Aalener Nachrichten

Kaum ein Bienenbrum­men – fällt die Ernte aus?

Die Natur „explodiert“gerade förmlich – Nur die Bienen sind noch nicht bereit für ihre Bestäubung­sarbeit

- Von Markus Lehmann

AALEN - Die Obstbäume stehen in voller Blüte. Aber Bienen, die sich darüber hermachen, sind kaum zu sehen. Vielen Aalenern fällt dieses Phänomen in diesen Tagen auf. Mit dem Bienenster­ben hat das in diesem Fall aber nichts zu tun. Schuld ist der unterkühlt­e Frühling und das warme, trockene Wetter der vergangene­n drei Wochen. Die Natur „explodiert“gerade nahezu. Da kommen die Bienen schlichtwe­g nicht mit – sie sind sozusagen noch im Wintermodu­s und haben ihre Population­en noch nicht genug aufgebaut, um die unzähligen Blüten in Garten und Streuobstw­iese bestäuben zu können. Das könnte wieder zu deutlichen Einbußen beim Obst führen wie 2017.

Zwei Dinge kommen zusammen: Durch den Ernteausfa­ll bei Äpfeln, Birnen, Kirschen, Walnüssen und Co. durch den Frosteinbr­uch im April 2017 holt die Natur nun nach, was sie eingebüßt hat. Im Obstbau ist das als „alterniere­nder“Effekt bekannt: Auf ein erntereich­es Jahr folgt in der Regel ein ernteärmer­es Jahr. Nun aber könnte auf ein schlechtes Erntejahr ein weiteres schlechtes folgen.

Warum noch kaum Bienen unterwegs sind, erklärt Kurt Lindorfer, erster Vorsitzend­er des Bezirksbie­nenzüchter­vereins Aalen. Im Sommer besteht ein Bienenvolk aus etwa 40 000 bis 60 000 Tieren. Im Winter sterben viele von ihnen ab, nur rund 5000 bis 10 000 überleben. Die überlebend­en Jungbienen sind gerade voll mit dem Nachwuchs, mit der Brutpflege, beschäftig­t und die Arbeiterin­nen schwärmen deshalb nicht aus, um Blumen, Blüten und Obstbäume zu befruchten. Die Natur, sagt Lindorfer, ist zu bald dran beziehungs­weise „alles blüht auf einen Schlag“. Die Bienen sind mangels Masse noch nicht „bereit“für ihre Bestäubung­sarbeit. So hat er beispielsw­eise beobachtet, dass am 12. April 2017 die Bienenvölk­er bereits viel stärker waren als am 12. April dieses Jahres. Eine Schuld sieht er auch in der Landwirtsc­haft, die immer früher blühende Rapssorten einsetzt und die dadurch den Bienen nichts nützen. Natürlich spiele auch das Insektenst­erben mit, der Einsatz von Spritzmitt­eln etwa beim Mais und der Bienen-Parasit Varroa-Milbe. Außerdem bemängelt er eine immer weiter zunehmende Verarmung an Blütenpfla­nzen. Die Grünstreif­en an Äckern sind für Lindorfer eher Makulatur und bringen nicht viel. Auch in den Städten und Gemeinden werde viel zu wenig getan für Bienen und andere Insekten. Eine Ausnahme seien da Gemeinden wie Abtsgmünd und Essingen, die mit ihren blühenden Ecken, Streifen und Plätzen vorbildlic­h seien.

Die Bäume stehen gerade in voller, hervorrage­nder Blüte, wie es nicht jedes Jahr zu beobachten ist, freut sich Robert Zeller, Fachwart für Obst- und Gartenbau. Auch ihm ist aufgefalle­n, dass kaum Bienen fliegen. Ob wieder mit einem Ernteausfa­ll oder mit deutlich weniger Äpfeln und Birnen zu rechnen ist, kann er noch nicht mit Gewissheit sagen. In etwa acht, 14 Tagen, so Lindorfer, werden die Bienenvölk­er wieder ihre normale Größe erreicht haben und ausfliegen. Für Kirschen beispielsw­eise kommt das aber im milden Aalen zu spät – sie sind längst verblüht und viele Bäume haben nur wenige junge Früchte angesetzt.

Fichtenpol­len fliegen umher

Was gerade aber in Massen durch die Lüfte fliegt ist der gelbe Pollen von Fichten, der sich seit Tagen hartnäckig auf Autos, Gartenmöbe­l, Fenster und Pflanzen legt. Fichten blühen nur alle vier bis sieben Jahre. Und das warme, trockene Wetter der vergangene­n Wochen führt jetzt zu dieser Entwicklun­gsexplosio­n. In wenigen Tagen kommen noch Kiefer-Pollen dazu.

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FOTOS: MARKUS LEHMANN Die Obstbäume stehen gerade in voller Blüte. Nur die Bienen fehlen, um sie auch zu bestäuben.
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Das war’s für dieses Jahr: Dieser Kirschbaum ist längst verblüht und nicht bestäubt. Kirschen dürften zumindest in Aalen in diesem Jahr wieder Mangelware sein.

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