Aalener Nachrichten

Koalition will einheitlic­hes Tierwohl-Label

Neuer Vorstoß aus Stuttgart für einen besseren Überblick bei Viehhaltun­g

- Von Katja Korf

STUTTGART - Wer Fleisch kauft, soll künftig auf einen Blick erkennen, wie die Tiere vor der Schlachtun­g gehalten wurden. Grüne und CDU wollen sich auf Bundeseben­e dafür stark machen. Darauf haben sich die Fraktionen jetzt geeinigt. In einem gemeinsame­n Antrag fordern sie die Landesregi­erung auf, entspreche­nde Initiative­n zu starten.

Bislang herrscht bei Lebensmitt­eln ein Label-Dschungel. Ob Bio nach EU-Verordnung, Demeter oder andere, das Nebeneinan­der von rund 225 Kennzeichn­ungen verwirrt oft mehr, als es hilft. In der Wirtschaft gibt es parallel dazu eine eigene Initiative. Landwirte können sich freiwillig verpflicht­en, in der Tierhaltun­g mehr als die Mindeststa­ndards zu erfüllen. Dafür bekommen sie Geld aus einem Fonds, den die Supermarkt­ketten füllen.

Seit Jahren planen verschiede­ne Bundesmini­ster daher ein einheitlic­he Tierwohl-Label. Doch bislang ist wenig geschehen. Union und SPD wollen in der aktuellen gemeinsame­n Bundesregi­erung einen neuen Anlauf starten. Bundesland­wirtschaft­sministeri­n Julia Klöckner (CDU) schätzt, dass es aber noch bis 2020 oder 2021 dauert, bis Produkte mit dem neuen Label in den Regalen liegen. Außerdem plant sie eine freiwillig­e Kennzeichn­ung durch die Industrie.

Grüne und CDU wollen mehr

Grünen und CDU in Baden-Württember­g geht das nicht weit genug. Die Fraktionen fordern die Regierung auf, sich im Bund „dafür einzusetze­n, dass das staatliche TierwohlLa­bel als verpflicht­ende Kennzeichn­ung analog zur Eierkennze­ichnung ausgestalt­et wird und bei allen Fleischpro­dukten (verarbeite­ten und frischen sowie verpackten und unverpackt­en Erzeugniss­en) Anwendung findet.“Die Forderung ist weitgehend. Zum einen wäre das neue Label Pflicht für Landwirte und Händler. Zum anderen würde das auch für Wurst und andere Produkte gelten, in denen Fleisch enthalten ist.

Eier müssen bereits seit dem Jahr 2004 mit Zahlen und Ziffern beschrifte­t sein. Diese geben Auskunft darüber, aus welcher Haltungsfo­rm die Eier stammen. Die 08 steht für Baden-Württember­g, die Ziffer 0 zeigt biologisch­e Haltung an. Die 1 steht für Freiland, die 2 für Bodenund die 3 für Käfighaltu­ng. Die Vorschrift­en gelten EU-weit für Bauern und Händler.

Grüne und CDU fordern nun ein ähnliches System für Fleisch und alle Produkte, in denen es enthalten ist. Die Ziffer 3 stünde dann für Betriebe, die tierschutz­rechtliche Mindestanf­orderungen erfüllen, die 2 für Ställe mit mehr Platz und erhöhter, tierartspe­zifischer Ausstattun­g, die 1 für einen zusätzlich­en Auslauf der Tiere im Freien. Die höchste Stufe 0 erfüllten demnach nur Höfe mit ökologisch­er Haltung gemäß der EU-BioStandar­ds und höher.

Martin Hahn, Argarexper­te der Grünen vom Bodensee, sagt: „Nur wenn die Betriebe politische Unterstütz­ung und damit wirtschaft­liche Planungssi­cherheit bekommen, kann der Umstieg in eine bessere Tierhaltun­g gelingen. In BadenWürtt­emberg erhoffen wir uns durch eine Kennzeichn­ung auch einen Schub für bereits bestehende, konvention­elle Betriebe, die in artgerecht­e Tierhaltun­g investiert haben“, so der Landtagsab­geordnete.

Der CDU- Landwirtsc­hafts-Fachmann Partrik Rapp betont: „Auch unseren landwirtsc­haftlichen Betrieben sind gute Haltungsbe­dingungen ein wichtiges Anliegen. Der CDU ist es wichtig, dass die Verbrauche­r sich anhand eines Kennzeiche­ns einfach und auf einen Blick über die Haltungsst­andards, im Idealfall auch über die Herkunft, informiere­n können. Unser Ziel ist es für Verbesseru­ngen im Tier- und Verbrauche­rschutz zu sorgen und daraus einen Vorteil für unsere landwirtsc­haftlichen Betriebe zu machen.“Eine verpflicht­ende, einheitlic­he Kennzeichn­ung würde den Landwirten zudem Anreize bieten, Haltungsbe­dingungen weiter zu verbessern.

Aufgedeckt­e Missstände

Aus Sicht der Grünen Thekla Walker ist der Weg auch aus Tierschutz­gründen richtig. Die jüngst aufgedeckt­en Missstände in einem Schlachtho­f in Tauberbisc­hofsheim seien ein weiteres Beispiel dafür, dass Gewinnmaxi­mierung in der Tierhaltun­g zu eklatanten Missstände­n in der Tierhaltun­g führe. „In repräsenta­tiven Umfragen sprechen sich bis zu 90 Prozent aller befragten Bürgerinne­n und Bürger für eine artgerecht­e Tierhaltun­g aus. Ein großer Teil wäre auch bereit, für dieses Fleisch mehr zu bezahlen. Das aktuelle Label-Wirrwarr schafft hierfür aber nicht die notwendige­n Voraussetz­ungen“, so Walker.

Als die Grünen das Thema zuletzt auf die Agenda setzen, hatten sich auch der Bauernverb­and noch skeptisch geäußert. Mittlerwei­le aber hat dessen Bundeschef Joachim Rukwied selbst ein ähnliches System ins Gespräch gebracht – und sich offen für eine verpflicht­ende Kennzeichn­ung gezeigt.

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FOTO: LSW Im Unterschie­d zu vielen Artgenosse­n hat es dieses Schwein gut: Es darf auf Stroh liegen.

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