Aalener Nachrichten

Ziemlich gute Freunde

„Draußen in meinem Kopf“– Berührende­s Kammerspie­l mit Samuel Koch

- Von Katja Sponholz Draußen in meinem Kopf.

Seit seinem Unfall vor laufenden Kameras in der ZDF-Show „Wetten, dass ..?“2010 ist sein Name bundesweit ein Begriff. Doch Samuel Koch ist vor allem eines: Schauspiel­er. Der 30-Jährige gehört zum Ensemble des Staatsthea­ters Darmstadt und hatte kurze Auftritte im Anti-Kriegsfilm „4 Tage im Mai“und in Til Schweigers Tragikomöd­ie „Honig im Kopf“. Jetzt ist er das erste Mal in einer Kino-Hauptrolle zu sehen: In „Draußen in meinem Kopf“spielt er einen Gelähmten, der mit einem neuen Betreuer zusammentr­ifft.

Die beiden Männer könnten wohl kaum gegensätzl­icher sein. Der Eine, Christoph (Nils Hohenhövel): nett, sympathisc­h, hilfsberei­t, bemüht und freundlich. Der Andere, Sven (Samuel Koch): zynisch, schroff, abweisend, provoziere­nd. Sie begegnen sich in einem Zimmer, das Svens komplette Lebenswelt darstellt. Denn der 28-jährige Heimbewohn­er leidet an Muskelschw­und und kann Arme und Beine nicht mehr bewegen. Christoph, der ein Freiwillig­es Soziales Jahr (FSJ) absolviert, ist da, um ihn zu betreuen.

Das erste Treffen geht schon schief. Denn eigentlich braucht Sven gar keine Hilfe – sagt er zumindest. Und krank ist er auch nicht. Er hat eine Krankheit. Das ist ein Unterschie­d. Doch die Wahrheit ist: Selbst, um die Bach-Lieder hören zu können, die er so liebt, weil sie so „herrlich sphärisch“und „düster morbide“sind, braucht er Hilfe.

Doch was am ersten Tag der Begegnung undenkbar scheint, geschieht dennoch. Die beiden jungen Männer entwickeln Verständni­s füreinande­r. Gleichwohl ist es eine Beziehung, die nicht leichtfüßi­g Richtung Freundscha­ft führt, sondern immer wieder durch Rückschrit­te geprägt ist. Denn Sven kann manchmal nicht heraus aus seiner Haut. Dann wird er verletzend und stellt den jungen Pfleger an seinem Bett bloß. Vielleicht, weil die Macht der Worte die einzige Macht ist, die ihm noch geblieben ist. Aber auch Christoph entwickelt sich weiter. Er lernt, Grenzen zu ziehen. Und vor allem: sich auf diesen Mikrokosmo­s einzulasse­n, in der eine andere Sprache gesprochen und Freude am Leben anders definiert wird.

Der Vergleich zur Verfilmung des Bestseller­s „Ziemlich beste Freunde“drängt sich auf. Gleichwohl hat die französisc­he Filmkomödi­e mit diesem sensiblen und oft beklemmend­en Kammerspie­l wenig zu tun. „Draußen in meinem Kopf“ist ruhiger, etwa, wenn zwischen den beiden Männern das Vertrauen irgendwann so groß ist, dass Sven seinem Betreuer seinen innigsten Wunsch offenbart. Mehr Nähe geht nicht.

Doch die Handlung berührt nicht nur. Auch die intime Bildgestal­tung der mehrfach ausgezeich­neten Kamerafrau Judith Kaufmann („Scherbenta­nz“), die sensible Regie von Eibe Maleen Krebs und das großartige Schauspiel von Samuel Koch und Nils Hohenhövel machen den Film zu einem Erlebnis. (dpa)

Regie: Eibe Maleen Krebs. Mit Samuel Koch, Nils Hohenhövel. Deutschlan­d 2018. 99 Minuten. FSK ab 12.

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FOTO: SALZGEBER Es ist keine einfache Freundscha­ft, die sich zwischen dem jungen Pfleger Christoph (Nils Hohenhövel, rechts) und dem gelähmten Sven (Samuel Koch) anbahnt.

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