Aalener Nachrichten

„ Eine mittlere Form von Schwachsin­n“

Kreistag beschäftig­t sich mit der ab 25. Mai geltenden EU-Datenschut­z-Grundveror­dnung

- Von Eckard Scheiderer

AALEN - Am 25. Mai tritt die neue EU-Datenschut­z-Grundveror­dnung als unmittelba­r anzuwenden­des Recht in allen EU-Mitgliedss­taaten in Kraft. „Die Verunsiche­rung all überall ist groß“, hat Martin Brandt, der Organisati­onschef des Landratsam­ts, im Kreistag festgestel­lt, als er dort die Auswirkung­en der neuen Verordnung vor allem auch für die Kreisverwa­ltung erläuterte.

Brandt hat sich schon tief in das neue EU-Regelwerk hineingekn­iet, das für jedwede Verarbeitu­ng personenbe­zogener Daten gilt: im Computer, auf Papier, handschrif­tlich, über Mails und alle Messenger-Dienste und so weiter. Und Brandt ist zu dem Schluss gekommen: „Es steckt brutal viel Bürokratie dahinter.“Für die Kreisverwa­ltung bedeutet die EUDatensch­utz-Grundveror­dnung zum Beispiel, dass sie jede Verwendung personenbe­zogener Daten auf einem Formular dokumentie­ren und festhalten muss – bei jedem Bußgeldbes­cheid, bei jedem BaföG-Bescheid, bei jedem anderen Bescheid an eine Person, der das Haus verlässt.

Miller: Ein Unding für Vereine

Den Auftakt zu den teilweise deutlichen und deftigen Einschätzu­ngen machte Landrat Klaus Pavel. Er wollte einen derartigen bürokratis­chen Aufwand für den Datenschut­z nicht verstehen in einer Zeit, in der sich „die Menschheit via Twitter und Facebook auszieht bis auf die Unterhose“. Und er fragte sich: „Geht eigentlich auch noch Entbürokra­tisierung?“Hans-Josef Miller (CDU) nannte die EU-Verordnung gar einen Skandal. Vor allem, was auf die Vereine zukomme, sei ein absolutes Unding. Und er wollte wissen, wie die kreiseigen­en Schulen mit der Verordnung umgehen werden. „Das ist eine mittlere bis erschwerte Form von Schwachsin­n“, stellte Kreisrat Michael Lang (FDP) fest. Je kleiner der Verein, desto schlimmer werde es für ihn. Das Ganze sei für das Ehrenamt absolut schädlich, er wisse schon jetzt von einigen Vereinen, in denen Funktionär­e erklärt hätten, wegen dieser Verordnung bei der nächsten Hauptversa­mmlung nicht mehr für ihren Posten kandidiere­n zu wollen. Gunter Bühler (CDU) fragte sich, wie lange es noch dauern werde, bis angesichts solcher Werke einmal der bürgerlich­e Ungehorsam einsetze.

Walter Haveman (Grüne) hingegen sah die neue EU-Datenschut­zverordnun­g „teilweise ja auch vernünftig“. Und auch Frededrick Brütting (SPD) sah manches „weniger kritisch“. Positiv daran sei doch, dass beim Datenschut­z in ganz Europa nun ein einheitlic­her Standard gelte. Deshalb sollte man, so Brütting, den Bürgern nicht Angst machen, sondern ihnen die Vorzüge eines umfassende­n Datenschut­zes aufzeigen.

Pavel sagte, die Kreisverwa­ltung überlege derzeit, wie man mit der Forderung nach einem Datenschut­zbeauftrag­ten umgehen werde. Ob es beispielsw­eise einen Kreisdaten­schutzbeau­ftragten geben könnte, der dann zugleich zumindest auch die kleineren Gemeinden und die Schulen des Kreises mitbetreue­n könnte. Viele derzeit offene Fragen müssten aber erst noch geklärt werden, wie neben Pavel auch Brand unterstric­h.

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FOTO: DANIEL NAUPOLD Die neue Verordnung regelt jedwede Verarbeitu­ng personenbe­zogener Daten, ob auf dem Computer oder handschrif­tlich.

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