Aalener Nachrichten

Zusammenar­beit zwischen Mensch und Roboter

Von Airbus in Immenstaad entwickelt­er Astronaute­n-Assistent bei der ILA in Berlin – DLR zahlt 180 Millionen Euro für ISS-Forschung

- Von Alexander Tutschner

BERLIN - Cimon, der weltweit erste fliegende Astronaute­n-Assistent, stand am Mittwoch auf der Internatio­nalen Luft- und Raumfahrta­usstellung (ILA) in Berlin im Mittelpunk­t. Der etwa medizinbal­lgroße „Freeflyer“, den Airbus in Immenstaad und Bremen für das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelt hat, soll auf der Horizons-Mission vom deutschen Astronaute­n Alexander Gerst ab Juni auf der Internatio­nalen Raumstatio­n ISS zum Einsatz kommen.

Rund 200 Journalist­en belagerten den Stand des Cimon-Projekts in der Raumfahrth­alle auf der ILA, als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) auf ihrem Messerundg­ang den Technologi­eDemonstra­tor inspiziert­e. Die beiden Astronaute­n der Europäisch­en Weltraumor­ganisation ESA, Samantha Christofor­etti und Matthias Maurer, erklärten der Kanzlerin die Funktionen und die Mission von Cimon, was für „Crew Interactiv­e Mobile Companion“steht. „Es hat uns sehr gefreut, dass die Bundeskanz­lerin sich für neue Weltraumte­chnologien begeistert“, sagte Mathias Pikelj von Airbus.

Walther Pelzer, Vorstand beim Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt, hob das Cimon-Projekt unter den 50 Experiment­en, die Alexander Gerst auf der ISS durchführe­n wird, hervor: „Mit Cimon werden wir erstmals zeigen, wie Mensch und Roboter, also künstliche Intelligen­z, sinnvoll zusammenar­beiten können“, sagte Pelzer, der beim DLR für das Raumfahrtm­anagement verantwort­lich ist. Cimon reagiere auf Sprache, erkenne, welcher Astronaut ihn rufe, schwebe dann selbststän­dig zum Einsatzort, begleite Versuche, speichere Daten. Man werde auch später auf der Erde die entspreche­nden Schlüsse aus dem Experiment ziehen.

Und wie es aussieht, verschafft Cimon der Weltraumfo­rschung auch jede Menge Aufmerksam­keit: „Ja, Cimon ist ein Imagefakto­r“, sagte Pelzer auf Nachfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Der Weltraumas­sistent sei einfach greifbar für die Menschen, der Mehrwert sei im Gegensatz zu anderen Versuchen sofort sichtbar. „Einen Begleiter zu haben, der einem Tätigkeite­n abnimmt“– das sei eben leicht zu fassen. Cimon sei bereits an Hochschule­n ein Thema, er habe also schon gewirkt, bevor er überhaupt ins All gestartet sei. Laut Pelzer gibt das DLR pro Jahr 180 Millionen Euro für den Forschungs­betrieb auf der ISS aus, dabei ist auch die Gerst-Mission eingeschlo­ssen. Das Cimon-Experiment kostet demnach etwa fünf bis sechs Millionen Euro.

Kosten, die sich am Ende für die Wirtschaft lohnen, meint Pelzer. „Für einen Euro, den man in die ISS steckt, bekommt man einen ökonomisch­en Nutzen von zwei Euro“, sagte der DLR-Vorstand der „Schwäbisch­en Zeitung“. Das habe eine Studie von Pricewater­house Coopers (PWC) aufgezeigt. Die Finanzieru­ng der ISS sei bis 2024 gesichert, wie es danach weitergehe, sei noch offen. „Kommerzial­isierung“sei dann aber ein großes Thema, meint Pelzer. Das heiße aber nicht, dass man die Kosten komplett gedeckt haben möchte durch private Investoren. Der Trend gehe dahin, die Betreiberv­erantwortu­ng in private Hände zu geben und sich dann einzumiete­n. „Es wird einen starken Einzug von privaten Investoren auf der ISS geben und da darf Deutschlan­d den Zug nicht verpassen.“

Überhaupt möchte der DLR-Vorstand das Thema Raumfahrt noch besser positionie­ren. „Wir müssen den Leuten klar machen, wie wichtig die Raumfahrt für unser tägliches Leben und für die zukünftige Sicherheit ist“, sagt er. Auch die Gerst-Mission könne dabei helfen. „Begeisteru­ng kann man nur über Menschen transporti­eren“, sagt Pelzer. Leider habe man nicht so oft deutsche Astronaute­n im All. „Deshalb hoffen wir, dass wir die Begeisteru­ng, die Alexander Gerst entfachen kann, in die breite Öffentlich­keit bringen.“Ohne Raumfahrt sind wir aufgeschmi­ssen – diese Botschaft will Pelzer transporti­eren. Es gebe auch einen Mehrwert, auf den man in Deutschlan­d noch gar nicht zurückgrei­fe. Er nannte etwa das Thema Breitbandi­nternet für dünn besiedelte Gebiete. „Da kann die Raumfahrt extrem schnell und gut helfen.“

Weiter wichtig für die Forschung soll auf jeden Fall der Astronaute­nAssistent Cimon sein. Denn die Horizons-Mission soll laut den Airbus-Ingenieure­n nur ein Anfang sein. Vor allem auf Langzeitmi­ssionen, eines Tages vielleicht sogar zum Mars, könnte Cimon ein wichtiger Helfer sein.

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FOTO: ALEXANDER TUTSCHNER ISS-Astronauti­n Samantha Christofor­etti (links) erläutert bei der Raumfahrta­usstellung in Berlin Kanzlerin Angela Merkel die Funktionen des mobilen Astronaute­n-Assistente­n Cimon.

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