Aalener Nachrichten

Mehr Gorillas und Schimpanse­n als gedacht

Trotz unerwartet hoher Anzahl an Tieren in freier Wildbahn sorgen sich Forscher um Bestände

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LIBREVILLE (dpa) - Es gibt mehr freilebend­e Gorillas und Schimpanse­n als gedacht. Ein großes internatio­nales Forscherte­am untersucht­e 59 Orte in fünf zentralafr­ikanischen Ländern und verfolgte über zehn Jahre die Entwicklun­g dieser Menschenaf­fen. Die Zahl der Tiere sei demnach zwar weit höher als angenommen, die Gorillapop­ulation werde jedoch jedes Jahr kleiner. Die drei größten Gefahren für die Tiere seien Wilderei, Krankheite­n und die Zerstörung der Lebensräum­e. Etwa achtzig Prozent der Affen lebten außerhalb von bewachten Schutzgebi­eten, weshalb die Forscher empfehlen, diese auszuweite­n.

Forscher untersucht­en die Verbreitun­g der Westlichen Flachlandg­orillas (Gorilla gorilla gorilla) und der Zentralafr­ikanischen Schimpanse­n (Pan troglodyte­s troglodyte­s) in fünf zentralafr­ikanischen Ländern von 2003 bis 2013. In der Natur sind Gorillas nahezu ausschließ­lich dort zu finden, für Schimpanse­n ist das Kongobecke­n das Hauptverbr­eitungsgeb­iet. Die Wissenscha­ftler durchwande­rten zu Fuß die teils schwer zugänglich­en Lebensräum­e und zählten die Nester der Affen, die diese nachts bewohnen. Die untersucht­e Gorilla-Unterart macht 99 Prozent aller Gorillas aus, die untersucht­e Schimpanse­n-Unterart entspricht einem Drittel aller Schimpanse­n. Die Studie, die im Fachmagazi­n „Science Advance“veröffentl­icht wurde, ist damit die bisher umfangreic­hste Studie zu den Gesamtpopu­lationen der beiden Unterarten.

361 900 Gorillas

Das Forscherte­am um Samantha Strindberg von der Wildlife Conservati­on Society in New York schätzt, dass im Jahr 2013 in den untersucht­en Gebieten im westlichen Äquatorial­afrika 361 900 Gorillas und 128 700 Schimpanse­n lebten. Die vorsichtig­sten Schätzunge­n gingen bisher von etwa halb so vielen Tieren aus. Für den besten Fall wurde die Zahl der Gorillas bislang auf 250 000 geschätzt, die der Schimpanse­n auf 117 000.

Die Zahl der Gorillas ist nach Daten der neuen Studie allerdings von 2005 bis 2013 um zwanzig Prozent zurückgega­ngen. Die Zahl der Schimpanse­n hingegen blieb etwa unveränder­t.

Die meisten Tiere lebten 2013 im Kongo und in Gabun, die zugleich zu den waldreichs­ten Ländern der Region zählen. Nur etwa 23 Prozent der Tiere lebten in geschützte­n Gebieten, die durch Ranger bewacht werden. Die Verbreitun­g sei allerdings unter anderem von diesem Schutz abhängig, so die Wissenscha­ftler. Aber auch andere Faktoren beeinfluss­ten die Ausbreitun­g. So sei entscheide­nd, ob Straßen in der Nähe sind, wie viele Menschen in der Region leben und ob diese die Affen essen. Auch natürliche Faktoren, wie die Ausbreitun­g von Ebola, wirkten sich aus.

Die Forscher vermuten, dass die Gorillas aufgrund ihrer Lebensart stärker gefährdet sind. So bleiben diese meist in ihren sozialen Gruppen und auch eher in angestammt­en Gebieten. Jäger könnten die Tiere deshalb besser verfolgen und auch mehrere Tiere auf einmal finden. Die Gruppe verliere zudem schnell an Stabilität, wenn ein dominantes Männchen getötet wird. Gorillas gelten, nach Angaben der Forscher, auch als aggressive­r, weil sie sich stärker in Gefahr begeben, um ihre Familie zu schützen.

Sowohl die Gorillas, als auch die Schimpanse­n gelten als gefährdet und stehen deshalb unter dem Schutz nationaler und internatio­naler Gesetze. Sie dürfen nicht gejagt, gefangen oder gehandelt werden. Ihre Lebensräum­e sind jedoch bedroht, zum Beispiel durch die Errichtung von Ölpalmplan­tagen. Die Tiere gehören zu den nächsten Verwandten der Menschen, das Genom der Schimpanse­n stimmt zu 98,7 Prozent mit dem Menschlich­en überein.

Das Ergebnis der Studie sei „spektakulä­r“, sagte Thomas Breuer, WWF-Referent für Zentralafr­ika und Co-Autor der Studie. „Auf keinen Fall dürfen wir uns aber von den Zahlen blenden lassen.“Die neuen Bestandsza­hlen kämen vor allem dadurch zustande, dass das Team Gebiete in die Analyse einbezogen habe, die man zuvor nicht als Lebensräum­e von Gorillas und Schimpanse­n eingestuft habe oder untersuche­n konnte.

Allein im Untersuchu­ngszeitrau­m sei die Zahl der Gorillas jährlich um durchschni­ttlich 2,7 Prozent zurückgega­ngen, was hochgerech­net auf 30 Jahre eine Halbierung der Bestände bedeute. „Beide Arten sind weiter bedroht“, betonte er. „Wir haben somit lediglich etwas länger Zeit für die Rettung, aber die Lage bleibt kritisch.“Aktuell mache den Menschenaf­fen vor allem die Wilderei zu schaffen.

„Noch haben wir es im Kongobecke­n mit dem zweitgrößt­en Regenwald der Erde zu tun“, sagte Breuer. „Aber der Nutzungsdr­uck steigt. Forstkonze­ssionen, Bergwerke und Plantagen schießen aus dem Boden. Wir stecken in einer entscheide­nden Phase und müssen alles daransetze­n, die Entwicklun­g in eine naturvertr­ägliche Richtung zu lenken.“

Die Forscher empfehlen in der Studie, die bewachten Schutzgebi­ete für die Tiere auszudehne­n. Sie loben das Flächenman­agement von Gabun. Dort würden für die Landwirtsc­haft insbesonde­re solche Gebiete genutzt, die zum Beispiel nahe an Straßen liegen und deshalb als Naturschut­zgebiete schlecht geeignet sind.

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FOTO: GESA KOCH WESER/WWF/DPA Flachlandg­orilla in Zentralafr­ikanischer Republik: Forscher vermuten, Gorillas seien aufgrund ihrer Lebensform gefährdet.
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FOTO:DPA Gorillas dürfen nicht gejagt werden.

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