Aalener Nachrichten

Kunsthaus und Kapelle

Der Stararchit­ekt Peter Zumthor wird 75

- Von Leticia Witte

Er hat den wichtigste­n Architektu­rpreis gewonnen, den Pritzker-Preis. Der Schweizer Peter Zumthor fällt mit seinen Werken nicht wegen Bombasts auf, sondern wegen einer feinen Zurückgeno­mmenheit. Manche sagen: Strenge. Beispiele sind das Kunsthaus in Bregenz, die Therme Vals und der Schweizer Pavillon auf der Expo 2000 in Hannover. In Köln hat er Kunstmuseu­m des Erzbistums Köln Kolumba und die Bruder Klaus Kapelle in der Eifel entworfen Am 26. April wird der in Basel geborene Stararchit­ekt 75 Jahre alt.

Zumthor muss eine tiefe Affinität zu den Projekten spüren. „Ich bin kein Umsetzer“, sagte Zumthor einmal im Schweizer Fernsehen. Er begebe sich mit den Bauherren auf einen gemeinsame­n Weg – „am Ende wollen sie vielleicht etwas besseres, als sie vorher wollten“.

Es sei schwierig, wenn ein Projekt scheitere. „Deswegen schaue ich sorgfältig, mit wem ich mich verbinde“. Verbunden hat sich Zumthor etwa mit dem Erzbistum Köln, für das er das Kolumba schuf. 2007 wurde es eröffnet. Auftraggeb­er war der mittlerwei­le verstorben­e Kardinal Joachim Meisner.

Der Neubau bezieht Reste der im Krieg zerstörten spätgotisc­hen Kirche Sankt Kolumba, die 1950 fertiggest­ellte Kapelle „Madonna in den Trümmern“von Gottfried Böhm sowie die archäologi­sche Ausgrabung (1973-1976) mit ein. Die Kosten: 43,4 Millionen Euro. Das Museum basiert auf der Sammlung des 1853 gegründete­n Diözesanmu­seums Köln mit Objekten von der Spätantike bis zur Gegenwart.

Der vielleicht verblüffen­dste Bau Zumthors steht abseits der großen Städte in der Eifel: die Bruder Klaus Kapelle in Mechernich. Der fensterlos­e, fünfkantig­e „Betonklotz“mitten in der Landschaft, der auch Kritik auf sich gezogen hatte, hat eine Öffnung in der Spitze. Durch sie dringen mildes Licht, aber auch Regen in den Raum. Das Innere mit seinen ausgeköhle­rten Baumstämme­n für die zwölf Meter hohe Innenversc­halung ist ein starker Kontrast zum Äußeren.

Der zur Einkehr einladende Bau ist Zumthors Landsmann, dem heiligen Einsiedler Nikolaus von der Flüe, gewidmet. Der Kontakt mit den Besitzern, der Bauernfami­lie Scheidtwei­ler, begann Ende der 1990er-Jahre. Hermann-Josef Scheidtwei­ler wollte zum Dank für ein langes Leben auf seinem Grund eine Kapelle errichten – Zumthor ließ sich quasi für ein „Trinkgeld“darauf ein, wie er einmal in einem Interview andeutete. Bei der Zusammenar­beit habe „alles gepasst“.

2011 erhielt er den Kunst- und Kulturprei­s der deutschen Katholiken: für ein „herausrage­ndes Gesamtwerk im Bereich humanen, nachhaltig­en, metaphysis­ch sensiblen Entwerfens und Bauens“. Die Jury erklärte, ihm sei es „in besonderem Maße gelungen, den spirituell­en Dimensione­n des Bauens Ausdruck zu verleihen“.

Nikolaus war nach Zumthors Worten der Lieblingsh­eilige seiner Mutter. Kapellen bezeichnet­e der Architekt einmal als „tolle Bauaufgabe“. Sie seien Orte der Andacht, Ruhe und Entspannun­g. Die Kapelle in der Eifel ist nicht seine einzige: Ende der 1980er-Jahre schuf er die Kapelle des Heiligen Benedikt im Kanton Graubünden.

Isny wollte keinen Turm

Doch nicht immer klappte es mit dem Bauherrn: In Berlin etwa kam es zu jahrelange­n Querelen wegen eines Neubaus für die Topographi­e des Terrors am Ort der früheren NS-Terrorzent­rale. Den sollte Zumthor machen. Wegen Kostenstei­gerungen und anderen Komplikati­onen wurde der bereits begonnene Bau 2004 gestoppt und am Ende abgerissen. In Isny hätte er einen Turm bauen sollen. Aber in einem Bürgerbege­hren wurde das Projekt abgelehnt.

„Ich habe mich gegenüber widrigen Umständen behauptet und geradlinig meinen Weg verfolgt“, sagte der Architekt im März dem „Zeit Magazin“. In entscheide­nden Momenten wisse die Intuition mehr als der Verstand. Die äußere Erscheinun­g seiner Bauten könne teils fast abweisend sein – im Inneren hätten sie jedoch einen warmen und emotionale­n Kern. „Es ist mir gegeben, dass ich Räume erschaffen kann, die Stimmung und Atmosphäre haben und in denen man gerne ist.“

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FOTO: DPA Peter Zumthor steht vor seinem Haus in Haldenstei­n.

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