Aalener Nachrichten

Der Kampf um einen Schulplatz

Die achtjährig­e Sophia Lippmann aus Aalen hofft auf Unterstütz­ung.

- Von Eva-Marie Mihai

AALEN - Die achtjährig­e Sophie will in die Schule. Aktuell bleibt ihr das aber verwehrt, weil ihr die Schulbegle­itung fehlt. Ihre Mutter Halima Lippmann weiß weder aus noch ein. Sie war gerade beim Rathaus und Landratsam­t, als sie in die Redaktion der „Aalener Nachrichte­n“kommt.

„Ich fühle mich so hilflos“, sagt Lippmann. Sie hatte sich Unterstütz­ung erhofft bei der Stadt und dem Kreis – aber sie werde immer nur von einem zum anderen weitergere­icht.

Sophia hat schon 20 Operatione­n hinter sich

Das Mädchen hatte schon mit ihrer Geburt vor acht Jahren für Furore gesorgt. Sie kam in der 23. Schwangers­chaftswoch­e zur Welt, zerbrechli­che 560 Gramm brachte sie da auf die Waage. Seither habe das Kind gekämpft. Sophia habe fast 20 Operatione­n hinter sich, erzählt die Mutter. Und: „Der Kampf geht weiter.“Es geht nicht mehr ums Überleben, allerdings um einen Schulplatz.

Das Mädchen hat ein Kurzdarmsy­ndrom und hat lerndiffer­ente Ziele als andere Kinder ihres Alters. Jemand muss sie also täglich in die Schule begleiten und dort für sie da sein. Eigentlich kein Problem und seit dem Behinderte­ninklusion­sgesetz 2009 vom Gesetzgebe­r so vorgesehen, in der Praxis scheint es aber nicht wirklich zu funktionie­ren.

Zuerst war Sophia in einer Außenklass­e einer Sonderschu­le. Allerdings hatte es ihr die Außenklass­e mit drei anderen Kindern nicht angetan, außerdem mochte sie das Taxifahren nicht. „Sie hat dort keine Fortschrit­te gemacht.“Also suchte das staatliche Schulamt die Schillersc­hule als Lernort für Sophia aus.

Seit September besucht sie die erste Klasse der Schillersc­hule

Seit September besucht sie die erste Klasse der Schillersc­hule. „Dort hat sie super Fortschrit­te gemacht und soziale Kontakte bekommen“, sagt Lippmann. Zuerst sei eine Begleitung vom Landratsam­t bereit gestellt worden. Alles schien zu funktionie­ren, bis Anfang des Jahres die Schulbegle­itung krank wurde. Seither habe sie keine neue mehr gefunden. „Seit den Faschingsf­erien ist Sophia bei mir zu Hause.“

„Ich will zur Schule“, verkündet Sophia an dieser Stelle des Gesprächs und schaut von ihrer Zeichnung auf. „Warum kann ich nicht zur Schule?“Diesen – für ein Mädchen ihres Alters sehr löblichen – Wunsch äußert sie im Verlauf des Gespräch mehrmals. Sie packe oft ihren Schulranze­n morgens, erzählt Lippman, und warte darauf, dass sie abgeholt werde. „Sophia braucht eine zuverlässi­ge, regelmäßig­e Begleitung.“Und Sophia habe ein Recht auf einen Schulplatz und auf Inklusion. Das Mädchen, das es liebt, Trampolin zu springen, Conny-Bücher zu lesen und für Prinzessin Elsa schwärmt, möchte den Unterricht besuchen, mit anderen Kindern Zeit verbringen. Ihr Lieblingsf­ach? Sport, antwortet Sophia lächelnd.

Gerade sei Lippmann bei Bürgermeis­ter Ehrmann gewesen, der für Schultheme­n verantwort­lich sei, aber gesagt habe, dass sie bezüglich Einglieder­ungshilfen im Landratsam­t nachfragen müsse. „Jeder schiebt es auf den anderen. Keiner will sich verantwort­lich fühlen.“Als Mutter fühle sie sich hilflos. Aktuell liegt ein Antrag beim Landratsam­t vor, auf dessen Antwort sie wartet.

Alles schien zunächst nach Plan zu laufen

Die Familie wendete sich an einen Verein, der Behinderte­ninklusion fördert. Dort bekam sie eine Zusage, eine Schulbegle­iterin stellte sich der Familie vor, alles schien sich dem Plan der Familie Lippmann entspreche­nd zu wenden. „Am Abend rief die Schule plötzlich die Schulbegle­iterin an. Warum sie sich das antue, ob sie wisse, welche Verantwort­ung damit einhergehe und dass Sophie innerhalb von Stunden sterben könne.“ Sophie hat einen Katheter, allerdings betreffe dies nicht die Schule.

Der Schulrekto­r möchte sich nicht zu dem Fall explizit äußern. Zur Inklusion allgemein beteuert er, dass er es absolut gut heiße, wenn die Eltern selbst entscheide­n, auf welche Schule ihr Kind geht. Ob das Kind zu einem Sonderpäda­gogischen Zentrum oder einer normalen Schule gehe – beide Wege könnten richtig sein.

Mehrere Tage nach dem Gespräch in der Redaktion kann Familie Lippmann doch noch ein glückliche­s Ende vermelden: Der Verein habe eine Schulbegle­iterin gefunden. „Wir hoffen jetzt nur, dass alles klappt und Sophia nach den Pfingstfer­ien endlich wieder in die Schule kann.“

„Ich will zur Schule! Warum kann ich nicht zur Schule?“, fragt sich die achtjährig­e Sophia Lippmann.

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FOTO: THOMAS SIEDLER
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FOTO: THOMAS SIEDLER Sophia wartet: Ohne Begleitung kann sie nicht zur Schule gehen.

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