb nominiert worden ist.
„Die Herausforderung, einen Hörbeitrag mit Neuankömmlingen zu machen, ist groß“, sagt Birgit Wächter.