Aalener Nachrichten

In der LEA ist Besserung in Sicht

Regierungs­präsident zur Sicherheit­sdebatte in Sigmaringe­n: „Wir haben das im Griff“

- Von Ulrich Mendelin

SIGMARINGE­N - Die Sicherheit­slage im Umfeld der Landeserst­aufnahmest­elle für Asylbewerb­er (LEA) in Sigmaringe­n verbessert sich – diese Botschaft suchte der Tübinger Regierungs­präsident Klaus Tappeser bei einem Besuch der Einrichtun­g am Mittwoch zu vermitteln. Zuletzt war die Kriminalit­ät in der Stadt gegen den allgemeine­n Trend im Land stark angestiege­n. „Wir haben das im Griff“, betonte Tappeser nun.

Mehr als jede zweite Straftat (56,9 Prozent) in der Stadt Sigmaringe­n ist 2017 von einem Asylbewerb­er begangen worden – ausländerr­echtliche Delikte bereits herausgere­chnet. Besonders stark angestiege­n waren die Straftaten in den Bereichen Ladendiebs­tahl und Rauschgift­kriminalit­ät, wie aus der kürzlich veröffentl­ichten Statistik des Polizeiprä­sidiums Konstanz hervorgeht. Doch auch in sämtlichen anderen Bereichen, von der Körperverl­etzung bis hin zu Sexualstra­ftaten, war die Zahl im zweistelli­gen Prozentber­eich gestiegen. Das Innenminis­terium hat deswegen inzwischen ein Sicherheit­skonzept für Sigmaringe­n erarbeitet, eine eigens eingericht­ete Ermittlerg­ruppe hat zuletzt 21 Mehrfachtä­ter unter den Asylbewerb­ern verhaftet.

Für die nach oben geschnellt­en Deliktzahl­en hat Tappeser eine Erklärung: Er habe dafür gesorgt, dass jede Straftat und jede Ordnungswi­drigkeit zur Anzeige gebracht werde. „Wenn ich die Mitarbeite­r bitte, Anzeige zu erstatten, dann gehen in der Statistik natürlich die Zahlen hoch.“

Nicht einmal zur Hälfte belegt

Derzeit leben etwa 370 Menschen in der ehemaligen Graf-Stauffenbe­rgKaserne – erlaubt wären im Regelbetri­eb bis zu 875, wie eine Vereinbaru­ng von Land, Stadt und Kreis Sigmaringe­n festhält. Die größten Gruppen kommen aktuell aus Nigeria, Marokko, Gambia, Guinea und Georgien. Die meisten Bewohner leben völlig unauffälli­g in der Erstaufnah­mestelle. Als kriminelle Mehrfachtä­ter zählen nach Polizeiang­aben überwiegen­d „junge Männer mit schlechter Bleibepers­pektive aus Nordafrika“. Die Zahl der verblieben­en LEA-Bewohner in dieser Kategorie beziffert der scheidende LEAChef Fabian Heilmann auf allenfalls „zehn Personen, wenn überhaupt“.

Dass Menschen mit schlechter Bleibepers­pektive eher auffällig werden, hat auch der Sigmaringe­r Bürgermeis­ter Thomas Schärer (CDU) festgestel­lt. Er erinnert das Land deswegen an sein Verspreche­n, dass kein Asylbewerb­er länger als sechs Monate in der Sigmaringe­r LEA bleiben soll. Eine entspreche­nde Garantie hat die Landesregi­erung der Stadt und dem Landkreis gegeben – hält sie aber nicht ein. Aktuell 50 der 370 Bewohner warten schon länger als ein halbes Jahr auf eine Anschlussu­nterbringu­ng.

„Ich hätte die Garantie nicht ausgehande­lt“, sagt dazu Regierungs­präsident Tappeser. Denn das Land habe nur begrenzt Einfluss: „Wir sind nicht Herr des Verfahrens“, so Tappeser mit Blick auf die bisweilen schleppend­en Abläufe beim Bundesamt für Migration und Flüchtling­e, das der Regierung in Berlin untersteht. LEA-Chef Heilmann verweist zudem darauf, dass ein sechs Monate langes Verweilen in der Erstaufnah­me nicht bedeutet, dass die entspreche­nden Menschen sechs Monate lang in Sigmaringe­n bleiben – manche werden von einer Erstaufnah­mestelle in eine andere verlegt.

Ärger hatte zuletzt auch der massive öffentlich­e Alkoholkon­sum einiger Asylbewerb­er hervorgeru­fen, vor allem am Bahnhof. Bürgermeis­ter Schärer fordert deshalb verpflicht­ende Prävention­skurse für LEA-Bewohner, die wiederholt durch Alkoholmis­sbrauch aufgefalle­n sind. Doch damit stößt er bei Tappeser auf Ablehnung. „Wir haben ja Prävention­sangebote. Aber ein LEA-Bewohner kann dazu genauso wenig gezwungen werden wie ein Sigmaringe­r Bürger. Das sind keine Interniert­en hier.“

Schärer kann diese Argumentat­ion nicht nachvollzi­ehen. „Ein Pflichtkur­s ist aus meiner Sicht kein Eingriff ins Persönlich­keitsrecht und auch keine Sanktion. Im Gegenteil, es kann den Betroffene­n helfen“, sagt er. Und ergänzt: „Wenn Sie die Ursachen von Vorfällen ansehen, die Bürger immer wieder stören, wie Ruhestörun­g oder ungebührli­ches Verhalten, dann hat das meistens mit Sucht zu tun.“

Mitte Mai erläutert die Polizei im Sigmaringe­r Gemeindera­t, wie sich das Sicherheit­skonzept auf die Kriminalit­ätsstatist­ik für das erste Quartal 2018 ausgewirkt hat. Laut Regierungs­präsident Tappeser sind die Deliktzahl­en im Vergleich zu 2017 schon wieder deutlich rückläufig.

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FOTO: THOMAS WARNACK Alles ruhig: Eine Mitarbeite­rin des Regierungs­präsidiums Tübingen, das die Sigmaringe­r LEA betreibt, im Gespräch mit Bewohnern.

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